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Interview mit Christophe Casenave über die CP.3 XD

Die CP.3 XD-Reihe ist seit September auf dem Markt. Wir erfuhren von Christophe Casenave, Produktmanager bei ZEISS, wie der Weg zur Erweiterung des Sortiments durch die eXtendes Data-Technologie war und warum Oldtimer und Neuwagen beide ihre Berechtigung haben.

(Bild: Foto: ZEISS)

Herr Casenave, auf was achten Sie als Erstes, wenn Sie ein neues Objektiv aus der Entwicklungsabteilung in die Hand bekommen?

Bei neuen Objektiven geht es mir ein bisschen wie einem DoP, wenn sein Film aus der Postproduktion kommt. Ich habe das Objektiv auf dem Papier entworfen und habe eine genaue Vorstellung davon, wie es aussieht und wie es arbeiten soll. Das Produktdesign ist zwar wichtig, aber wirklich spannend ist der Moment, wenn ich die ersten Aufnahmen sehe, die mit der Linse gemacht wurden. Hier achte ich besonders auf die Schärfe, das Bokeh, aber auch darauf, ob Bildfehler – zum Beispiel Farbsäume – zu erkennen sind.

In diesem Frühjahr stellte ZEISS die CP.3-Reihe auf der NAB 2017 vor. Dabei wurde betont, ZEISS habe auf die Anwender gehört. Welche Rückmeldungen zu den CP.2-Objektiven flossen in die Neuentwicklung ein?

Zeiss-Produktmanager Christophe Casenave beim Roundtable-Gespräch zum Deutschen Kamerapreis 2017.
Zeiss-Produktmanager Christophe Casenave beim Roundtable-Gespräch zum Deutschen Kamerapreis 2017.

Wir haben zu den ZEISS Compact Primes CP.2 sehr viele Rückmeldungen bekommen. Viele Nutzer waren begeistert von der optischen Leistung – das hat uns natürlich  sehr gefreut. Einige sagten uns aber auch, dass die Ergonomie und die Größe der Objektive noch verbessert werden könnten. Eine andere Rückmeldung war, dass die Fokussierung bei extremen Temperaturen stellenweise etwas schwergängig sei. Dieses Feedback haben wir bei den ZEISS CP.3 umgesetzt: Die Optiken sind deutlich kompakter und im Schnitt zehn Prozent leichter als das Vorgängermodell. Das hilft auch bei der Arbeit mit Gimbals und Drohnen, die ja gerade sehr im Trend liegen. Auch den Fokusgang haben wir verbessert, er läuft nun spürbar geschmeidiger.

Wo fördert ZEISS diesen Austausch mit den Anwendern? Auf Messen oder bei anderen Gelegenheiten?

Die Teilnahme an Messen ist uns sehr wichtig, wir treffen dort aber vor allem Geschäftspartner. Um uns mit den Endanwendern auszutauschen, nehmen wir regelmäßig an Filmfestivals wie dem Camerimage oder Events wie dem Deutschen Kamerapreis teil. Wir laden auch immer wieder DoPs und Kameraleute in unseren Unternehmenshauptsitz in Oberkochen ein. Zum Beispiel haben wir mal eine Roundtable-Diskussion mit Mitgliedern des Berufsverbands Kinematografie organisiert. Dieser regelmäßige Austausch ist enorm wichtig und inspirierend für uns.

ZEISS-Objektive haben den Ruf, sehr scharf und „crisp“ zu sein, was nicht immer gewünscht ist, sind aber dennoch sehr beliebt. Können Sie den scheinbaren Widerspruch erklären?

Lassen Sie mich das an einem Beispiel erklären: Viele Menschen fahren gerne Oldtimer. Ein alter Citroën DS beispielsweise hat zwar wenig Ausstattung und ist in die Jahre gekommen, hat dafür aber einen gewissen Charme. Für eine Spazierfahrt ist das ein tolles Auto. Würden Sie aber mit einem Wagen aus den 1950er-Jahren von Hamburg aus in den Italienurlaub fahren? Vermutlich nicht. Bei einer so langen Strecke greifen Sie eher zum Neuwagen, der Ihnen das Maximum an technischem Komfort bietet. Ob Sie die Klimaanlage oder das eingebaute Navi wirklich nutzen, bleibt Ihnen überlassen. Aber Sie haben alle Möglichkeiten – und sind damit auf der sicheren Seite.

Der 4-polige Hirose-Anschluss gibt die Daten an Master Lockit Plus oder die Kamera aus.
Der 4-polige Hirose-Anschluss gibt die Daten an Master Lockit Plus oder die Kamera aus. (Bild: Foto: ZEISS)

Genau so ist es mit Objektiven. Viele bevorzugen für ihre Filmprojekte  zwar eine gewisse Unschärfe, sozusagen den Oldtimer-Look, wissen aber vor Ende des Drehs noch gar nicht genau, wo die Reise hingeht, also wie das Endprodukt aussehen soll. Vielleicht entscheiden sie sich unterwegs doch noch für einen schärferen Look? Wenn Sie sich bis zum Schluss alle Gestaltungsmöglichkeiten offen halten wollen, ist ein ZEISS-Objektiv mit seiner knackigen Schärfe und dem neutralen Look die sichere Wahl. Denn Sie können in der Postproduktion ja jedes Bild problemlos entschärfen – ein unscharfes Bild schärfer machen, das geht hingegen nicht.

Die Weiterentwicklung der Compact Primes führte auch zur Erweiterung der CP.3-Reihe durch die CP.3 XD. Was gab den Ausschlag, ein Objektiv zu entwickeln, das Metadaten zur Kamera schickt?

Die Digitalisierung der Filmproduktion eröffnet viele neue Möglichkeiten, vor allem in Bezug auf visuelle Effekte und die schnellere Arbeitsweise. Wir haben uns darüber Gedanken gemacht, was diese Veränderungen für ein Objektiv bedeuten und welchen Beitrag wir als Hersteller leisten können. Wir wollten eine Objektivreihe entwickeln, mit der Filmproduktionen ihre Arbeitsabläufe vereinfachen, Zeit und Kosten sparen und ihre kreativen Möglichkeiten erweitern können. Das Ergebnis war ZEISS eXtended Data, die erste Metadaten-Technologie, welche die Verzeichnung und Vignettierung des Objektivs frame-genau speichert. Zusätzlich werden alle Metadaten der /i-Technologie aufgezeichnet, zum Beispiel Fokusentfernung, Blendenwert und Schärfentiefe. Davon profitiert die Filmcrew am Set genauso wie die Postproduktion: Kameramann und -Assistent können die Objektivdaten während des Drehs einsehen und dadurch zum Beispiel die Schärfe exakter ziehen. Auch für die Postproduktion ergeben sich Vorteile, zum Beispiel bei der Arbeit mit visuellen Effekten: Mithilfe der Metadaten ist es mit wenigen Klicks möglich, das im Computer generierte Bild an die Objektiveigenschaften anzupassen – und dann mit dem Filmmaterial zu einem realistischen Bild zusammenzufügen. Diese Arbeitsweise war bislang den großen Blockbuster-Produktionen vorbehalten, Verzeichnung und Vignettierungen mussten per Hand ausgemessen und korrigiert werden – ein aufwändiger und kostspieliger Prozess.

Halfen hier auch die Erfahrungen aus der Fotoobjektiv-Entwicklung?

Da die Ausgangslage im Foto-Bereich eine ganz andere ist, haben wir diese Innovation unabhängig von unserer Fotoobjektiv-Entwicklung eingeführt.

Warum haben Sie sich für einen existierenden Standard entschieden, die /i-Technologie, die ja immerhin der direkte Mitbewerber Cooke entwickelt hat?

Wir waren uns einig, dass es keinen Sinn macht, unseren Objektiven Metadaten mitzugeben, wenn sie dann nicht gelesen werden können. Das /i-Protokoll dient uns als Basis, da es von vielen Produkten verschiedener Hersteller verarbeitet werden kann. Unsere Erweiterung ZEISS eXtended Data, die Verzeichnungs- und Vignettierungsdaten erfasst, stellen wir auch anderen /i-Technologiepartnern zur Verfügung, damit sich die Features weiter verbreiten und alle Geräte miteinander funktionieren.

DoP Adi Geisegger beim Live Grading mit Pomfort LiveGrade.
DoP Adi Geisegger beim Live Grading mit Pomfort LiveGrade. (Bild: Foto: ZEISS)

Wie kam die Kooperation mit Ambient einerseits und Pomfort andererseits zustande?

Von vornherein war uns klar, dass ZEISS eXtended Data nur funktioniert, wenn der End-User die Metadaten auch in der Praxis nutzen kann. Dafür braucht man erstens Geräte, die die Daten aufnehmen, und zweitens Software, die diese Daten in der Postproduktion verarbeiten kann. Für beides haben wir mit Ambient und Pomfort kompetente Partner gefunden. Ambient hat das MasterLockit Plus entwickelt. Es zeichnet alle Metadaten samt Timecode auf, für den Fall, dass die Technologie von der Kamera selbst nicht unterstützt wird. So kann wirklich jeder mit ZEISS eXtended Data arbeiten, egal welche Ausrüstung er benutzt. Durch die Kooperation mit Pomfort lassen sich Verzeichnung und Vignettierung mit dem Pomfort- Tool LiveGrade Pro schon am Set in Echtzeit anpassen. Die Filmcrew bekommt also bereits während des Drehs einen Eindruck, wie der finale Look aussehen wird.

Auf der IBC 2017 waren Beispiele aus dem VFX-Einsatz der CP.3-XD-Objektive zu sehen. Wo sehen Sie den Haupteinsatzzweck der Objektive?

Die Objektive eignen sich aufgrund ihrer Schärfe und der XD-Technologie sehr gut für die Integration von computergenerierten Bildern in Filme. Sie erleichtern das Matchen, Überlagern oder die Arbeit mit Greenscreen deutlich. Durch immer leistungsstärkere Hardware und günstigere Software können heute sogar sehr kleine Filmproduktionen mit diesen Technologien arbeiten. Es gibt aber auch viele andere Einsatzgebiete, beispielsweise Szenentracking oder künstlicher „Objektivfehlereinbau“ wie Ghost- und Flare-Effekte – auch hierfür braucht man die Objektivdaten. Auch wer viel mit dem Gimbal arbeitet, wird Gefallen an den CP.3 XD finden. Aufgrund der kompakten Bauform und des geringen Gewichts von rund einem Kilogramm sind sie für diese Anwendung ideal.

Sollte die Kamera keine Metadatenaufzeichung unterstützen, kann das MasterLockit Plus diese Aufgabe übernehmen.
Sollte die Kamera keine Metadatenaufzeichung unterstützen, kann das MasterLockit Plus diese Aufgabe übernehmen. (Bild: Foto: ZEISS)

Wie sehen Sie die aktuelle “Objektivschwemme”? Gut für den Wettbewerb am Markt?

Durch die Digitalisierung haben die Kameraleute den analogen Film als Gestaltungsmittel verloren. Es gibt nur noch einen Sensor und nicht wie früher eine breite Auswahl an Fotoemulsionen. Dadurch ist die Bedeutung des Objektivs gewachsen: Seine Charakteristik bestimmt den Look eines Films maßgeblich mit, und DoPs nutzen Objektive heutzutage mehr denn je als Gestaltungsmittel. Die vielen Objektive auf dem Markt sind eine Reaktion auf diese Entwicklung. Jeder Hersteller hat die Möglichkeit, seinen Objektiven eine eigene Charakteristik zu geben. Das Kopieren von Technologie funktioniert hier nicht, da sich jeder Hersteller durch seinen eigenen Bildlook positioniert. Das hilft auch, den Markt wachsen zu lassen.

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