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Die Coloristin Biggi Klier gradet seit über 25 Jahren Werbefilme

Erst muss die Basis stimmen

Lichtbestimmung am Filmabtaster, analoge Farbkorrektur, digitales Grading: Coloristin Biggi Klier hat all diese Phasen mitgemacht. Seit über 25 Jahren gibt sie medialen Produktionen den letzten Schliff in Sachen Farbe. Spezialisiert hat sie sich auf Werbung. Sie verriet uns in unserer Ausgabe 1–2.2021, wie sich die Arbeit über die Jahre geändert hat, warum die kurze Form besonders anspruchsvoll ist und wie stark sie manchmal die Regieanweisungen interpretieren muss.

Ob Werbung oder szenischer Film: Es muss alles perfekt sein. Das gilt natürlich für das Make-up, die Darsteller, das Licht, die Auflösung und die Ausstattung. Das ist schon hart beim heutigen Pensum szenischer Produktionen. Dass das in der kurzen Drehzeit, die für Werbefilme möglich ist, auch nicht ganz einfach ist, mag mancher Kinomacher gar nicht glauben. Nicht selten beneiden szeni- sche Produktionen den Werbefilm um dessen finanzielle Ausstattung. Umgekehrt neiden die Werbemacher den Langfilmern ihre Zeit und die Möglichkeit, in die Tiefe zu gehen. Beide jedoch haben eines gemeinsam. Ob 30 Sekunden oder 90 Minuten, was am Set entstanden ist, landet irgendwann auf dem Schneidetisch, am Compositing-Platz und in der Grading-Suite.

Vom Stoff zum Film

Wer seine Werbe-Projekte in Hamburg graden lässt, hat gute Chancen, irgendwann einmal neben Biggi Klier in besagter Grading-Suite zu sitzen. Die Bayerin kam eher durch Zufall zur Farbkorrektur. „Ich wollte eigentlich eine Modedesign-Karriere einschlagen, aber habe die Aufnahmeprüfung nicht bestanden“, so Klier. Ein halbes Jahrmusste sie warten. Ihr damaliger Lebensgefährte war Editor bei ARRI. Also fing sie zur Überbrückung an, dort in der Postproduktion zu jobben. „Was da alles in der Telecine gemacht wurde – das fand ich faszinierend!“ Es kam, wie es kommen musste. Sie bestand die Aufnahmeprüfung, trat aber ihren Platz ab und bewarb sich bei ARRI. Eine Ausbildung in der Richtung gab es damals dort nicht. „Da musste man hartnäckig sein“, erinnert sich Biggi Klier. Sie durchlief verschiedene Stationen im Hause ARRI und assistierte schließlich in der Farbkorrektur, die damals Anfang der 1990er Jahre noch sehr überschaubar in ihren Möglichkeiten war – und vor allem analog. Doch Übungsmaterial gab es reichlich. „Jeden Morgen stand da eine Riesenmenge an entwickeltem Negativ in großen Rollen vor der Tür, die für den Schneideraum möglichst schnell auf Tape überspielt werden musste“, so Klier. Szenischer Film und Werbung fand alles in einem Haus statt. Klier machte Rushes, bis die ersten Regisseure und DoPs anfragten, ob sie das nächste Grading übernehmen wollte. Rund zwei Jahre lief das so, dann arbeitete sie ab 1997 freiberuflich als Coloristin. Sie verantwortete Demos auf den Messen in Amsterdam und Las Vegas und in Workshops für Pandora’s Pogle, ihre damalige Grading-Plattform. 2001 kam sie nach Hamburg, mittlerweile als Senior Coloristin.

Viel Licht, wenig Farbe, dennoch eine Herausforderung: Samsung QLED „Einbrennen“

In dieser Zeit durchlebte sie alle technologischen Veränderungen. Von den anfänglichen Pandora-Lösungen für analogen Film über die hybriden Formen bis zur volldigitalen, nonlinearen Arbeit von heute. „Unser Beruf ändert sich dauernd, das finde ich super“, so Biggi Klier. „Es gibt nie einen Moment, wo du sagst, jetzt bin ich angekommen! Diese Herausforderung, sich immer weiter zu bilden, mag ich sehr gerne.“ Das erste digitale Grading auf einem Kodak Cineon machte sie Mitte der 1990er bei einem Musikvideoprojekt für C&A. Den Spot „Power“ mit dem Song „Believer“ von Marla Glen gradete sie für Regisseur Roman Kuhn. Erst später in den 2000ern setzten sich Lösungen wie Autodesk Lustre durch. Heute, sagt Biggi Klier, sei es nicht wichtig, ob jemand auf Baselight oder DaVinci Resolve arbeitet: „Die Software ist zweitrangig, der Artist, der davor sitzt, zählt.“

Zwei Stunden zum Probieren

Den Werbeschwerpunkt wählte sie früh. Schon in der Zeit bei ARRI spezialisierte sie sich klar auf Werbefilme. „Ich mag diesen Spirit, diese Aufregung, den Zeitdruck“, sagt Klier. „Du hast ja nicht ewig Zeit. Dir muss ja schnell etwas einfallen und zwar etwas Tolles.“

Für gewöhnlich hat sie einen Tag für das Grading eines Werbespots. Biggi Klier kommt dann gerne zwei Stunden vor Regie und Kunden, um ein Gefühl für das Material zu bekommen. Das ist in den meisten Fällen bereits inhouse vorbereitet worden, sie kann also ein bisschen Ausprobieren. Dabei geht sie strategisch vor. „Ich versuche, erst eine Totale zu finden, in der alles drin ist, was den Film ausmacht“, so die Coloristin. „Und dann suche ich noch zwei, drei nähere Einstellungen, die Anschluss haben sollen.“ Diese wenigen Bilder gradet sie vor, damit sie schon etwas zeigen kann, wenn Regie und Kunde eintreffen. Dabei geht Biggi Klier in die Extreme, damit auch ein Unterschied zum Avid-Playout zu sehen ist und weil so die „richtige“ Look-Richtung schneller erkennbar wird als bei zu geringen Unterschieden in den vorgeschlagenen Versionen. [13959]


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