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Animatronics bei Märchendreh

Rabe Abraxas aus “Die kleine Hexe” wird lebendig

Wenn fantastische Wesen zum Leben erweckt werden müssen, denkt man dabei mittlerweile in erster Linie an CGI. Nicht selten wird dabei aber nicht ausschließlich der Computer genutzt. Die Kristallfüchse in “Star Wars – Die letzten Jedi” nutzen genauso Animatronics wie “Die Kleine Hexe”, der am 1. Februar in den Kinos startete. VFX-Supervisor Nils Engler und DoP Matthias Fleischer erzählten Gisela Wehrl, wie der Rabe Abraxas, bester Freund der kleinen Hexe, lebendig wurde.

Karoline Herfurth probt mit Puppenspieler Robert Tygner (Bild: Walter Wehner)

Von 3D hin zur Puppe

Nils Engler übernahm bereits bei mehreren Produktionen von Claussen & Putz die Funktion des VFX-Supervisors, aktuell dreht er für die Produktionsfirma in Österreich die Komödie “Kalte Füße”. Bereits bei “Die Vampirschwestern” drehte er den Blutegel Karlheinz in unterschiedlichen Formen, u.a. als motorisiertes Animatronic. Engler war schon sehr früh in „Die Kleine Hexe“ involviert und ging fast zwei Jahre von einem vollends digital animierten Raben aus.

Im Dezember 2015, gut ein dreiviertel Jahr vor Drehbeginn, setzten sich Regisseur Mike Schaerer und DoP Matthias Fleischer an die erste Auflösung. “Als wir das durchgerechnet haben, war klar, dass wir im Leben nicht bezahlen können, Alles digital zu machen. Sonst wäre der Rabe nur noch zur Hälfte vorgekommen”, sagt Fleischer: “Abraxas ist aber ein essentieller Partner für die kleine Hexe. Den kann man nicht einfach zusammenstreichen, weil man ihn sich nicht leisten kann.”

Der Puppenbau

Das Team entschied sich dafür, den Raben als Puppe bauen zu lassen, und kam dafür auf die schwedische Firma Fixas. “Wir haben bei mehreren internationalen Firmen angefragt und Fixas macht das einfach sehr gut.” Vor allem schätzt Engler deren Offenheit, weil sie von Anfang an klar benannten, was solch eine Rabenpuppe nicht kann: z.B. die Flügel auffalten – mit den Schultern war allenfalls ein kleines Schulterzucken möglich – und die Gummibeine können nicht in die Hocke gehen.

“Trotzdem konnte der Animatronic-Rabe erstaunlich viel.” Insgesamt 20 verschiedene Bewegungen ließen sich ferngesteuert realisieren. Dieses Animatronic kam vor allem dann zum Einsatz, wenn Abraxas auf der Stelle stand und aus der Nähe gefilmt wurde. Wenn Mobilität gefragt war oder die Schauspieler einfach nur einen gefiederten “Spielpartner” außerhalb des Bildes brauchten, kam eine Stab-Puppe zum Einsatz.

Großaufnahmen vom Raben oder größere Bewegungen, wurden als CGI gelöst. “Schon als ich die erste Latexpuppe ohne Federn gesehen habe, eine Art Frankensteinartiges Geschöpf, ist für mich alle Last abgefallen”, sagt Fleischer: “Die Figur des Raben hat durch Rob Tygners geniales Spiel mit der Puppe eine Seele bekommen. Das war ein großes Geschenk für den Film.”

Zuvor musste das Team aber erstmal die Rabengröße festlegen. Mit Hilfe eines Character Designers entstand ein 3D-Modell vom Raben im Rechner im Verhältnis zu Hauptdarstellerin Karoline Herfurth. “Unser Abraxas ist mit 36 Zentimeter tendenziell etwas kleiner als ein echter Rabe, die zum Teil bis zu 60 Zentimeter hoch werden können. Er wäre im Vergleich zu Karolines Gesicht sonst zu groß geworden”, sagt Enger.

Dieses grobe Modell bekam dann Puppenbauer Niklas Hermansson von Fixas. Im ganzen Entstehungsprozess bekam das Team um Fleischer und Engler immer wieder Videos mit den Fortschritten. “Plötzlich konnte er Rosinen picken oder sich an die Schulter von Niklas schmiegen”, sagt Fleischer. Animatronic- und Stabpuppe waren am Ende 60 Zentimeter lang, der Körper bestand jeweils aus Fiberglas, auf den verschiedene Schaumstoffe aufgetragen wurden.

Mit dem Animatronic-Raben, ließen sich Insgesamt 20 verschiedene Bewegungen realisieren.

Die oberste Schicht war ein Netz, in dessen feine Maschen viele tausend echte Federn eingewoben wurden. “Das war eine Mischung aus Federn von Raben, Krähen, Straußen und anderen Vögeln”, sagt Niklas Hermansson. “Wir wollten keinen echten Vogel töten, um einen künstlichen Vogel zu bauen. Deshalb mussten wir alles nehmen, was andere Vögel verloren hatten. Synthetische Federn kamen nicht in Frage, weil sie unecht aussehen.”

Software-Entwicklung

Parallel zu Drehvorbereitung und Rabenbau begann das VFX-Team ab Mai 2016 die Arbeit an der Federn-Software. “Im Prinzip sind Federn das viele kleine Haare, aus denen sich die Federn zusammensetzen”, beschreibt Engler die Herausforderung dabei: “Das abzubilden bedeutet sehr viel Rechenleistung.” Daher floss in die Software viel Vorarbeit – “damit wir später nicht mit dem ersten Versuch leben müssen”.

Für alle Beteiligten bedeute das viel Geduld, sagt Engler: “Diese Arbeit ist jedes Mal ein ziemlicher Blindflug. Und jedes Projekt sieht am Anfang zunächst katastrophal aus. Aber die Produzenten Jakob Claussen und Uli Putz bringen uns immer Vertrauen entgegen.”

Regisseur Mike Schaerer hatte den Charakter des Raben für seine Crew bereits auf zwei Seiten festgehalten. Nun drückte auch die Puppe der Figur ihren Stempel auf. “Die Puppe war sehr haptisch und liebevoll mit vielen Imperfektionen gestaltet, so dass der Rabe manchmal wie ein gerupftes Huhn aussah.” Schaerer hatte sich “Freakfedern” gewünscht, die Puppenbauer Hermansson als eine Art Halskrause befestigte. In diese Federn floss dann auch für das digitale Äquivalent viel Vorbereitungszeit.

Am Set

Schauspieler Axel Prahl hatte den Text des Raben bereits vor dem Dreh eingesprochen. Dabei hielten Kameras auch seine Mimik und Gestik aus mehreren Blickwinkeln fest. “Das körperliche Spiel, das Axel Prahl uns bei den Aufnahmen bot, diente dem Puppenspieler später als Basis und Inspiration”, sagt Schaerer. Puppenspieler Tygner hatte bereits bei “Der kleine Horrorladen” gearbeitet und hat den Regisseur und seinen DoP am Set schnell begeistert.

Neben dem Animatronic-Raben, gab es auch eine Stabpuppe.
Neben dem Animatronic-Raben, gab es auch eine Stabpuppe. (Bild: WalterWeher.com)

“Mike und ich sahen schnell, dass wir einen Großteil der Shots mit der Puppe erhalten wollen”, sagt Fleischer, der generell versucht, so viel als möglich “in-camera” zu lösen. Er weiß aber auch, dass dies die Arbeit des VFX-Teams nochmal erschwerte. “Die CGI mussten sich dem hemdsärmeligen, zerzausten Raben vom Set anpassen. Nils hat da sehr viel zusätzliche Arbeit reingesteckt!” Bei “Die Kleine Hexe” gibt es auch keine Hybride. “Entweder wir sehen komplett den 3D-Raben oder komplett die jeweilige Puppe”, sagt Engler.

Insgesamt waren knapp 40 Leute an der VFX-Produktion beteiligt. Neben Green- und BlueScreen-Aufnahmen, u.a., wenn die kleine Hexe fliegt, gab es noch zahlreiche Retuschen. 250 Shots bearbeitete das Team um Engler, knapp 90 betrafen den Raben: “Aber was die Entwicklungsarbeit angeht, nahm die Federsimulation etwa 75 Prozent ein.” Anschließend an die Postproduktion sprach Axel Prahl nochmal im ADR ein.

Matthias Fleischer ist von dem Gesamtergebnis begeistert: “Durch das Animatronic bekommt die Rabenfigur einen etwas tattrigen Effekt, als Stabpuppe ist sie wiederum sehr organisch-menschelnd, der CGI-Rabe zeigt ein differenziertes Spiel. Das funktioniert herausragend gut und gerade die Kinder akzeptieren ihn in seiner ganzen Dreieinigkeit!”

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