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Wird professionelles Equipment auf Bestellung entwendet?

Diebstähle bei Dreharbeiten häufen sich

Der Berufsverband Kinematografie schlägt Alarm: Offenbar wird in letzter Zeit vermehrt Drehequipment vom Set gestohlen.

Am Set wird es schnell unübersichtlich, erst recht bei Nachtdrehs wie hier für die TNT-Serie „PARA“.

Insbesondere im Großraum Berlin sind laut BVK in der letzten Zeit mehrere schwerwiegende Diebstähle am Set, aber auch in Rental-Häusern vorgekommen, bei denen wertvolles Drehequipment entwendet wurde. Günter Neuhaus, Niederlassungsleiter beim Ludwig Kameraverleih in Berlin, kann diese Beobachtung bestätigen. „Zum Glück waren unser Equipment und unsere Kunden bislang noch nicht betroffen, aber wir hören immer wieder davon, dass vom Set Ausrüstungsgegenstände wie beispielsweise ganze Objektivsätze verschwinden. Die Diebe haben es da im Moment noch relativ einfach. Wer dreist genug ist, geht einfach auf das Set und wird in den seltensten Fällen gefragt, ob er sich dort überhaupt aufhalten darf. Dann ist es nur noch ein kleiner Schritt, unbehelligt mit einem Objektivkoffer davonzuwandern.“ Naturgemäß, so Neuhaus, sei das Kamera-Department vom Diebstahlsrisiko besonders betroffen. „Bei Licht und Grip sind die Ausrüstungsteile viel sperriger, aber auch nicht so hochpreisig wie Cine-Objektive. Bei denen kostet schon eines so viel wie ein Kleinwagen und da kann man sich leicht ausrechnen, was ein Dieb für einen ganzen Satz bekommen kann.“ Doch nicht nur das Set direkt ist zur Risikozone geworden. Vermehrt werden ganze Transportfahrzeuge mit geladener Ausrüstung aufgebrochen und gestohlen.

Set-Security

Am Set sind ist die im Kamera-Department eingesetzte Crew bei der heute üblichen Produktionsverdichtung und dem daraus resultierenen Arbeitstempo bereits dermaßen gefordert, dass die Bewachung des Equipments nicht zusätzlich nebenbei zu schaffen ist. Hinzu kommt, dass professionelles Aufnahme-Equipment bei größeren Drehs inzwischen oft bis zu 30 Gerätekisten und hunderte von Ausrüstungsteilen umfasst. Diese Menge an Equioment Kofferlager muss zum Teil mehrmals täglich gepackt und zu einem anderen Motiv umgesetzt werden.

Da die Erste Kameraassistenz direkt am Set und an der Kamera beschäftigt ist, kann sie sich um das Equipment- und Materiallager nicht kümmern. Die Zweite Kameraassistenz, die für die Bewirtschaftung von Gerät und Material verantwortlich ist, kann jedoch auch nicht als Wachschutz dienen. Zudem ist es oft nicht möglich, den Lagerort des Equipments im Auge zu behalten, etwa bei Kamera-Umbauten am Set, Telefonaten mit Verleihern, Akkuladen, logistischen Erledigungen oder Umsetzen von Fahrzeugen. Fazit: Die Bewachung des Materials kann durch die Kameraassistenz nicht sichergestellt werden, außer es wird ein zusätzlicher Assistenzposten ausschließlich hierfür geschaffen.

Ein Filmset bietet deshalb mit seiner Unruhe und Arbeitskonzentration eine hervorragende Gelegenheit, entsprechend nachgefragte teure Equipment-Teile unauffällig beiseite zu schaffen. Bis der Verlust eines vielleicht seltener eingesetzten Ausrüstungsgegenstands bemerkt wird, kann das Diebesgut schon über alle Berge sein. Fragt sich, wer hinter diesen Diebstählen steckt. BVK-Geschäftsführer Michael Neubauer hat hierzu eine konkrete Theorie. „Einen Alura-Zoom braucht niemand privat“, sagt er. „Wenn derartiges professionelles Equipment verschwindet, handelt es sich unseres Erachtens um Auftragsdiebstahl – vielleicht auch für das Ausland. Derartiges ist nicht so einfach zu verkaufen. Jeder, der solche Teile erwirbt, fragt nach der Herkunft.“

Aber auch die aktuelle Pandemie könnte seiner Meinung nach ein Grund für die zunehmenden Diebstähle an Filmsets sein. „Wegen Corona kann man kaum Touristen beklauen und es gibt auch keine Clubszene mehr, wo sich Gelegenheiten bieten. An ein Filmset kommt man gut heran und fällt mit Maske nicht auf, wenn man so tut, als sei man Mitarbeiter. Ein web-fähiges Handy hat jeder – ein Foto ist schnell gemacht und der Hehler kann sein OK geben.“

Um derartige Vorfälle zu vermeiden, die für die Produktion, die Kamera-Abteilung, das Rental-Haus und die Versicherung einen beträchtlichen wirtschaftlichen Schaden darstellen, empfiehlt der BVK, bei Dreharbeiten Security-Personal einzusetzen. Der Verband verwahrt sich außerdem dagegen, dass „Stab-Mitarbeiter am Set, die unter massivem Stress täglich mindestens 10 Stunden unter Hochspannung arbeiten, ,nebenbei‘ als Watch-Dogs Berge von Kisten bewachen sollen.“ Zudem hätten Filmschaffende kein Auge für Verdächtige und seien ständig mit anderem als bloßer Bewachung befasst. Ein bis zwei Wachleute am Set könnten aus einiger Distanz und konzentriert viel mehr wahrnehmen, als die in den Arbeitsablauf eingebundenen Filmschaffenden selbst.

Günter Neuhaus vom Ludwig Kameraverleih teilt diese Einschätzung. „Wir leben gerade in einer Pandemie, wo vor jedem Supermarkt ein Sicherheitsmitarbeiter steht, um aufzupassen, dass man eine FFP2-Maske trägt. Warum soll es da nicht möglich sein, Security am Set einzusetzen?“ fragt er. „Am einfachsten wäre es“, so Michael Neubauer, wenn Equipment-Versicherer in ihre Versicherungsbedingungen entsprechende Security-Vorgaben aufnehmen würden. Für den Wert etwa eines Alura-Zooms kann man viel Wachpersonal sehr lange beschäftigen.“ [14598]

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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Der Schlusssatz von M. Neubauer hinkt gewaltig. Die Produktion muss den Satz Objektive und die Security bezahlen. Vielleicht bieten die Verleiher Rabatte wenn man die Verpflichtung von Security nachweisen kann.
    Im Ausland ist Security schon lange Standart.

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  2. Solange wie Security als lästiges Beiwerk betrachtet wird, Setmitarbeiter sich an die Vorgaben des Produktionbüros und der Security halten, z.B. das ein Produktionsbatch sichtbar zutragen ist, kann der einzelne Securitymitarbeiter auch nicht viel ausrichten, Da in dem geschäftigen Treiben, er nicht jeden zur Crew zugehörig einordnen kann.

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  3. In dem Punkt das Security am set durchaus zu selten vorhanden ist, kann ich voll und ganz zustimmen. Gerade wenn sündhaft teures Equipment vorhanden ist. Sollte dies eigentlich Standard sein! Oft wird die Security dann aber ehr für die Abschirmung von „VIPs“ genutzt…

    Allerdings sehe ich auch andere Entwicklungen die diese Entwicklung begünstigen… außer Corona.

    Es war noch nie so einfach wie in den letzten 3-5 Jahren sich high end equipment zu leihen. Ich erlebe immer wieder das gerade Studenten teilweise teuerstes equipment für umsonst oder mit 50% Rabat und mehr verliehen bekommen.
    Gleichzeitig ist die Arbeitsbelastung am set höher geworden, bei gleichzeitig schlechterer Bezahlung im Vergleich zu vor ca. 10 Jahren. Wodurch sich gerade im Kamera Bereich immer weniger bzw. viele jüngere Kameraleute kein eigenes Equipment mehr kaufen können oder wollen bzw. müssen. Das ganze führt in meinen Augen da zu, das viele auch keine wirklich bewusste Wertschätzung mehr haben für das was sie da teilweise benutzen um ihren Job zu machen.

    Hinzu kommt, und da bin ich mir sicher, das Leuten die ihr Equipment selber bezahlt haben, auch weniger geklaut wird. Einfach weil die instinktiv aus dem Augenwinkel mit drauf schauen. 😉

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    1. Sehr reflektiert, sehr angenehmer Kommentar. Die Wertschätzung ist auch nach meiner Meinung das Zauberwort. So unverbindlich nutzbar, da weniger Augenmerk auf Werte.

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  4. Goldstücke lassen grüßen.

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  5. * Mich wundert, dass solches Equipment einfach zugänglich ist am Set. Kann das nicht in einen LKW eingeschlossen werden, und nur das gerade benötigte Material wird rausgeholt?
    * Diebstahl-Versicherung würde sich evtl. lohnen
    * Zu den Hintergründen darf man natürlich nichts sagen

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  6. Vielleicht einfach mal den Teuersten Posten paar € weniger Zahlen und davon sich die Wachposten leisten.

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