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Innovation aus der Heimat (14): Ambient Recording aus München

Praktische Probleme lösen

Vor gut 30 Jahren stand der Tonmeister Günter Knon in München vor der Aufgabe, mehrere Videokameras bildgenau zu synchronisieren. Er entwickelte einen kleinen Kasten, der genau das tat: den Lockit. Das wurde zur Geburtsstunde von Ambient Recording. Hans Albrecht Lusznat hat sich in Ausgabe 5.2020 vor Ort angesehen, wie sich das Unternehmen seitdem entwickelt hat und welche Innovationen es aktuell gibt.

Foto: Hans Albrecht Lusznat

Die Synchronisation von Bild und Ton ist seit dem Aufkommen erster Tonfilme vor gut 100 Jahren bis zur heutigen Zeit eine besondere technische Herausforderung geblieben. Wie man Bildstreifen und Tonband synchron bekam, fiel in der Folgezeit in den Aufgabenbereich des Tonmeisters, der sich am Drehort um das technische Verfahren zu kümmern hatte. Er war ja auch im Team derjenige, der sich am besten auf elektrische Signale verstand. Wen wundert es da, dass auch heute noch die innovativsten Produkte in diesem Bereich von einer Firma aus München kommen, die vor mehr als 30 Jahren im August 1989 von zwei Tonmeistern gegründet wurde: Ambient Recording. Wie so oft entstand eine der wichtigsten Innovationen der jungen Firma aus einem praktischen Problem.

Anfang der 1990er Jahre war Sony mit dem Betacam-System Markführer bei der Ausstattung von Fernsehanstalten mit Produktionsequipment. Professionelle Videorekorder waren von Haus aus mit einem Timecode-Generator ausgestattet, der sich auch auf externe TC-Signale synchronisieren ließ. Leider waren die Generatoren so ungenau, dass sie selbst bei baugleichen Kameras schon nach kürzester Zeit beträchtlich auseinanderliefen. Timecode-Synchronität war daher nur bei einer dauerhaften BNC-Kabelverbindung garantiert.

Lockit gegen Timecode-Drift

Als Tonmeister Günter Knon für die Tonaufnahme aufwendiger Mehrkameraproduktionen mit dokumentarischem Inhalt verpflichtet wurde, sorgte der Timecodedrift der Sony-Kameras für erhebliche Probleme bei der Nachbearbeitung. Ein Verkabeln aller Kameras untereinander war unmöglich, also musste ein Zusatzgerät her, das den Timecode über die Länge eines Drehtages garantierte und als autonomes Kästchen an jeder Kamera befestigt werden konnte. Damit war 1993 der Lockit geboren, eine Blackbox mit einsetzbarer Batterie, 5-Pol-Lemo-Buchse, zwei BNC-Steckern für Timecode- und Genlock-Signal, zwei LEDs und einem Ein-Aus-Schalter unter einer Abdeckung. Im Innern arbeitet ein spannungsgesteuerter und temperaturkompensierter Quarz, der nach einmaligem Abgleich auf GPS Zeitnormal fortan weniger als ein Frame pro Tag davon abweicht. So einfach die Bedienung des Lockits schien, so kompliziert war letztlich die Handhabung, was nicht am Gerät, sondern an der Vielzahl verschiedener Timecode-Formate liegt. Denn immer noch sind wir den Amerikanern „dankbar“, dass sie bei der Einführung des Farbfernsehens 1953 wegen technischer Schwierigkeiten mit dem Farbträger einfach die Bildwechselfrequenz verschoben haben, so aus den 30 Bildern pro Sekunde 29,97 machten und diese Absurdität auch noch in die digitale Form des HDTV einbrachten. Bei allen Lockit-Produkten gab es dewegen Dip- oder Drehschalter, mit denen die Projekt-Bildfrequenz aus einer großen Auswahl unterschiedlichster Gangzahlen einzustellen ist. Timecode am Set blieb somit auch nach 1993 selbst mit den Lockits keine einfache Sache. Selbst gestandene Filmleute wissen nicht auf Anhieb, was genau der DropFrame-Modus ist.

Neue Generation

2012 kommt von Ambient Recording, wie sich die Firma nun griffig präsentiert, der nächste Innovationsschub: Herzstück des seinerzeit aktuellen Lockit ACL-204 ist eine modernisierte FPGA-Architektur, die erstmals erlaubt, entlang eines Timecode-Strangs gruppieren und eindeutig einordnen. Das Ambient Communication Network (ACN) kann aber mehr, als einzelne Geräte der Film- und Fernsehproduktion drahtlos mit Timecode zu versorgen. Es eignet sich außerdem hervorragend für das Einsammeln aller in der Filmproduktion anfallenden Metadaten. Das haben Geschäftsführer Günter Knon und sein Team frühzeitig erkannt und das dafür nötige Software-Know-how in einer neuen Firma gebündelt, der Lockit Network.

Geschäftsführer Günter Knon mit einem Lockit der ersten und einem der aktuellen Generation. Foto: Hans Albrecht Lusznat

Metadaten für alle Gewerke

Das Ergebnis der mehrjährigen Programmierarbeit ist die LockitScript-App mit der die Script Supervisors am Set alle inhaltlichen Daten rund um die Aufnahme eingeben kön- nen. Diese Arbeit gleicht dem bisherigen Script, ist aber sehr viel komfortabler. Der Timecode wird vom Lockit direkt ins Script übertragen, man kann auf die Daten der Vorbereitung zurückgreifen und auch Fotos und Metadaten lassen sich problemlos einbinden. Mit den Lockit- Webtools kann man diese Daten bearbeiten, zu Reports für die verschiedenen Departments zusammenfassen und in verschiedene Formate für Schnittsysteme exportieren. Damit auch die Metadaten der technischen Geräte am Set erfasst werden können, müssen die Hersteller von Kameras und Zubehör mitspielen und sich auf dieses System einlassen. Ambient konnte eine ganze Reihe von Herstellern von den Vorteilen des ACN-Netzwerkes überzeugen und liefert die Lockit-Technik auch als OEM-Platine zum Einbau in die Geräte von anderen Herstellern. Sound Device hat als eine der ersten Firmen auf die Timecode-Technik der Münchner gesetzt und in ihren Digitalrecordern verbaut. Kamerahersteller wie ARRI oder RED speisen ihre Metadaten direkt ins ACN-Netzwerk. Panavision hat sogar komplett auf Lockit gesetzt und verbaut das Modul in den DXL-Kameras. Somit entfällt hier erstmals die Notwendigkeit eines externen Synchronizers und die Kameras synchronisieren sich vollautomatisch und drahtlos. Die Objektivhersteller Cooke und ZEISS ermöglichen den Datenaustausch genauso wie Adobe, Fuzzelcheck, Transfermedia, Aeta, Panther, Preproducer, Productionminds, Terradek, Webgate und Final Draft.

Bei aller Komplexität des ACN-Netzwerkes ist die Bedienung des neuesten Nano Lockit kinderleicht, der zudem gegenüber den früheren Geräten auf 1/3 der Größe geschrumpft ist. Framerate und Tageszeit können über USB-Kabel mit einer App am Laptop gesetzt oder über das Sync-Kabel von einem externen Gerät editiert werden. Ein Knopfdruck genügt und alle anderen Lockits synchronisieren sich auf das Gerät, das man als Master ausgewählt hat. Die nächs- ten Produktideen sind schon in der Pipeline und werden die Arbeit am Set weiter vereinfachen.

Jedes Gramm zählt

Ambient Recording ist nicht nur Entwickler und Hersteller eigener Technologie, sondern auch System- haus für Tonaufnahme-Equipment, Vertreter für SoundDevices im deutschsprachigen Raum und gehört mit insgesamt 40 Mitarbeitern zu den größeren Firmen in diesem Bereich. In einem Verkaufsraum im Eingangsbereich des Firmensitzes in München-Schwabing findet der Tonmeister alles für seinen alltäglichen Bedarf, vor allem viele kleine praktische Hilfen, wie beispielsweise Befestigungsmöglichkeiten für Ansteckmikrofone und Sender.

Viel Platz für lange Angeln: Hier zählt jedes Gramm. Foto: Ambient Recording

Als Hersteller von Tonangeln großer Längen hat sich Ambient Recording zum Markführer entwickelt, weil man auch hier ständig nach Verbesserungsmöglichkeiten sucht. Wer schon einmal eine Angel gehalten hat, nicht etwa nur zum Spaß, sondern bei einer längeren Filmsequenz, der weiß, wie körperlich anstrengend das sein kann und wie jedes Gramm weniger an der Spitze die Arbeit erleichtert, vor allem wenn die Angel ganz lang ausgezogen ist. Die Tonangeln fertigt Ambient Recording in Passau, denn Günter Knon stammt von dort und nutzt den günstigeren Standort für die autonome mechanische Fertigung. Mit einem neuen Karbonrohr wird die auf 6,30 Meter ausziehbare längste Tonangel jetzt nicht nur deutlich steifer, sondern auch noch leichter als das Vorgängermodell. [12470]

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