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Der ARRI Orbiter unter der Lupe

Lichtbaukasten

Der modular aufgebaute ARRI Orbiter gilt als einer der innovativsten LED-Scheinwerfer, die derzeit auf dem Markt sind. Wir hatten die Gelegenheit, ihn für unsere Ausgabe 1–2.2022 einem ausführlichen Test zu unterziehen, bei dem unser Autor Herbert Bernstädt nicht nur die lichttechnischen Werte des Scheinwerfers nachgemessen hat, sondern auch mit Schraubenzieher und Sachverstand bis ins Innere des Geräts vorgedrungen ist.

LED-Scheinwerfer ARRI Orbiter
Foto: Herbert Bernstädt

ARRI ist für Kamera-Systeme genauso ein Begriff wie für Studioscheinwerfer. Beschäftigt man sich mit dem Orbiter-Konzept, dann drängen sich unweigerlich die Parallelen zur Kamerawelt auf: Bajonettverschluss für verschiedene Objektive und ein Gehäuse mit vielen mechanischen Aufnahmemöglichkeiten, zudem vollgepackt mit Sensoren. Der Orbiter versteht außerdem verschiedene Protokolle und nimmt auch eine Speicherkarte entgegen. Nur werden auf dem Halbleiter nicht Photonen eingefangen, sondern ausgesendet. Kurzum: Mit dem Orbiter hat ARRI einen ganz neuen Weg für Scheinwerfer eingeschlagen.

Bajonettsysteme und Datenübertragungen am Objektiv kennen wir von Kameras. Beinahe selbstredend, dass nach Anbringen der Optiken beim Orbiter keinerlei Spiel zu verzeichnen ist: sitzt einwandfrei und nichts wackelt. Aber der Anspruch eines ARRI Orbiter geht weit darüber hinaus. Die gelungene akkurate mechanische Anbindung an das Lampengehäuse ist eine Sache. Bei der Bajonettlösung, von ARRI Quick Lighting Mount / QLM genannt, werden auch elektrische Verbindungen zur Optik aufgebaut. So erkennt der Orbiter, mit welcher Optik er bestückt wurde. Zurzeit dimmt er das Licht auf null, wenn keine Optik

aufgesetzt ist, beim Aufsetzen geht er nach einer kurzen Wartezeit wieder an. Die Möglichkeiten dieser Schnittstelle werden damit aber noch nicht mal im Ansatz ausgenutzt: Man könnte sich auch motorisch verfahrbare Linsen in der Sekundäroptik vorstellen oder über die parallel am Steckverbinder an der Stirnseite anliegenden Signale die Torklappen eines Linsenvorsatzes fernsteuern. Alles Voraussetzungen für ein vollautomatisches Fernsehstudio also. Damit sind wir schon beim nächsten Highlight.

Grafik zu Farborten des ARRI Orbiter
Gamut Farbraum: Wählt man Weißlicht einer bestimmten Farbtemperatur im CCT-Mode, wird man mit einem sehr exakten Farbort an der Planckschen Kurve belohnt. (Foto: Herbert Bernstädt)

Helles Köpfchen

Herzstück des Orbiter ist eine RGBACL-LED-Engine, also eine Farbmischung aus Rot, Grün, Blau, Amber, Cyan und Lime-Farben, genannt ARRI Spectra. Wie wir wissen, ist mit einer Multifarb-LED-Engine nicht nur eine sehr hohe Farbwiedergabequalität möglich, sie erlaubt auch jede Farbtemperatur und Farbkorrektur wie Tint (Grün-Magenta-Verfärbung) und natürlich auch allgemein Farben innerhalb des verfügbaren Farbraumes. Dazu werden die 206 Farbchips in einer ausgeklügelten Position und Gewichtung auf der Platine angeordnet. Folglich ist die Lichtstrom-Differenz – von „5.600K CCT Weißlicht mit 15.000 Lumen“ zu „alle Direkt- LEDs an mit 15.700 Lumen“ nicht groß. Dass das gemischte CCT-Weiß mit 3.200K einen kleineren Lichtstrom aufweist, ist der Physik geschuldet. Er beträgt aber immerhin noch ungefähr stolze 12.000 Lumen.

Sicher hat man bei den Einzelfarben schon ein roteres Rot und ein blaueres Blau gesehen. Aber wie man am blauen Spektrum erkennen kann, sind dort noch schwache Rotanteile zu erkennen: Hier hat die Kalibrierung eingegriffen. Sie ermöglicht zwar einen konstanten Farbort, erkauft wird dies jedoch durch eine minimale Eingrenzung des Farbraumes. Aber bei ARRI kalibriert man nicht einfach auf einen Weißpunkt hin. Wenn man nur auf einen Punkt kalibriert, dann wird man immer weniger akkurat, je weiter man sich von diesem Punkt entfernt. Bei mehreren kalibrierten Farborten ist die Toleranz immer nur durch die Distanz zu den nächsten kalibrierten Farben beeinflusst. Deshalb erfolgt die Kalibrierung im Werk über fünf Tageslicht-, fünf Halogenlicht- und 14 weitere Farben. Markus Klüsener, Senior Product Manager bei ARRI: „Das gesamte System ist auf eine lange Lebenszeit und robust ausgelegt. Wir übersteuern die LEDs auch nicht. Es wird von einigen Herstellern mit der Angst der Kunden gespielt und suggeriert, dass man da nachkalibrieren muss und dass LEDs ja so schlimm altern. Wenn man seine Technologie von vornherein im Griff hat, dann besteht die Notwendigkeit einer späteren oder wiederholten Nachkalibrierung nicht.“

Das LED-Board wird in bewährter Manier zur Farbdurchmischung mittels eines sechsseitigen Spiegel-Kaleidoskops eingefasst, wobei die Spiegel leicht nach außen geneigt sind. Abgeschlossen und somit für die sekundäre Optik als eigentliche Lichtquelle wahrgenommen wird das Kaleidoskop mit einer Frostscheibe, so dass eine homogene Farbdurchmischung vorliegt.
Die Wärme der LED-Chips wird via Heatpipe an großflächige, dünne Bleche abgegeben. Die wiederum können ihre Wärme mit der Luft austauschen, wobei ein sehr großer Lüfter mit langsamer Drehzahl beinahe geräuschlos für einen schnelleren Luftstrom sorgt. Selbstverständlich ist der Lüfter geregelt und der Anwender kann den Lüfter auch über DMX ausschalten. Jedenfalls im Prinzip – bei unserem Testgerät hat er sich weitergedreht, auch wenn in der DMX-Tabelle Fan Off stand. Weitere DMX-Einstellungen sind volle Ge- schwindigkeit, womit er auch deutlich faucht, Quiet-Mode mit fester Geschwindigkeit oder geregelte Geschwindigkeit. Ohne DMX-Steuerung kann man im Menü nur zwischen den Modi High Color Rendering (der Lüfter ist auch in ruhiger Umgebung nicht wahrzunehmen), High Power (man hört ein tiefes Rauschen) und Low Noise umschalten, wobei der Low-Noise-Mode deutlich lauter ist als der High Color Rendering-Mode.

Das Innere des ARRI Orbiter
Der Mittelteil dient der Kühlung und ist wettertechnisch offen, während Front- und Rück-Sektion gegen Wasser abgekapselt sind. (Foto: Herbert Bernstädt)

Besser als IP20

Der Orbiter besteht aus drei Abschnitten, wobei der mittlere mit dem Kühlsystem von Regen durchdrungen werden kann. Bis auf den Lüfter und dessen Anschluss ist in dem mittleren Bereich mit Trägerblechen und als Seitenverbindungen zwei Strangguss-Profilen nichts Elektrisches. Die Verbindungskabel zwischen hinterer Sektion und der Frontkammer verlaufen innerhalb einer abgedichteten Röhre. Um das LED-Board ist die Treiberplatine angeordnet. Sie befindet sich in einem geschützten Frontbereich, der ebenfalls aus Aludruckguss besteht, die Bajonettaufnahme trägt und mit einer Gummisicke zur vorderen Trägerwand hin abgedichtet wird. Sehr elegant und servicefreundlich ist der elektrische Übergang von der Treiberplatine zur Front-Druckgussabdeckung realisiert. Hier werden die Spannungen und Ströme an das Objektiv weitergeben. Auf Steckverbinder wird verzichtet und mit einem aufwendigen, federbehafteten Kontaktsystem wird eine Verbindung geschaffen.

So kann man die Front abschrauben, ohne Gefahr zu laufen, irgendwelche Kabel zu ziehen oder beim Zusammenschrauben Kabel zu quetschen. Dort, wo man für den Service Kabel lösen muss, hat man aufwendige Wago-Klemmen oder gängige Steckverbinder eingesetzt. Das lässt jedem Servicetechniker das Herz höher schlagen und spricht für die Wertigkeit und Langlebigkeit des Produktes. In der hinteren Kammer befinden sich das Schaltnetzteil und die Steuerelektroniken beziehungsweise die Signalverarbeitung. Die Rückwand mit den nicht IP-geschützten Steckverbindern ist geschickterweise abgeschrägt, so dass die Steckverbinder leicht nach unten hin ausgerichtet sind.So tropft Regen nicht gleich in die Steckverbinder hinein, wenn der Orbiter waagerecht betrieben wird. Noch wetterfester ist man natürlich bei der Verwendung der optionalen Abdeckhaube, mit der die Schutzstufe IP 24 erreicht wird. [14991]

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