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Der Preisträger in der Kategorie Kinospielfilm kommt in die Kinos!

27. Deutscher Kamerapreis: Kurzporträt Christoph Krauss, DoP “Manifesto”

Im Sommer erhielt DoP Christoph Krauss den Deutschen Kamerapreis 2017 in der Kategorie Kinospielfilm für das Kunstprojekt “Manifesto” mit Cate Blanchett in der Hauptrolle. Jetzt läuft der Film in den deutschen Kinos an. Wir stellen Ihnen den Kameramann und das Projekt nochmal vor.

Christoph Krauss, Jahrgang 1964, arbeitet seit 1996 als Kameramann. Zuvor absolvierte eine Ausbildung an der Staatlichen Fachschule für Optik und Fototechnik in Berlin. Seine Tätigkeit erstreckt sich über zahlreiche filmische Metiers und reichen von TV-Serien und Dokumentationen bis hin zu zahlreichen Kunstprojekten in Zusammenarbeit mit dem Videokünstler Julian Rosefeldt, unter dessen Regie auch der Film „Manifesto“ entstand. Christoph Krauss lebt in Berlin und dreht dort zur Zeit unter der Regie von Christian Alvart den Kino-Spielfilm „Steig.Nicht.Aus!“.

„Die Sehnsucht nach Inhalten ist ungebrochen“

Chrstoph Krauss erhält den Deutschen Kamerapreis 2017 für die Bildgestaltung des Kunstfilms “Manifesto”. (Bild: Foto: WDR/ Melanie Grande)

Was waren die Besonderheiten bei „Manifesto“, mit denen Du Dich in der Vorbereitung und im Dreh auseinanderzusetzen musstest?

Zum einen waren das rein logistische Besonderheiten, weil von vornherein klar war, dass wir für das, was wir umsetzen wollten, verdammt wenig Zeit hatten. In Berlin im Winter hat man ja obendrein auch nicht gerade viel Tageslicht. Dann ging noch Zeit verloren durch aufwändige Umzüge und Kostümwechsel, die wir nicht vermeiden konnten. An einem Drehtag haben wir zum Beispiel am Vormittag Cate Blanchett als Obdachlose gedreht. Danach mussten wir am Nachmittag ins ZDF-Studio umziehen, wo wir sie als Nachrichtensprecherin gedreht haben. Das war natürlich ein gewaltiger Wechsel, sowohl inhaltlich, aber auch, was Kostüm und Frisur anging. Es war schon eine ziemliche Herausforderung, das Projekt logistisch zu stemmen.

Es war generell zeitlich alles auch sehr knapp, weil die Entscheidungen über die Locations zum Teil sehr spät gefallen sind. Da blieb nur wenig Zeit, einen detaillierten Plan zu entwickeln. Manchmal war das dann doch recht sportlich.
Zeitweilig hatten wir relativ viel Technik im Einsatz, wobei wir aber keine wesentlich neuen Mittel verwendet haben. Lange Kransequenzen zum Beispiel gab es schon in anderen Projekten zuvor. Wir haben aber zum ersten Mal Super-Slo-Mo’s eingesetzt, die wir mit einer Phantom Flex gedreht haben.

Inhaltlich war es das bis dahin umfangreichste und anspruchsvollste Projekt in der Zusammenarbeit mit Julian Rosefeldt. Aber auch produktionstechnisch haben wir unsere eigenen Grenzen gesprengt. Weder hatten wir vorher so viele Leinwände bei einer Video-Installation – zwölf Screens plus eine Intro – noch so viele Drehtage mit großem Team, zwölf an der Zahl. Zuvor waren es meistens auch eher Projekte, die in einer Woche abzudrehen waren oder mit kleinem Team gedreht wurden.

Die Jury des Deutschen Kamerapreises hat deine Kameraarbeit dafür gelobt, dass sie in der linearen Fassung des Werks die einzelnen Kapitel visuell kohärent zusammenhält.
Was die Genesis des Projekts anbelangt, wurde der lineare Film eigentlich zunächst als Nebenprodukt betrachtet, um den Geldgebern wie zum Beispiel dem Bayrischen Rundfunk etwas liefern zu können. Der BR hätte ja mit 13 Leinwänden nichts anfangen können und brauchte insofern eine lineare Version. Das war aber etwas, das Cate Blanchett zunächst mit Argwohn betrachtet hatte und sich bis zuletzt das Vetorecht dazu vorbehalten hatte. Sie hat sich dann aber von der linearen Version überzeugen lassen und dafür grünes Licht gegeben.

Tatsächlich sollte die Bildgestaltung die Klammer für die einzelnen Kapitel bilden. Die Figuren waren sehr unterschiedlich angelegt, denn wir wollten bewusst eine große Bandbreite an verschiedenen Berufen, an arm und reich, Tag und Nacht abdecken, was die einzelnen Kapitel anbelangt. Uns war aber auch bewusst, dass wir das nicht auseinanderfallen lassen durften, und dass es immer Bezugspunkte untereinander geben musste. Deswegen haben wir für alle Kapitel eine gemeinsame Filmsprache definiert. Diese Sprache ist jetzt auch nicht unbedingt neu für die Arbeiten, die in meiner Zusammenarbeit mit Julian Rosefeldt entstanden sind: Entschleunigung, ganz langsame Kamerabewegungen, Slow Motions, Plansequenzen … das ist nichts, was ausschließlich für „Manifesto“ entwickelt wurde. Es ist aber allen Kapiteln gemeinsam und die cinematografische Klammer für das Werk.

Gibt es weitere Aspekte in der gemeinsamen Bildsprache?
Wir haben auch sehr viel in Totalen gedreht. Für Julian ist auch immer der Raum sehr wichtig, der miterzählt wird. Wenn man einen Star wie Cate Blanchett hat, liegt die Verlockung ja nahe, dass man permanent in Großaufnahme an ihr hängt. Dieser Verlockung sind wir zum Glück nicht anheimgefallen! Aber natürlich gibt es auch Großaufnahmen. Das sind dann sehr starke Momente, und sie sind deshalb so stark, weil wir ansonsten eben viel in Totalen erzählen – nicht ausschließlich, aber viel.

Dein Regisseur Julian Rosefeldt hat zu eurem Werk gesagt: „Die Sehnsucht nach Manifesten ist ungebrochen.“
Auf mich bezogen würde ich es ein wenig abändern wollen: Die Sehnsucht nach Inhalten ist ungebrochen! Meine Situation ist ja eine beinahe leicht schizophrene. Ich habe in den letzten Jahren sehr viel Fernseh-Serien gedreht – zum Teil wirklich eher belangloser Natur, was man sich nicht gerade als kreative Herausforderung und künstlerische Erfüllung vorstellen muss. Man reduziert sich da selbst, ist in seinen gestalterischen Möglichkeiten eingeschränkt und kommt von dort kaum mehr weg, weil einem eben „TV-Serien“ auf der Stirn steht.
Andererseits gibt es aber diese Kunst-Projekte mit Julian, mit denen ich mich quasi in einer Parallelwelt bewege. Das ist für viele Leute überhaupt nicht zusammen zu bekommen. Und deshalb ist für mich ganz besonders toll, dass diese Seite meiner Arbeit durch den Deutschen Kamerapreis nun auch in der Filmwelt Anerkennung gefunden hat. Ich komme ja ursprünglich aus der Independent- und Arthouse-Ecke. Mein letzter Kameramann, dem ich assistiert habe, war Hans Fromm, bei zwei frühen Filmen von Christian Petzold. Aus der Richtung komme ich also ursprünglich, und da würde ich auch gern wieder hin. Das ist meine Sehnsucht – nicht nach Manifesten, auch nicht nach festgeklopften Dogmen, aber noch immer ungebrochen nach Inhalt und kreativer Umsetzung!

„Manifesto“

Buch & Regie: Julian Rosefeldt
Schnitt: Bobby Good
Darstellerin: Cate Blanchett
Produktion: Julian Rosefeldt und Schiwago Film in Kooperation mit dem BR
Redaktion: Cornelia Ackers (BR)

Informationen zur Technik
A-Kamera: Arri ALEXA XT Plus
B-Kamera: Arri ALEXA Plus
Optiken: Cooke S4 (kompletter Satz)
Angenieux Optimo 15-40 mm (T2.6)
Angenieux Optimo 24-290 mm (T2.8)
High-Speed-Kamera: Phantom Flex4K (500 fps)
Drohnen-Kamera: Red Epic Mysterium-X
Codecs: VFX-Aufnahmen in ARRIRAW, alle anderen Shots in ProRes 4444

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