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Virtual Production bei der Serie „The Mandalorian“

Der Gamechanger

Einmal mehr erfindet Industrial Light & Magic für eines seiner Vorhaben einfach eine neue Technologie. Für die Star-Wars-Serie „The Mandalorian“ hoben die Kalifornier mit Epic Games und Golem Creations für Disney+ die Virtual Production auf ein neues Level. Das Team drehte mehr als die Hälfte der Serie in „The Volume“ – einer Soundstage mit sechs Meter hoher LED-Wand, die das Set um 270 Grad umspannte und bespielten die LEDs mit virtuellen Hintergründen aus der Game-Engine Unreal. Wir haben in unserer Ausgabe 5.2021 die technischen Details vorgestellt.

Selten war die Fachwelt derart gespannt auf eine neue Serie. „The Mandalorian“ stellte immerhin die erste Live-Action-Serie im Star-Wars-Universum dar. Alles, was bis zum Release im englischsprachigen Raum im November 2019 durchgesickert war, ließ zudem darauf schließen, dass die beiden Showrunner Jon Favreau und Dave Filoni sich nicht dem überfrachteten Storytelling der Spielfilme anschließen würden. Die Auswahl der verantwortlichen Episoden-Regisseure bekräftigte diesen Eindruck. Denn neben Favreau und Filoni nahm mit Deborah Chow, Taika Waititi, Bryce Dallas Howard und Rick Famuyiva eine überraschende, nicht mit dem Star-Wars-Universum verbundene Riege auf dem Regiestuhl Platz. Außerdem ließ aufhorchen, dass DoP Greg Frasier, der den bisher visuell interessantesten Vertreter der Star-Wars-Filme „Rogue One – A Star Wars Story“ fotografierte, nicht nur als DoP mehrer Episoden, sondern auch als Executive Producer verpflichtet wurde.

DoP Barry „Baz“ Idoine und Showrunner Dave Finoni besprechen die nächste Szene am Set von „The Mandalorian“.

Tatsächlich ist „The Mandalorian“ ruhig erzählt, visuell konzentriert, dennoch episch, wenn es sein muss, aber zu keiner Zeit in selbstverliebte Zitate abgleitend. Doch der heimliche Star der Serie, zumindest unter Filmtechniknerds, ist nicht etwa „Baby Yoda“, sondern hört auf den Namen „The Volume“ und ist eine Virtual Production Stage mit riesiger LED-Wand und in Echtzeit generierten virtuellen Backgrounds: Hochtechnologie, welche die Produktion von Kinofilmen und hochwertigen Serien vermutlich auf Jahrzehnte prägen wird.

Vorgeschichte

Mit der Virtual Production in „The Volume“ haben die Ingenieure von Industrial Light & Magic (ILM) erneut einen Gamechanger für die Filmindustrie entwickelt. Seinen Anfang nahm die Entwicklung am Set von „Das Dschungelbuch“. Regisseur und Produzent Jon Favreau ließ seine Hauptfigur Mogli mit seiner VFX-Schmiede Golem Creations vor Green- und Bluescreen agieren, baute nur wenig Set drumherum und erweiterte den echten Boden und die spärlichen, realen Pflanzen später durch digitalen Dschungel. Bisherige Produktionen dieser Art hatten stets den Nachteil, dass Licht und Reflexionen auf den Schauspielern entweder in der Postproduktion hinzugefügt werden mussten oder gar nicht vorhanden waren. Daher setzte Favreau große LED- Wände mit stilisierten Animationsabläufen ein, um auf seiner Hauptfigur echte Schattenwürfe zu erzeugen. DoP Immanuel Lubezki setzte bei „Gravity“ für realistische Lichteffekte auf den Gesichtern der Schauspieler schon LED-basierte Lichtboxen ein. „Oblivion“, „Mord im Orient Express“, „Rogue One“ und auch „Solo“ hatten bereits 2D-Inhalte auf LED-Wänden zum Einsatz gebracht, vor allem, um realistische Reflexionen zu erzeugen.

Beim – inhaltlich sicher überflüssigen – Remake von „Der König der Löwen“ führte Favreau erneut Regie. Diesmal ließ er die Welt komplett fotorealistisch in der Unreal Game-Engine erstellen und konnte dann mit DoP Caleb Deschanel frei und wie in einem echten Set seine Kamerapositionen suchen. Beides führten die technischen Teams dann bei „The Mandalorian“ zusammen.

„The Volume“ setzte sich aus drei großen Komponenten zusammen. Herzstück der Soundstage ist die sechs Meter hohe, über 50 Meter breite, gebogene LED-Wand aus 1.326 einzelnen LED-Einheiten. Sie umspannt mit einem Kreissegment von 270 Grad das Set von etwa 23 Meter Durchmesser. Hinzu kommen zwei Deckenpanels, bestehend aus 132 LED-Einheiten von etwa 33 Quadratmeter Fläche. Diese können hinabgelassen werden und bilden mit der übrigen LED-Fläche einen geschlossenen 360-Grad-Kreis. Die Wand wurde gebaut von der Fuse Technical Group. Bei den LED- Einheiten handelt es sich um ROE Black Pearl BP2 Screens. Die Einheiten haben einen Pixelpitch von 2,84 Millimetern. Dieser geringe Abstand war wichtig, um die möglichen Moiré-Effekte so gering wie möglich zu halten.

50 Meter LED

Die ROE Black Pearl-Einheiten haben eine maximale Helligkeit von rund 1.800 nits. Sie griffen auf einen linearen Farbraum zurück, um möglichst neutral zu sein. Die LED-Wand wurde über vier Rechner in einem Rack betrieben, die sogenannten Nodes. Diese Nodes wurden über die Steuerungssoftware nDisplay angesteuert und liefen konstant auf 24 Hertz. Das von Unreal entwickelte nDisplay stellt sicher, dass die Inhalte auf den über 1.300 einzelnen LED-Screens jederzeit synchron laufen.

Pedro Pascal als Mandalorian mit Crew. Oben an der LED- Wand sind die kleinen Tracking-Kameras gut zu erkennen.

Hier kommt schon die zweite Komponente hinzu. In der sogenannten „Brain Bar“ am Set lief auf drei weiteren Rechnern die Unreal Engine von Epic Games. Der aktuelle CEO von Epic Games, Kim Libreri, arbeitete hier mit seinen ehemaligen Kollegen zusammen, denn er war vorher Strategiechef von Lucasfilm und Mitarbeiter bei ILM. Die Spiele-Engine ist darauf ausgelegt, eine fotorealistische 3D- Umwelt in Echtzeit zu generieren. Für gewöhnlich geschieht dies auf einem 4K-Screen in Kinder- und Wohnzimmern in einem Computer- oder Konsolenspiel. Die Innovation der Neuentwicklung liegt darin, diese virtuelle Welt mit so viel Power zu versorgen, dass sie auch auf einer riesigen LED- Wand überzeugt. Dabei muss sie so detailliert und mani- pulierbar sein, dass sie von hochauflösenden Filmkameras nicht als falsch verraten wird.

Die Welt in der Unreal Engine ist nicht einfach ein 2D- Hintergrund, der ähnlich der Rückprojektion keine realistischen Kamerabewegungen ermöglicht. Tatsächlich sind Parallaxenverschiebungen möglich, weil die Inhalte auf der LED-Wand mit dem Kamerastandpunkt und daher deren Perspektive synchronisiert sind. All das funktioniert nur über die dritte große Komponente: das Kameratracking von Profile Studios. Hierbei wurden an der Decke der „Volume“ Infrarot-Tracking-Kameras instal- liert und an der ARRI ALEXA LF IR-Trackingpunkte angebracht, die jederzeit frei zugänglich sein mussten. So war ein auf wenige Millimeter genaues Tracking der Kamera möglich. [14514]


Sie möchten mehr über die Produktion von “The Mandalorian” erfahren? Hier geht es zum kompletten Artikel!


 

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