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Feedback via Satellit

Ausrüstung und Ideenfindung: Dreharbeiten auf der Nordost-Passage (1/2)

Kameramann Tim B. Frank segelte für zwei abendfüllende Dokumentationen nach China und durch die Nordost-Passage. Welche Technik er einsetzte und wie er es schaffte, neue Ideen zu finden, erzählt er im Interview aus dem Film & TV Kameramann Ausgabe 3/2016.

 

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Der Hamburger Tim B. Frank, 32 Jahre, wurde von einer chinesische Sportagentur als Kameramann für zwei lange Dokumentationen gebucht. Zunächst drehte er auf dem Renn-Trimaran „Qingdao“ unter dem chinesischen Skipper Guo Chuan die erste Durchquerung der Nordost-Passage unter Segeln. Im Oktober 2016 ging der Segler beim Versuch, den Pazifik allein in Rekordzeit zu überqueren, über Bord. Sein Boot wurde rasch enttdeckt, Chuan konnte jedoch nicht aufgefunden werden.

Das zweite Projekt folgte den Spuren des Admirals Zheng He, der vor 600 Jahren die größte Segelflotte bauen ließ, die je die Weltmeere befuhr. Bei beiden Dokumentationen führte der Brite Stewart Binns Regie – auf der Segelpassage virtuell via Satellit, beim zweiten Projekt dann in persönlichem Austausch mit dem Kameramann.

Tim B. Frank bestand vor dem Abitur die Aufnahmeprüfung für die Medienakademie Hamburg und begann direkt nach der Schule mit einem Kamerastudium. Zusammen mit einem Kommilitonen gründete er die Produktionsfirma Blackbird Productions und arbeitete für Kunden wie Gruner+Jahr und Random House.

Tim, wie sind Sie an dieses für einen deutschen Kameramann ungewöhnliche Projekt geraten?

Der Kontakt kam über den Regattasegler Boris Herrmann zustande, der bei der Nordostpassage als Crewmitglied auf der „Qingdao“ war. Ich war schon vorher mit ihm im Gespräch über einige Projekte gewesen. Er hat mich dann gefragt, ob er mich als Kameramann für diese nächste Reise vorschlagen soll. Das interessierte mich sehr, und ich habe ihn gebeten, das auf alle Fälle zu tun. Ich habe mich dann zuerst recht informell per E-Mail beworben.

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Arbeit auf engstem Raum, mit kleinstem Team: Kameramann Tim B. Frank (Mitte) und Segler Guo Chuan (rechts).

Danach hatte ich ein Skype-Interview mit der Projektmanagerin Lingling Liu, wo es hauptsächlich um meine bisherigen Arbeiten ging. Ich habe den Job letztlich bekommen, weil ich Erfahrung bei einem Dreh auf einem Segelschiff im Eismeer hatte, im Winter in Norwegen. Das war ihnen ziemlich wichtig. Regisseur Stewart Binns, dem meine technischen Fähigkeiten gefielen, hat ebenfalls zugestimmt, und so bin ich an dieses Projekt gekommen.

Wie wurden die Dreharbeiten finanziert?

Damit diese Dokumentationen überhaupt in diesem großen Umfang stattfinden können, gab es einen Sponsor nur für die Medienarbeit. Das ist eine Agentur, die sich zum Ziel gesetzt hat, chinesische Sportler zu fördern. Es ist ja allein ein ziemlicher Aufwand, meine Arbeit – zweieinhalb Monate Vollzeit als Kameramann – zu bezahlen. Darüber hinaus gibt es Blue – screen-Aufnahmen, Re-Enactment, 3D-Animationen und auch der Regisseur hat natürlich sein Honorar.

Welche Verwertung ist vorgesehen?

Hauptsächlich sollen die Filme im chinesischen Fernsehen ausgestrahlt werden, aber auch möglicherweise auf dem internationalen Markt. Es soll auch noch ein Zusammenschnitt der Teile als Kinofassung geben. Soweit ich weiß, soll die Auswertung im chinesischen Fernsehen kostenfrei angeboten werden. Es ist ja letztlich schon alles finanziert.

Was würde wohl geschehen, wenn man mit einer sponsorenfinanzierten, kostenfreien Dokumentation beim deutschen Fernsehen anklopft? Gesendet würde so ein Stück doch wohl kaum.

Der große chinesische Sender CCTV gehört ebenfalls zu den Sponsoren. Die stellen einen Sendeplatz. Das war von Anfang an so geplant.

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Sechs Wochen auf See: Technische Ausfälle müssen hier schon mal selbst gelötet werden.

Mit welcher Ausrüstung haben Sie gedreht?

Als „große“ Kamera hatte ich die Sony PXW-FS7 dabei, dazu mehrere Objektive, darunter Weitwinkeloptik und Zoomobjektiv. Auf dem Schiff waren noch mehrere GoPro- Kameras mit diversen Mounts zum Schrauben, Kleben oder Kletten dabei. Außerdem hatte ich noch eine wasserfeste Kamera, einen kleinen Sony-Handheld-Camcorder, zusätzlich verpackt in einer wasserdichten Hülle.

Damit konnte ich „nasse“ Motive drehen, wenn ich eine gute Qualität ohne die Fisheye-Optik der GoPro-Kameras haben wollte. Damit konnte ich auch drahtlos einen vernünftigen Ton aufzeichnen, das ist ja sonst bei wasserdichten Kameras oft ein Problem. Es war auch noch eine Drohne an Bord, eine DJI-Inspire 1, aber die haben wir während des Drehs verloren.

Wie kam es dazu?

Das war an einem richtig schönen Flautentag, wo wir dachten „Wenn wir fliegen, dann jetzt!“ Ich habe also die Drohne gestartet, und kaum war sie in der Luft, ist sie wie verrückt mit Höchstgeschwindigkeit in alle möglichen Richtungen gesaust – hoch, runter, links, rechts. Ich hatte richtige Probleme, sie über Wasser zu halten und musste teilweise Maximalausschläge fliegen, um sie überhaupt retten zu können, aber letztlich ließ sie sich beim besten Willen nicht landen. Sie war ja mit gut 80 km/h unterwegs.

Irgendwann hat dann der Skipper gesagt: „Flieg sie ins Segel, dann ist sie zwar kaputt, aber dann haben wir sie wenigstens an Bord.“ Das habe ich dann auch gemacht, sie ist ins Segel gekracht, hat sich dabei in etliche Teile zerlegt, ist dann auf das Netz zwischen den Rümpfen und von da ins Wasser gefallen. Das einzige, was von der Drohne an Bord geblieben ist, war die Kamera und ein zerstörter Akku.

Woran hat diese Fehlfunktion gelegen?

Ich habe herausgefunden, das es mit großer Wahrscheinlichkeit am Magnetfeld der Erde liegt. Die Drohne hat einen Drei-Wege-Kompass. Den braucht sie zur Bestimmung der Position. In den meisten Teilen der Erde laufen die Magnetlinien parallel zur Oberfläche, aber in der Nähe der Pole gehen sie schräg oder fast senkrecht in den Boden hinein. Deshalb bekommt die Drohne in den hohen Breiten widersprüchliche Daten. Der Lagesensor sagt, sie fliegt gerade, der Kompass sagt, sie liegt schräg. Damit kommt sie nicht zurecht und beginnt, diese unkontrollierten Bewegungen zu machen.

Wenn man bei Dreharbeiten auf so einem Trimaran über Wochen hinweg auf einem räumlich doch eingeschränkten Platz dreht, gehen einem da nicht manchmal die Ideen aus?

Das ist tatsächlich so. Man hockt sieben Tage die Woche 24 Stunden am Tag zusammen, und es passiert häufig gar nichts. Es gab also das Problem, dass mir manchmal die Bilder fehlten oder ich einfach nichts zu tun hatte. Das ist insbesondere dann schwierig, wenn man jeden Tag Material hochladen muss, weil jeden zweiten Tag ein Film geschnitten werden soll, der ja nicht nur 30 Sekunden lang sein kann. Ich musste also liefern. Es gab aber Tage, an denen ist wirklich nichts passiert, zum Beispiel bei einer Flaute. Da sitzt die Crew nur herum, und ich musste mir dann etwas ausdenken.

Das Cover des Handbuchs für die FS7 von Ulrich Mors
Tim B. Franks Hauptkamera war die Sony PXW-FS7.

Teilweise habe ich einfach angefangen, „Kunst“ zu machen – nennen wir es einmal so – also versucht, irgendwelche Teile vom Schiff besonders schön abzufilmen, mit unterschiedlichen Kameraperspektiven, Focus Pulls oder Tiefenunschärfen.

Solche Sachen waren teilweise wirklich notwendig. Es sind mir also aus der Not Ideen gekommen. Dadurch, dass ich den Druck hatte, täglich Bilder zu machen, habe ich so lange nachgedacht, bis mir etwas eingefallen ist. Hätte es diesen Druck nicht gegeben, hätte ich wahrscheinlich auch deutlich weniger Material.

Das hätte im Schnitt vielleicht ein Problem werden können. Als ich nach der Rückkehr meine Fotos durchgegangen bin, habe ich übrigens festgestellt, dass es doch recht viele Ereignisse gab – mehr als es in der Situation selbst schien. Wenn man 24 Stunden an Bord bist, fühlt sich das nach einer Weile unglaublich langweilig an, aber am Ende des Tages habe ich dann doch meistens 45 Minuten Material gedreht.

Hier gibt es bei uns den zweiten Teil der Reise durch die Nordost-Passage mit Tim B. Frank.

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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Solche Artikel, so quasi einen Bericht “über den Rücken eines Kameramannes bei der Arbeit” zu schreiben sind einfach Klasse.
    Bitte mehr davon.
    Weil man viel Interessante Details erfährt und davon auch noch inspiiert wird.
    Ihr könntet ja all diese Berichte zusammen fassen und als PDF (oder Bildband) zum downloaden anbieten, natürlich erst dann, wenn auch “einen Haufen Erlebnisse” zusammen gekommen sind 😉

    Also, liebe Journis, weiter so……

    Auf diesen Kommentar antworten
    1. Herzlichen Dank für das Lob! Tatsächlich arbeiten wir gerade daran, noch dieses Jahr erste PDFs als Download anzubieten. Das sind einerseits die Stories über Produktionen, aber auch tiefer gehendes Fachwissen. Wir sagen Bescheid, wenn es erste Ergebnisse gibt!
      Eine Frage in die Runde: Was ist denn in PDF-Form noch interessant?

      Auf diesen Kommentar antworten
  2. Also, was schon lange überfällig ist – natürlich aus meiner Perspektive – sind Berichte, wie Kameraleute ihren Auftrag als DoP umsetzen.

    Z.B.
    Sitzt der DoP zusammen mit dem Director und ev. dem Storyboard-Zeichner zusammen, um die einzelnen Takes, anhand des Drehbuches, zu illustrieren oder wird mehr oder weniger am Set entschieden, wie man eine Szene umsetzt?

    Solche und andere spezifischen Fragen brennen bei mir unter den Fingernägel, und sehr wahrscheinlich auch viele andere Interessierte.

    Es wäre also spannend zu lesen, wie diese Kameraleute arbeiten, wie sie sich auf das Thema vorbereiten (wenn überhaupt) und warum sie sich auf die eine oder anderen Art der Inszenierung entschieden haben.

    Vielleicht könnt ihr mal so ne Serie ins Leben rufen……als PDF 😉

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