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Dolby-Curriculum zu Visual Storytelling in HDR

Mehr Spielraum

Dolby hat zusammen mit DoP Matthias Bolliger ein Online-Curriculum zum Thema „Visual Storytelling in HDR“ herausgebracht. In dem kostenlosen Kurs erklärt Bolliger, warum HDR mehr Möglichkeiten für das visuelle Storytelling bietet. Außerdem konnten wir für unser Heft 7-8.2025 bei einer Vor-Ort-Präsentation an der Filmakademie Ludwigsburg dabei sein und in Erfahrung bringen, an welchen Stellen HDR in der Industrie immer noch missverstanden wird.

Matthias Bolliger am Set
Foto: Matthias Bolliger

Mit HDR sind drei Buchstaben längst zum Qualitätssiegel moderner Fernsehgeräte aufgestiegen, denn sie stehen für hohe Bildqualität als Standard moderner TV-Geräte. In der Praxis begegnet das den meisten Menschen beim Kauf im Elektronik-Discounter, in Form von grellen Farben, extremer Helligkeit, satten Kontrasten. Doch HDR ist mehr als ein Verkaufsargument. Was also macht HDR im Kern aus und wie funktioniert es in der Praxis?

Dies mag eine Frage sein, die sich den Endverbrauchern selten stellt, aber für diejenigen, die in der Produktion der Inhalte tätig sind, die später über jene Monitore laufen, ziemlich wichtig ist. Um mit den zahlreichen Mythen rund um HDR aufzuräumen, Kameraleuten die Vorteile näherzubringen und sie für die kreativen Möglichkeiten zu sensibilisieren, hat sich DoP Matthias Bolliger gemeinsam mit Dolby daran gemacht, ein Online-Curriculum zu entwickeln. Nach Registrierung auf der Dolby-Learning-Plattform ist der Kurs kostenfrei als E-Learning buchbar. Interaktiv und mit zahlreichen Praxisbeispielen vermittelt Bolliger in englischer Sprache die Vorteile von HDR und vor allem, wie sich der Look gezielt in den kreativen Schaffensprozess integrieren lässt.

Beginnen wir ganz vorne und beschäftigen uns zunächst einmal mit dem Status quo. Wofür steht HDR ganz genau? Ein Großteil der Inhalte, die wir heute konsumieren, wird uns ja in SDR präsentiert, also in Standard Dynamic Range. Das entspricht in den technischen Spezifikationen Rec. 709, dem standardisierten Farbraum für HDTV. Zeitgemäß ist der jedoch eigentlich nicht mehr, denn schließlich wurde er mit Blick auf Röhrenfernseher als Ausgabegerät entwickelt. Zwar gelten CRT-Bildschirme bis heute als farblich präzise, doch im Vergleich zu heutigen LCD-, OLED- oder Mini-LED-Geräten sind sie beim Farb- und Helligkeitsumfang klar unterlegen. Moderne Displays können SDR-Inhalte ohne Weiteres wiedergeben, wenn auch nicht ohne Einschränkungen, auf die wir später noch eingehen werden.

Trotz dieser technischen Fortschritte bei den Monitoren produzieren viele Anbieter weiterhin in SDR. Die großen Streamingplattformen wie Netflix oder Prime Video sind hier ausgenommen. Vermutlich liegt das vor allem an der nach wie vor weit verbreiteten Unsicherheit im Umgang mit den neuen Standards. Dabei ist HDR keineswegs ein neues Phänomen. Die Technologie von High Dynamic Range wurde bereits vor rund zehn Jahren eingeführt und umfasst mehrere Standards. Im Vergleich zu SDR bietet HDR vor allem einen deutlich erweiterten Dynamikumfang und einen erheblich größeren Farbraum. Gamma und Gamut spielen hier auf einem ganz anderen Niveau.

DoP Matthias Bolliger
DoP Matthias Bolliger (Foto: Kasper Fuglsang)

Warum HDR?

Für DoP Matthias Bolliger geht es bei der Beschäftigung mit HDR um die grundlegende Frage nach Sinn und Zweck dieser Technologie. Sind die knallbunten Blumenwiesen im Elektronikmarkt das wirkliche Ziel? Lohnt sich der Mehraufwand in der Postproduktion? Oder sind das gar nicht die Fragen, die man sich stellen muss?

Der technologische Nutzen von HDR liegt auf der Hand, denn die modernen Displays mit ihrem erweiterten Farb- und Kontrastumfang schreien förmlich nach Inhalten, die dieses Potenzial ausschöpfen – und nur denjenigen, die mit HDR arbeiten, kann es gelingen, die technischen Möglichkeiten auch gestalterisch zu nutzen. Aber es sind eben nur Möglichkeiten, keine Pflichten. Denn aus bildgestalterischer Sicht bedeutet HDR im Vergleich zu SDR vor allem mehr kreative Freiheit. Die entsteht interessanterweise durch mehr Kontrolle über das Endprodukt.

Vor- und Nachteile

Standard-SDR-Bilder waren für eine Maximalhelligkeit im Display von 100 Nits gedacht, was das Maximum bei damaligen CRT-Monitoren darstellte. Zur Erinnerung: 1 nit ist identisch mit einer Leuchtdichte von einem Candela pro m². Wenn ein aktueller Screen, der meistens 500 Nits und mehr ausstrahlen kann, dieses Material anzeigt, dann wird dieses Material in der Darstellung gleichsam auseinandergezogen, worüber man als DoP keinerlei Einfluss hat. Man kann am Set und beim Grading so schön gestalten wie man will: Am Ende fehlt die Kontrolle über das Bild, das in den Wohnzimmern ankommt.

Beim HDR-Bild sieht das anders aus. Zwar existiert nicht nur ein Standard, aber dennoch ist hier die Vorgehensweise einheitlich eine grundsätzlich andere. Denn das Material wird in der Farbkorrektur auf einen Maximalpegel gemastert, der bei den meisten Produktionen aufgrund der technischen Eigenschaften der meisten Bildschirme eine Maximalhelligkeit von 1.000 Nits hat. Theoretisch möglich wären sogar 10.000 Nits. Bei einer Produktion mit 1.000-Nit-Mastering arbeitet man also mit absoluten Werten und kann somit dafür sorgen, dass beispielsweise eine dunkel angelegte Szene auch wirklich dunkel bleibt, wenn sie schließlich über den Monitor geht.

Trotzdem begegnet HDR immer noch hartnäckigen Vorurteilen, was auch mit der bereits beklagten Präsentation von Blumenwiesen im Fachmarkt zu tun hat. Für DoP Bolliger liegen die Vorteile weit jenseits davon, denn grundsätzlich lassen sich in HDR-Aufnahmen durch den höheren Farb- und Kontrastumfang wesentlich feinere Abstufungen darstellen. Es wird also subtiler, nicht greller.

Ein ursprünglicher Szenenkontrast und die Wiedergabe in P3-D65 sowie Rec. 709 im Vergleich
Ein ursprünglicher Szenenkontrast und die Wiedergabe in P3-D65 sowie Rec. 709 im Vergleich (Foto: Matthias Bolliger)

Vor allem helle Bildbereiche profitieren vom zusätzlichen Spielraum. So ist es gut möglich, diese Bereiche mit Zeichnung im Bild strahlen zu lassen. Spitzlichter können nicht nur ihre Zeichnung behalten, sondern können sogar in gesättigten Farben erstrahlen, ganz im Gegensatz zum ungesättigten Weiß bei SDR. Sind Fenster mit Blick in die helle Natur im Bild, strahlt es in der Wiedergabe der Aufnahme ähnlich stark wie im echten Leben. Allerdings ist genau das einer der bildgestalterischen Kernprobleme, die bereits beim Dreh bedacht sein sollten: Helle Spitzlichter, wie auf stark reflektierenden Gegenständen oder Fenstern ziehen die Blicke stärker auf sich, da sie nicht wie im SDR einfach nur hell auslaufen, sondern die Augen vor dem Screen regelrecht anstrahlen. Bei der Bildgestaltung sollte man also dafür sorgen, dass solche Partien nicht zu sehr ablenken. Dafür ist es für DoP Matthias Bolliger unumgänglich, das Bild bereits vor Ort entsprechend einschätzen zu lernen. Er hat für sich persönlich die Erfahrung gemacht, dass er um bis zu zwei ganzen Blendenstufen anders belichtet, um die Dynamik einer Szene in HDR wiederzugeben.

Eine häufig vorgebrachte Kritik weist darauf hin, dass es aufwendiger sei, in HDR aufzunehmen. Allerdings ist mittlerweile fast jedes Kameramodell technisch in der Lage dazu. Selbst die Mehrzahl der DSLM-Kamera bis hinunter zum iPhone bieten das Feature, mit entsprechend großen Farbräumen mit großem Kontrast aufzeichnen zu können. Konkret läuft das meistens auf ein Log-Format in Kombination mit mindestens einem 10-bit-4:2:2.-Codec oder RAW-Aufnahmen hinaus.

Missverständnisse

Einer der größten Irrglauben ist, dass HDR beinahe automatisch mit großer Helligkeit und großer Sättigung gleichgesetzt wird. Diese Fehleinschätzung ist selbst bei technisch gebildetem Fachpersonal verbreitet, wie DoP Matthias Bolliger an einem persönlich erlebten Beispiel erläuterte. Nach der technischen Prüfung in einer großen deutschen Sendeanstalt wurde die Produktion, die im vereinbarten HDR gegradet war, wieder zurückgeschickt. Die Rückmeldung dazu: Es sei ein 1.000-Nit-Master bestellt, jedoch seien maximal 600 Nit verwendet worden. 400 Nits verschwendet!

Bolliger ordnete für uns ein, wie er üblicherweise im Schaffensprozess vorgeht: Zunächst sollte man nämlich auf Basis des visuellen Konzepts die maximalen kreativen Spitzwerte festlegen. So kann man, obwohl ein Film auf 1.000 Nits gemastert wird, durchaus eine eigene kreative Grenze etwa mit 600 Nit als Maximum als Spitzlichter festlegen. Außerdem soll ein Film, der in dunklen Innenräumen spielt, auch dunkel aussehen. [15567]


Möchtest du mehr über den HDR-Workshop erfahren? Hier geht es zu unserer Ausgabe 7–8.2025!


 

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