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Warum noch niemand 12K braucht – und wann die URSA Cine 12K LF trotzdem punktet

Pixelpower (2)

Was bringt ein 12K-Sensor in der Praxis? Im zweiten Teil unseres Tests zur URSA Cine 12K LF analysiert DoP Frank Glencairn, wie die Kamera ihre Auflösung für Flexibilität in der Postproduktion nutzt – und wo sie in Sachen Handling, Stromversorgung, Optiken und Workflow ihre Stärken und Schwächen zeigt.

URSA 12K LF

Der RGBW-Sensor der Blackmagic URSA Cine 12K LF überzeugt nicht nur durch seine hohe Auflösung, sondern bietet auch große Flexibilität bei Bildgrößen, Skalierung und Seitenverhältnissen. Das liegt an der 6×6-RGBW-Anordnung, die es erlaubt, den gesamten Sensor für verschiedene Auflösungen zu nutzen, ohne auf Cropping oder Line-Skipping zurückzugreifen. Stattdessen skaliert die URSA bereits auf Sensorebene herunter, mit beeindruckenden Ergebnissen.

Bei voller 12K-Auflösung (12K 3:2 Open Gate) liefert der Sensor ein riesiges 98,8-Megapixel-Bild mit einem Seitenverhältnis von 1,5:1 für maximale Postproduktionsfreiheit. Bei 8K gruppiert die Kamera die Sensel in 2×2-Blöcken, summiert ihre Werte und liefert 8.192 × 5.360 Pixel (8K 3:2), immer noch mit dem vollen Sichtfeld des 36 × 24 mm Sensors. Bei 4K (4.096 × 2.680 Pixel, ebenfalls 3:2) werden 3×3-Blöcke gebildet – eine saubere, artefaktfreie Skalierung, die weder Aliasing noch Moiré zulässt, dank eines optischen Tiefpassfilters (OLPF) und intelligenter Signalverarbeitung.

Das ist ein großer Unterschied zu Kameras wie der RED V-Raptor, die bei niedrigeren Auflösungen den Sensor beschneiden, oder der Sony Venice, die zwar heruntersampeln kann, aber nicht die RAW-Flexibilität über alle Modi hinweg beibehält.

Neben den 3:2-Optionen bietet die URSA auch kinofreundliche Seitenverhältnisse wie 2,4:1. Hier skaliert sie beispielsweise auf 12K 2,4:1 (12.288 × 5.120 Pixel), 8K 2,4:1 (8.192 × 3.413 Pixel) oder 4K 2,4:1 (4.096 × 1.706 Pixel), wobei die volle Sensorbreite genutzt wird und nur die Höhe angepasst wird.

Für Super-35 gibt es einen Crop-Modus von ungefähr 24 × 16 mm, der bis zu 300 fps bei 4K unterstützt. Das ist gut geeignet für Highspeed-Action, ohne die Bandbreite eines Vollformat-12K-Clips zu sprengen. Besonders angenehm: Der Wechsel zwischen diesen Modi ist extrem einfach, ohne Neustart oder Objektivanpassung – einfach im Menü auswählen, und fertig.

Anamorphotische Möglichkeiten

Wo der RGBW-Sensor der URSA Cine 12K LF richtig glänzt, ist die anamorphotische Aufnahme. Dank des großen 36 × 24 mm Sensors und der flexiblen Skalierung unterstützt die URSA eine breite Palette an De-Squeeze-Verhältnissen: 1,3x, 1,5x, 1,6x, 1,8x und 2x – alles direkt in der Kamera anzeigbar auf den beiden 5-Zoll-HDR-Bildschirmen. Anamorphotische Objektive wie die Atlas Orion, Cooke Anamorphic oder Panavision C-Serie nutzen also das volle Potenzial des Sensors.

Bei 12K 3:2 Open Gate (12.288 × 8.040) kann man mit einer 2x-Anamorph-Linse drehen und ein effektives 24.576 × 8.040 Pixel-Bild erhalten – das entspricht einem gestreckten 3:1-Seitenverhältnis, das nach dem De-Squeeze ein ultrabreites 6:1-Feld ergibt. In der Praxis wird das Bild auf 12K 2,4:1 (12.288 × 5.120) heruntergerechnet, um Speicherplatz zu sparen, aber die volle Sensorhöhe bleibt nutzbar, was für anamorphotische Looks entscheidend ist.

Bei 8K (8.192 × 5.360) oder 4K (4.096 × 2.680) skaliert der Sensor ähnlich, wobei die De-Squeeze-Optionen erhalten bleiben. Das ist ideal für Projekte, die den Breitbild-Charme wollen, ohne in der Datenflut von 12K zu ertrinken. Die Bildraten bleiben dabei beeindruckend. Sie liegen bei 80 fps in 12K 2,4:1 mit 2x De-Squeeze oder 144 fps in 8K

URSA 12K LF.

Power für die Zukunft

Ein weiteres wichtiges Feature der URSA Cine 12K LF ist ihre standardmäßige Ausstattung mit einer B-Mount-Akkuplatte. Das ist ein relativ neuer Standard, der speziell für die Anforderungen moderner High-End-Kameras wie dieser entwickelt wurde.

Der B-Mount, ursprünglich von ARRI und Bebob für die ALEXA 35 eingeführt, arbeitet mit 26-V-Hochspannungsakkus und bietet gegenüber den weitverbreiteten 14,4-V-V-Mount- oder Gold-Mount-Systemen einige entscheidende Vorteile.

Für meine Tests hatte ich zwei Bebob B155 Akkus mit passendem Bebob Dual Ladegerät zur Verfügung. Beides hat sich bestens für die Stromversorgung der URSA Cine 12K LF bewährt. Mit größeren, temperaturstabileren Kontaktstiften und einer Kapazität für Dauerlasten von bis zu 20 Ampere im Vergleich zu 8–13,5 A bei V-Mount liefert der B-Mount die nötige Power, um den 12K-Sensor, die 8TB-SSD, zwei 1.500 cd/m² Bildschirme, WLAN, den 10GbE-Port der URSA, den EVF und jede Menge weiteres Zubehör zu versorgen.

Die Bebob Akkus haben neben dem üblichen D-Tap noch einen USB-C-Anschluss, den man zusätzlich für allerlei Kamerazubehör nutzen kann oder auch einfach als Handyladegerät – und ja, ich bin einer von denen, die schon seit Jahren ihre Kamera-Akkus als gratis Powerbank im Urlaub missbrauchen. Einer der BEBOP 155-Wh-B-Mount-Akkus hält bei 12K-RAW-Aufnahmen mit 8:1-Kompression bei ständigem Betrieb ohne Pause etwa 1,5 Stunden durch. Schaltet man die Kamera zwischen Takes aus, streckt sich die Laufzeit auf durchschnittlich 2–2,5 Stunden, wie Praxistests zeigen.

Bei 25 Prozent Restladung blinkt die Akkuanzeige rot und nach etwa 1 Stunde und 36 Minuten Nonstop-Dreh sagt die URSA „Gute Nacht“. Das Material bleibt aber sicher gespeichert. Für höhere Bildraten wie etwa 224 fps in 8K 2,4:1 oder beim Betrieb von Zubehör über Fischer- und Lemo-Anschlüsse kommt man an diesen 26-V-Akkus nicht vorbei.

Glas unter Druck

Mit seiner nativen Auflösung von 12.288 × 8.040 Pixeln und der Fähigkeit, feinste Details bei 16 Blenden Dynamikumfang einzufangen, verzeiht der Sensor der URSA Cine 12K keine mittelklassigen Optiken. Schwächen wie chromatische Aberrationen, Randunschärfe oder Vignettierung werden gnadenlos offengelegt, besonders bei offener Blende oder in kontrastreichen Szenen.

Die URSA kommt mit einem wechselbaren Mount (PL standardmäßig, EF und LPL optional), was Flexibilität bietet, aber auch eine kluge Wahl erfordert. Hochwertige Cine-Objektive wie die Tokina Vista Primes, ARRI Signatures oder ZEISS Supremes sind ideal, da sie den großen Bildkreis des Vollformatsensors abdecken und eine Auflösung liefern, die für 12K geeignet ist. Zum Testen hatte ich die exzellenten Tokina Vista Primes, die den Sensor spielend abdecken und außerdem je nach Brennweite bis zu 300 Linienpaare auflösen und sich somit für LF-Sensoren hervorragend eignen.

Budget-Filmer haben es mit der URSA Cine 12K schwieriger. Ältere EF-Linsen wie etwa das Canon 50 mm f/1.8 mögen funktionieren, aber bei 12K zeigen sie oft ihre Grenzen. Wer in 4K oder 8K skaliert, kommt damit vielleicht zurecht, doch für native 12K-Aufnahmen oder VFX sind moderne, hochauflösende Optiken Pflicht.

URSA 12K LF
Proprietäre Lösung: der 8-TB-Einschub für die Datenaufzeichnung (Foto: Blackmagic Design)

Speichermedien

Blackmagic hat nicht nur die Kamera und den Sensor neu gedacht, sondern auch das Speicherkonzept, wovon ich anfangs etwas überrascht war. Im Gegensatz zu früheren Modellen setzt Blackmagic bei der URSA Cine 12K mit einem 8-TB-Einschub auf ein proprietäres Speichermodul, das pro Stück 1.975 Euro kostet. Eines dieser Module ist jedoch im Kamerapreis enthalten. Effektiv bekommt man also entweder die 8 TB also umsonst – oder der Kamerabody selbst ohne Speicher kostet knapp 2.000 € weniger.

Doch selbst zusätzliche Module schneiden im Marktvergleich günstig ab. Bei Blackmagic liegen die Kosten bei rund 246 Euro pro Terabyte. Zum Vergleich: Sony AXS-Medien kosten über 4.000 Euro pro Terabyte, ARRI Codex-Drives etwa 2.249 Euro und RED Mini-Mags rund 3.332 Euro pro Terabyte. Selbst handelsübliche CFast-Karten bewegen sich je nach Hersteller im Bereich von 600 bis 1.300 Euro pro Terabyte.

Das Blackmagic-Speichermodul ist technisch auf dem neuesten Stand: Es handelt sich um ein kompaktes RAID5-Array mit einer Schreibgeschwindigkeit von bis zu 4 GB/s, was auch für längere Takes in höchster Auflösung reicht. Die Einheit ist robust gekühlt und intern über 16 PCIe-Lanes angebunden. Zum Auslesen bietet Blackmagic optional ein sogenanntes Media Dock an, das bis zu drei Module gleichzeitig verarbeiten kann und 2.315 Euro kostet. Für kleinere Produktionen wäre allerdings auch eine einfachere Einzel-Dock-Lösung wünschenswert.

Fazit

Keine Kamera ist die berühmte eierlegende Wollmilchsau. Auch die Blackmagic URSA Cine 12K bringt trotz ihres RGBW-Sensors und beeindruckender Spezifikationen Kompromisse mit sich, die eine Kauf- oder Rental-Entscheidung beeinflussen können.

Zunächst einmal enthält das 6×6-Raster des RGBW-Sensors zur Hälfte weiße Fotoelemente, was die Lichtempfindlichkeit und den Dynamikumfang erhöht. Gleichzeitig führt es aber zu einer geringeren Farbauflösung im Vergleich zu klassischen Bayer-Sensoren. Blackmagic kompensiert das durch ausgefeilte Algorithmen, auch bei Anforderungen wie Greenscreen-Drehs, bei denen präzise Farbinformationen besonders wichtig sind. Die Verarbeitung dieses komplexen Sensordesigns erfordert jedoch eine erhebliche Rechenleistung. Das führt zu höherem Energieverbrauch und Wärmeentwicklung, weshalb ausreichend Akkukapazität und ein verlässliches Strommanagement essenziell sind.

Der maximale Stromverbrauch liegt bei etwa 90 Watt. Eine 150-Wh-V-Mount-Batterie liefert unter Volllast rund 1,5 Stunden Betriebszeit. Zum Vergleich: Eine ARRI ALEXA Mini LF kommt auf rund 65 Watt, die Sony FX6 sogar nur auf etwa 40 Watt. Auch beim Gewicht zeigt sich, dass die Kamera nicht auf maximale Mobilität ausgelegt ist: Mit rund 2,4 Kilogramm inklusive Monitoren und ND-Filtern erfordert sie robuste Gimbal-Systeme wie Movi Pro oder Ronin 2 und belastbare Stativ- oder Jib-Setups.

Was die Objektivkompatibilität betrifft, bietet das wechselbare Mount-System mit PL serienmäßig, EF und LPL optional, eine gute Flexibilität. Um die 12K-Auflösung aber voll auszureizen, sind hochwertige, hochauflösende Optiken unerlässlich. Die integrierten ND-Filter decken zwar die gängigen Stufen von 2, 4 und 6 Blenden ab, ein stufenloses System wie es Sony bietet, steht jedoch nicht zur Verfügung.

Beim Ton zeigt sich die URSA Cine 12K verbessert gegenüber früheren Blackmagic-Modellen. Zwei XLR-Eingänge mit 48-V-Phantomspeisung sind vorhanden und die Vorverstärker liefern solide Ergebnisse. Dennoch empfiehlt es sich, für anspruchsvollere Setups einen externen Fieldmixer vorzuschalten. Funkstrecken lassen sich problemlos direkt anschließen.

Der Blackmagic-RAW-Codec entfaltet sein volles Potenzial vor allem im Zusammenspiel mit DaVinci Resolve. Zwar gibt es Plugins für andere Schnittsysteme wie Premiere Pro und Final Cut Pro X, doch die reibungsloseste Verarbeitung gelingt innerhalb des Blackmagic-Ökosystems. Das robuste Magnesiumgehäuse bietet eine stabile Basis für den Einsatz unter verschiedenen Bedingungen, allerdings fehlt eine IP-Zertifizierung. Für Regen oder besonders anspruchsvolle Umgebungen ist zusätzlicher Wetterschutz Pflicht.

Insgesamt hat die URSA Cine 12K LF das Zeug, auch bei internationalen Spielfilmproduktionen mitzuspielen. Ihre Bildqualität, Robustheit, Features und Preis-Leistungs-Verhältnis sind beeindruckend. Allerdings ist unsere Branche extrem konservativ, und der Satz „Niemand wurde je gefeuert, weil er eine ARRI gemietet hat“ gilt häufig immer noch. Ob Blackmagic Design diese Mauer einreißen kann? Ich denke, mit der URSA Cine 12K LF haben sie jetzt ein echtes Argument. [15559]

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