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Wir stellen die Preisträger des 31. Deutschen Kamerapreises vor (10)

Auf Knien in Augenhöhe – Philip Henze

Unsere Reihe mit den Gewinnern beim 31. Deutschen endet mit Philip Henze, der mit einem Preis für Kamera im Bereich Nachwuchs ausgezeichnet wurde.

Philip Henze am Set von "Tala'vision"
Foto: privat

Philip Henze wurde 1993 bei Frankfurt am Main geboren. Nach dem Schulabschluss sammelte er erste Erfahrungen im Kameradepartment von Kino-, TV- und Werbefilmproduktionen. Während eines Praktikums in Berlin lernte Philip Henze den Regisseur Murad Abu-Eisheh kennen, dessen Projekte er bis heute bildgestalterisch umsetzt. Gemeinsam drehten sie 2014 ihren ersten Kurzfilm in Jordanien, mit dem sich beide erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg bewarben. Ab 2015 studierte Philip Henze dort Bildgestaltung/ Kamera. Für seinen Abschlussfilm „Tala’vision“ (2021) erhielt Philip Henze 2020 beim First Steps Award den Michael-Ballhaus-Preis. Darüber hinaus gewann „Tala’vision“ (2021) beim Festival Max Ophüls Preis sowohl den Jury- als auch den Publikumspreis in der Kategorie „Mittellanger Film“.

Wir unterhalten uns ja gerade nach einem langen Tag am Set, danke, dass das klappt! Woran arbeitest du denn gerade?
Ich drehe gerade drei Folgen der 8. Staffel von „Druck“ für ZDFneo und Funk. Die Regie macht Shirel Peleg, die ich auch schon von Ludwigsburg her kenne, mit Kids, sehr schnell sehr, sehr viel am Tag, aber es macht Spaß!

Wie viele Minuten schafft ihr denn pro Tag?
Eine Folge hat 20 Minuten und ich glaube, letztens hatten wir sogar einen Tag mit 10 Minuten, aber das Pensum liegt meist so zwischen fünf und zehn Minuten. Auch die Postproduktion ist superschnell und dann geht es direkt auf YouTube. „Druck“ hat hauptsächlich ein sehr junges Publikum, von 16 Jahren bis zu den Abi-Jahrgängen, und die schauen sich das alle auf dem Handy an.

Worauf achtest du besonders, wenn du für Smartphones als Endgerät drehst?
Letztens kam eine Mail mit Feedback zu den Mustern von den Produzenten. Alles gut, alles schick, aber wir müssten bei den Totalen mehr aufpassen, denn das Format wird auf einem sehr kleinen Bildschirm angesehen. Da muss man sehr genau darauf achten, dass man die wichtigen Informationen so bringt, dass sie auch auf einem Handyscreen wahrzunehmen sind. Auf der großen Leinwand kann man natürlich viel schöner und besser die Kleinigkeiten erzählen, die drumherum passieren, aber bei einer Webserie muss man schon näher am Geschehen sein, damit die Zuschauer auch alles mitbekommen. Bei einem kleinen Format kommt es wirklich auf die Nähe an, damit sich die Informationen, die man braucht, auch vermitteln.

Hast du an deiner Buchungslage gemerkt, dass du den deutschen Kamerapreis gewonnen hast?
Sagen wir so: nicht direkt. Natürlich war es ja auch noch ein Coronajahr und die Preisverleihung war eine Online-Veranstaltung, bei der es keine Möglichkeit gab, sich noch weiter zu vernetzen. Es war wirklich cool, was sie sich auch mit dem Roadmovie für die Online-Verleihung ausgedacht haben, aber aber es war halt nicht die möglich, darüber hinaus noch irgendetwas anderes zu machen.

Filmstill aus "Tala'vision"
Der Dreh mit einer sehr jungen Hauptdarstellerin erforderte große Flexibilität bei der Kameraarbeit. (Foto: Philip Henze)

Du bist für deine Kameraarbeit bei „Tala’vision“ ausgezeichnet worden. Was war das für ein Film und wie kamst du zu diesem Projekt?
„Tala’vision“ war eigentlich als Drittjahresfilm an der Filmakademie Baden-Württemberg geplant. Den Regisseur Murad Abu-Eisheh kenne ich schon seit 2013. Damals war ich Praktikant in einer Filmproduktionsfirma in Berlin, die viel Autowerbung gemacht hat, und da habe ich Murad kennengelernt. Wir haben uns direkt angefreundet und wir hatten, glaube ich, die gleiche Neugierde und Lust etwas zu erzählen.

Murad kommt aus Jordanien, er hat mich dann nach dem Praktikum nach Jordanien eingeladen und ich habe mir das Land angeschaut, wahnsinnig faszinierend und wunderschön. Ungefähr ein halbes Jahr später wollte er für seinen Bachelor an der deutsch-jordanischen Universität in Amman einen Film drehen und hat mich gefragt, ob ich Lust hätte, Kamera zu machen. Wir haben dann diesen Film gedreht, in der Wüste, und als er fertig war, hat der Film mir es ermöglicht, an die Filmakademie in Ludwigsburg zu kommen. Ein Jahr später, als ich dann da war, habe ich im Murad gesagt, probier‘s doch mal, komm vorbei! Er hat sich dann mit dem gleichen Film beworben und wurde glücklicherweise aufgenommen!

Die Idee für das Skript zu „Tala’vision“ hatte Murad schon sehr lange und immer weiter verfeinert und als sein Drittjahresprojekt wurden dann Produzenten darauf aufmerksam. So ist das Projekt als sein Drittjahresfilm entstanden. Für war es dann mein erstes Diplom, als Kurzfilm.

Das ist ein Film mit einer Hauptdarstellerin, die neun Jahre alt ist und in jedem Frame vorkommt. Wie bist du das angegangen?
Ich hatte vorher schon mit Teenagern vorher gedreht und wusste, dass mit Kindern zu arbeiten eine wahnsinnige Flexibilität fordert, dass man nicht Einstellung nach Einstel- lung machen und alles so perfekt leuchten kann, wie man es gerne hätte. Deswegen war der Ansatz, zu versuchen, in Szenen einen Rahmen und ein Grundkonzept zu schaffen, das es der Schauspielerin erlaubt, quasi frei zu sein. Deswegen haben wir von außen geleuchtet, so dass wir am Set gar keine Lampen mehr hatten und wenn, dann nur Practicals. So habe ich auch mein des Kamera-Setup gewählt, dass ich mich frei bewegen konnte. Wir haben Beats abgesteckt, ich wusste, was ich für den Plot erzählen musste und in diesem Rahmen konnten wir uns frei bewegen.

Wie hat sich hat sich dieses Konzept auf die Wahl deiner Technik ausgewirkt?
Wir hatten das Glück, dass wir relativ gut finanziert waren und zusätzlich eine Förderung bekommen haben. Der größte Technikverleih in Jordanien, der ansonsten das Licht für Hollywood-Filme stellt, die dorthin kommen, um in der Wüste zu drehen, die haben die größten Einheiten und haben uns netterweise die Technik gesponsert. Dadurch konnte ich schön große Einheiten benutzen, um von außen zu leuchten und genug Licht für innen zu haben. Lustigerweise, aber, das habe ich erst später erfahren, war unser Oberbeleuchter Hosni al Baqa vor unserem Dreh Oberbeleuchter bei „Dune“– ein supernetter Typ und es war wirklich spannend, in einer Umgebung zu drehen, die sehr erfahren ist mit Hollywoodproduktionen!

Wir hatten also ordentlich Power, um nach innen leuchten zu können. Andererseits habe ich aber auch gewusst, dass zum Beispiel hinten im Flur nicht mehr viel ankommt. Deswegen war die Überlegung, mit einer Sony VENICE, die wir relativ neu an der Filmakademie hatten, zu drehen. Die hatte ich zuvor noch nicht eingesetzt, aber genau deswegen wollte ich sie mal ausprobieren, mit der Dual Naive ISO. Das ist halt sehr praktisch, in dunkleren Szenen einfach die ISO umzustellen. Ich finde das echt erstaunlich.

Es gibt eine Szene, wo Aesha, die Hauptdarstellerin, im Auto sitzt. Es ist nachts und sie ist panisch, weil sie und ihr Vater fliehen müssen. Sie hat ihre Augen ganz weit offen und dadurch, dass wir relativ dunkel gedreht haben, aber die ISO gepusht und mit Cooke S4 offenblendig gedreht haben, hat man gesehen, dass ihre Pupillen ganz weit offen waren. Und das funktioniert nur mit so einer ISO, denn wenn wir mehr geleuchtet hätten, wären ihre Pupillen viel kleiner gewesen. Man sieht das ganz deutlich und ich finde es total erstaunlich und richtig, richtig schön.

Andererseits hatte ich aber auch die Möglichkeit, mit dem Rialto-Rig den Sensorblock abzunehmen und den Kamerabody irgendwo in die Ecke zu stellen. Aesha wirkt im Film etwas größer, aber in Wirklichkeit ist sie klein, sie reicht mir ungefähr bis zum Bauch. Deswegen bin ich die meiste Zeit des Films auf den Knien auf dem Boden herumgerutscht und hatte den kleinen Sensorblock mit dem Objektiv, dem Kompendium und einem Monitor in der Hand, um eben diese Bewegungen machen und ihr folgen zu können. Das war super. [15124]

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