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„Der Markt explodiert“

Interview mit Drohnenpilot Thomas Reinecke

Kamera-Drohnen werden immer häufiger bei Kino- und TV-Produktionen eingesetzt. Drohnenpilot Thomas Reinecke appelliert an Piloten und Kameraleute, die kleinen Wunderwaffen mit Bedacht einzusetzen.

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(Bild: Uwe Agnes)

Herr Reinecke, wie sind Sie Drohnenpilot geworden?

Thomas Reinecke: Also ich bin Kameramann, seit vielen Jahren, mittlerweile fast Jahrzehnten, und natürlich ist die langweilige Perspektive, entweder vom Stativ, von der Schulter, aus der Hüfte oder vom Boden zu drehen, nur damit zu toppen, indem man aus dem Hubschrauber dreht. Jeder Kameramann kennt das, irgendwann dreht er das und findet das völlig faszinierend. Aber ein Hubschrauber ist auch ein sehr hoch fliegendes Gerät, denn er muss Mindesthöhen einhalten.

Ich habe dann lange Zeit versucht, mit motorbetriebenen Gleitschirmen Kameraaufnahmen zu realisieren, und habe dann nach einem schweren Absturz während Dreharbeiten das Phänomen „Drohne“ kennengelernt. Das war vor ungefähr vier Jahren. Daraus hat sich bei mir der Wunsch entwickelt, eine solche Drohne zu betreiben. Ich habe dann mit Entsetzen festgestellt, dass die zu der Zeit um die 35.000 Euro kosteten, und das war mir zu teuer. Das waren auch Geräte, die nicht meinen Ansprüchen hinsichtlich der Kamera entsprachen. Ich habe mir dann also erst ein Kameramodell ausgesucht, das meinen Bedürfnissen nach Auflösung, Format und Zoom gerecht wurde und habe dann angefangen eine Drohne zu bauen, die diese Kamera trägt. Mein erstes selbstgebautes Modell war ein Quadrokopter mit einer GoPro. Den habe ich in Hamburg auf dem Heilig-Geist-Feld fliegen lassen und mir dabei fast vor Angst in die Hosen gemacht, dass er abhaut. Danach habe ich einen Oktokopter gebaut, der ein Abfluggewicht von 12 Kilogramm hatte und meine Wunschkamera in die Luft heben konnte.

Seitdem sind Sie also professionell in diesem Bereich tätig. Wie sieht Ihr Dreh-Alltag aus?

Wir betreuen diverse Serien, die im ZDF überwiegend im Sonntagmittag-Programm laufen. Da fliegen wir beispielsweise für die Produktionsfirma der Sendung „Mit Herz und Hammer“. Das ist eine kleine Serie, wo Leute billig Häuser kaufen und selber ausbauen. Wir begleiten das immer mit ein paar Luftaufnahmen. Dann gibt es die bekannte Sendung „Die Büffelranch“, die auf allen möglichen ZDF-Kanälen läuft und bei der wir ebenfalls die Drohnen-Bilder machen. Ganz neu ist „Hof sucht Bauer“, wo wir die Luftaufnahmen machen zu kleinen Geschichten, die erzählt werden. Aktuell fliegen wir in einer ZDF-Reportage und einer Dokumentation. Das ist aber im Moment nicht möglich, wir warten auf bessere Wetterbedingungen. Im vergangenen Jahr haben wir komplett die Vorabendserie „Kripo Holstein“ geflogen.

Sieht man von Kripo Holstein einmal ab, sind das alles Projekte, bei denen der Einsatz von Drohnen nicht unmittelbar auf der Hand liegt.

Natürlich ist die Drohnen-Perspektive, die zwischen Stativ- Höhe und Hubschrauber angesiedelt ist, ist in den letzten Jahren eine hochattraktive Drehweise geworden, die beim Erzählen von Geschichten ein sehr gutes stilistisches Mittel ist. Früher hat man eine Dokumentation anders gedreht. Heute können Sie eine Dokumentation mit Luftaufnahmen und O-Tönen machen. Das ist für den Zuschauer eine neue Sichtweise, für den Produzenten eine neue Produktionsweise, und es ist ganz erstaunlich, welche „kleinen“ Sendungen sich heute Drohnen leisten. Das hat sicherlich damit zu tun, dass die Drohnen nicht mehr 35.000 Euro kosten.

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Pilot Reinecke an der Binnenalster: In Hamburg muss jeder Flug neu angemeldet werden. (Bild: Uwe Agnes)

In welche Richtung bewegt sich denn Ihrer Erfahrung nach der Markt?

Das Segment expandiert, und Hersteller wie DJI und Yuneec erobern den Markt mit sehr leistungsfähigen Quadrokoptern, also mit nur vier Motoren, und mit leistungsfähigen Kameras, die darunter hängen. Würde man mich heute fragen, ob in wenigen Monaten die TV-Teams, die unterwegs sind und kleine Reportagen oder Stücke drehen, eine Drohne mit dabei haben, dann könnte ich das nur mit „Ja“ beantworten. Es zeichnet sich jetzt schon ab, dass fast jedes EB-Team sich besser verkauft, wenn man noch eine kleine Drohne dabei hat und mal eben schnell eine Luftaufnahme machen kann.

Sehen Sie Risiken bei dieser Entwicklung?

Man kann nicht einfach mit einer Drohne irgendwie fliegen, und schon gar nicht gewerblich. Die gewerbliche Nutzung beginnt in dem Moment, wo eine Kamera darunter hängt, und gewerbliche Flüge sind immer genehmigungspflichtig. In Hamburg beispielsweise müssen Sie jeden einzelnen Flug genehmigen lassen, mit einer jeweiligen Gebühr und einer Vorlaufzeit von einer Woche. In anderen Bundesländern gibt es die Möglichkeit, Pauschalgenehmigungen für eine Dauer von zwei Jahren zu bekommen, die etwas teurer sind, aber die Möglichkeit geben, mit Drohnen unter 5 Kilogramm Gewicht Luftaufnahmen bis zu einer Flughöhe von 50 Metern zu erstellen. Das Risiko beginnt damit, dass ein Drohnen- Pilot überhaupt nicht einschätzen kann, wann seine Drohne 50 Meter hoch ist. Oder, dass die Drohne möglicherweise nicht haftpflichtversichert ist, weil eigentlich eine spezielle Versicherung abgeschlossen werden muss. Man muss sich auch einmal vorstellen, dass die Propeller eines Quadrokopters aus Karbon sind und sich mit 8.000 Touren drehen. Das kann Schnittverletzungen produzieren, die jedem Chirurgen den Schweiß auf die Stirn treiben.

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So was will jeder: Malerische Aufnahmen aus der Höhe. (Bild: Uwe Agnes)

Es ist bei einigen Unfällen schon vorgekommen, dass die Schnitte bis durch auf den Knochen gehen. Oder stellen Sie sich vor, ein Gewicht von fünf Kilogramm stürzt aus einer Höhe von 50 Metern auf den Boden! Die technischen Hilfsmittel, mit denen eine Drohne ausgerüstet ist – zum Beispiel GPS oder automatisches Höhe – halten – können eben versagen, und die heutigen Piloten haben keine Ausbildung dafür, eine Drohne ohne automatische Systeme manuell zu fliegen. Bei einem Versagen dieser Systeme kommen die Piloten an ihre Grenzen, die Geräte werden unkontrollierbar und stürzen letztlich meistens ab. Es häufen sich die Unfallmeldungen mit Drohnen oder Meldungen über ihren unverantwortlichen Gebrauch. Erst neulich ist einem Piloten der Finnair mit 60 Passagieren an Bord beim Anflug auf Hamburg-Fuhlsbüttel in 250 Metern Höhe eine Drohne begegnet, und zwar im Abstand von 50 Metern! Was passiert, wenn eine Drohne in ein Jet-Triebwerk gerät, hat noch niemand getestet.

Wo sehen Sie die Lösung für dieses Problem?

Es gibt viele Gefahrenquellen: Absturz, unsachgemäße Handhabung, Explosion des Hochleistungs-Akkus, Durchtrennen einer lebenswichtigen Arterie mit den Rotor – blättern. Ich bin überzeugt, es wird einen Unfall geben, wahrscheinlich wird es auch einen Toten geben und dann wird man ähnlich wie in Spanien die Drohnenfliegerei einfach komplett verbieten. Aber schauen wir uns doch Spanien an. Da gibt es so viele Drohnen, und die fliegen einfach, und es stört sich niemand am Verbot.

Wir werden in Deutschland Mengen von Drohnen haben, und zwar für die unterschiedlichsten Zwecke. Sei es, dass Handwerker sie einsetzen, Privatleute oder eben Filmer sie nutzen. Die Leute werden die Drohnen betreiben, und so wie es bei einem gefährlichen Kampfhund auf den Halter ankommt, ist bei Drohnen eben der Pilot in der Verantwortung.

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