DIT Christian Saure unterstützt DoP Thomas W. Kiennast bei der Sky-Serie „Die Ibiza-Affäre“
Performance trifft Kunst
von Timo Landsiedel,
Der Digital Imaging Technician ist heute von keinem digital aufzeichnenden Set mehr wegzudenken.Wie kein zweites Berufsfeld hat sich dieses in den letzten Jahren gewandelt. DIT Christian Saure arbeitet seit „Drei Tage in Quiberon“ mit Thomas W. Kiennast zusammen. Er hat in unserem Heft 1–2.2022 über ihre Kommunikation bei der Arbeit berichtet und erklärt, warum Performance so wichtig ist und wie er Freiräume für die Kunst schafft.
Die Sonne steht tief. Über der kurzen Landebahn auf dem Flugzeugträger flimmert die Luft. Soeben ist ein F14-Kampfjet gelandet. Die Cockpit-Abdeckung gleitet nach oben. Am Rumpf sind die Callsigns der beiden Insassen lesbar, Waffensystemoffizier „Goose“ und Pilot „Maverick“. Und da grinst auch schon Tom Cruise sein breitestes 1980er-Mainstream-Grinsen und schwenkt seinen Helm über dem Kopf. Diese Vorstellungen gingen vermutlich auch Christian Saure durch den Kopf als er sich als Schüler sein Berufsleben ausmalte. Dabei träumte er nicht etwa von US-Filmsets. Saure ging nach dem Abitur 2008 direkt zur Bundeswehr und wollte Pilot werden. Er kam tatsächlich unter die letzten acht Bewerber zur Jetpiloten-Laufbahn – aber nicht weiter. Was ihm am Job gefiel, war die hohe Verantwortung, mehre Dinge gleichzeitig zu machen und ein gewisser Druck. „Aber du hast am Ende des Tages das Gefühl, etwas bewegt zu haben“, so Christian Saure.
Weiterbildung
Damit ist eine Arbeit am Set einer Großproduktion auch nicht schlecht umrissen. Das schien auch seine Schwester gesehen zu haben. Die begann gerade ein Produktionsstudium und gab ihm den Anstoß zu einem Kamerastudium. Er fotografierte damals schon gern, fing während der Auf- nahmeprüfung Feuer und studierte ab 2010 Kamera an der Medienakademie. Zwei Jahre blieb er dort, machte mehrere Projekte, unter anderem auch Kooperationen mit Hamburg Media School. Bei seinem Abschlussfilm „Wunschkind“ 2012 erlitt sein Projekt einen Datencrash. Glücklicherweise konnte das Ma-terial aus dem Backup wieder hergestellt werden. „Aber da habe ich das erste Mal gedacht: Mensch, der digitale Work- flow – das muss doch sicherer gehen“, so Christian Saure. Sprachs und setzte sich daran, den digitalen Workflow der Akademieprojekte zu optimieren.
Nach dem Studium sammelte Saure erst einmal mehr Erfahrung im Kamerametier. Über Stationen beim Ludwig Kameraverleih in Hamburg kam er ans Set seines ersten Films und war Kameratrainee unter DoP Benoît Delhomme beim Hamburger Dreh von „A Most Wanted Man“ von Anton Corbijn. Hier fiel ihm erstmals die Rolle des Digital Imaging Technician auf. Danach drehte er viel Werbung als Kameraassistent, oft mit Kameraassistent Martin Bethge und DoP Bjørn Haneld. Während dieser Zeit begann er, sich intensiv mit digitalen Workflows und Datensicherung zu beschäftigen. „Wie kann man das sicherer machen? Was gibt es für Programme am Markt? Was für Hardware? Wie kann ich das schnell so umsetzen, dass die Kameraleute so schnell wie möglich ihre Muster sehen – und dabei schon alles gesichert ist“, so Saure. Er besuchte Workshops, Online-Seminare, kam von 14-Stunden-Drehs und paukte noch zwei Stunden Codecs, Prüfsummen und Containerformate. Er begann, bei seinen Jobs auch Datenmanagement anzubieten, was besonders bei den DoPs gut ankam. Dazu gehörte Transkodierung, Erstellen einer Basis-LUT und Beratung zum eingesetzten Equipment. Es dauerte ein knappes Jahr und Christian Saure kommunizierte an die auftraggebenden Produktionen: „Ihr könnt mich jetzt nur noch als DIT buchen!“ Das war 2014.
Abgrenzung Berufsbild
Es fing mit einem kleinen Pelicase mit Laptop an. Mittlerweile rückt DIT Saure mit eigenem schwarzen Offroad-Sprinter voller Technik an. Vieles eignete sich Saure vor allem durch den Austausch mit Kameraleuten, Schnittassistenten und Coloristinnen an. Er hatte viel Einblick in die Postproduktionsworkflows und entwickelte den Anspruch, das Material so weit vorzubereiten, dass sich Posthäuser viel Arbeit sparen und auf die kreative Arbeit konzentrieren können. „Das heißt zum Beispiel bei größeren Produktionen: Was braucht die VFX-Abteilung, während geschnitten wird, schon einmal vorab, um zu wissen, was gemacht werden soll?“ Er begann früh bis dato lineare Prozesse aufzusplitten, damit es parallele Arbeitsschritte geben konnte, die Zeit sparen. „Irgendwann hieß es: ,Saure? Der ist teuer, aber gut!‘ Denn irgendwann fand ich den Mut, dafür auch mehr Geld zu nehmen“, erinnert sich der DIT.
Das Berufsbild wandelte sich weiter über die Jahre, vor allem getrieben durch die fortlaufende, technologische Entwicklung. Christian Saure befürchtet, dass immer noch zu wenige in der Branche überhaupt den Unterschied von Data Wrangler und DIT kennen. „Data Wrangler bedeutet halt nicht, dass du einen Praktikanten dahinsetzt, der einmal am Tag eine Festplatte kopiert“, so Saure. „Dazu gehört schon ein Qualitycheck.“
Es gibt Zweite Kameraassistenten, die den Kopiervorgang am Werbeset auch machen können. Ein Qualitätscheck findet da aber nicht statt. Daher ist es empfehlenswert, dass eine Position am Set dafür geschaffen wird, die sich explizit nur um diese Aufgaben kümmert, vor allem, wenn die Produktionsweise einen schnellen und verlässlichen Workflow erfordert. Oft ist es im DACH-Raum so, dass der DIT die Wrangling-Aufgaben übernimmt. Ganz anders in den USA. „Dort sind die beiden Aufgaben immer getrennt“, so Christian Saure. „Der DIT macht hier am Set ein simples Live Grading. Da kommt das Livebild von der Kamera zu ihm und er gibt das dann erst an den Videooperator weiter.“ Dort kümmert sich der DIT nur um die Farben, LUT-Verteilung und die Kalibrierung der Monitore. „Das kann bei einem DoP, der schon sehr genau weiß, was er will, eine sehr stumpfe Arbeit sein.“ Hierzulande sieht das anders aus. Die Aufgaben des DITs im deutschsprachigen Bereich sind laut Saures Erfahrung mehr auf das Data Handling und die Qualitätskontrolle gerichtet als auf das Livegrading. Unterschätzt wird aber meist die intensive Vorbereitungszeit. [14993]