Anzeige
Anzeige
Die Verleihung in neuer Location

Ausgezeichnete Qualität beim Deutschen Kamerapreis

Am 10. Mai wurde zum 29. Mal der Deutsche Kamerapreis verliehen. Wenn auch nicht wie geplant eingebettet in die Photokina, so zeigte die Gala einmal mehr das hohe Niveau der deutschsprachigen Produktionen. Wir waren für unsere Heftausgabe 07-08/2019 vor Ort.

Preisträger, Moderator und Laudatoren des Deutschen Kamerapreises
Foto: WDR/Thomas Brill

Der Kölner nennt sie die „Schäl Sick“, die „falsche Seite“ des Rheins. Von den WDR-Studios in Bocklemünd, vertrautem Boden für Kameraleute und Kamerapreis, zog es die Gala in diesem Jahr in den Tanzbrunnen auf eben jene „falsche“ Seite. Was passend ist, ist doch der Ort vor den Kameras auch ungewohnt für viele der Protagonisten der Verleihung. Auch der Termin am Freitagabend, 10. Mai, war neu, ursprünglich als Anbindung an die dann doch abgesagte Photokina geplant. Unter dem seit Jahren im Kuratorium präsenten WDR-Kamerachef Walter Demonte als neuen Geschäftsführer hielten sich die Neuerungen aber in angenehmen Grenzen. Trotz eines deutlich größeren Saals behielten die Organisatoren das Konzept der beiden präsent vor der Bühne aufgebauten Dollyteams bei, inklusive deren auch im Zusammenschnitt der Aufzeichnung beibehaltenen Bildpräsenz. Erstmals führte Moderator Marco Schreyl durch die Veranstaltung, seine Moderation hatte Zug, was für den Ablauf der Aufzeichnung gut war. Dem ein oder anderen Moment hätte sicher noch ein wenig Verweilen gut getan, wie bei der höchst passenden Anmerkung von Nachwuchspreisträgerin Natascha Vavrina, dass sie und Nachwuchskollegin Johanna Sofia Kausch die einzigen Frauen waren, die ausgezeichnet wurden. Hier wäre eine Nachfrage bei Jurypräsidentin Barbara Hennings schön gewesen, wie viele weibliche Einreichungen es gegeben hat.

IKONOGRAPHISCHES ERBE
Die Verleihung begann mit der Kategorie Kamera Fernsehfilm/Serie. Laudator Franz Dinda überreichte die Trophäe an David Luther für seine Arbeit an der Sky-Serie „Das Boot“. Das war in mehrfacher Hinsicht ein historisch aufgeladener Auftakt. Einerseits folgt Luther mit dem eingeschlagenen Weg dem seines Vater Igor Luther, selbst Kameramann („Der Joker“, 1987), was nie ganz einfach ist. Zum anderen gehört Jost Vacanos Kamera im inspirationsstiftenden Kinofilm von 1981 seit knapp 40 Jahren fest zur Ikonographie des deutschen Kinos. Was sicher auch nicht einfach war. Die Jury bescheinigt dem DoP in ihrer Begründung jedoch Gelingen: „David Luther gelingt es scheinbar mühelos, in die Fußstapfen der ikonographischen Bildgestaltung Jost Vacanos […] zu treten. […] Im harmonischen Zusammenspiel von Kameraführung und Lichtgestaltung entwickelt Luther damit eine eigenständige, souveräne und moderne Bildsprache, die das Original respektvoll würdigt und gleichzeitig eigene Akzente setzt, um eine zeitgemäße Neuinterpretation und konsequente Weiterführung der Geschichte zu präsentieren.“ Es ging weiter mit der Kategorie Journalistische Kurzformate. Drei höchst unterschiedliche Sendungen rangen um die Auszeichung, am Ende war Thomas Wittmann der glückliche Gewinner, für seine Kameraarbeit des Beitrags „Die hohe Küche – Hündeleskopfhütte“ aus der Reihe „Wir in Bayern“ des BR. Laudatorin war die Protagonistin des Beitrags, die Hüttenwirtin Silvia Beyer, die Wittmanns Gelassenheit betonte, die jedoch nicht ins Unaufmerksame abgleitet, wie uns die Jury erläutert: „Thomas Wittmann findet die Schönheit im Alltäglichen. Seine konsequente Inszenierung und ausdrucksstarke Bildgestaltung verhilft dem Film zu einer intensiven und vielschichtigen Erzählung. Dabei ist Wittmanns Lichtsetzung zwar unaufdringlich, schafft und verstärkt jedoch die Stimmungen, die der Kameramann einfühlsam erspürt.“ Der folgende Preisträgerfilm hat bereits eine eindrucksvolle Preisgeschichte hinter sich. Im letzten Jahr gewann er in Cannes, im Frühjahr war „Capernaum“ von Regisseurin Nadine Labaki für den Oscar als Bester Fremdsprachiger Film nominiert. Das lag sicherlich auch an der eindringlich-schönen Kameraarbeit von DoP Christopher Aoun, wir berichteten in Ausgabe 4/2019. Der libanesischstämmige Aoun nahm den Preis für die Kategorie Kamera Kinospielfilm aus den Händen vom ebenfalls in Beirut geborenen Kida Khodr Ramadan („4 Blocks“) entgegen. „Wir Libanesen sind stolz, dass wir diesen Film haben“, sagte Ramadan und erklärte, er habe durch Aouns Augen seine Heimat und deren Menschen wieder gesehen. Aoun war gerührt, dass sein Laudator als Libanese den Film liebte, denn „Capernaum“ betrachtet das Land, in dem er spielt, durchaus kritisch. Der DoP erklärt, dass es sein Ansinnen war, das ganze Technische zu vergessen und alles für die Menschen, die vor der Kamera stehen, zu geben. Das spürt man, wie auch die Jury formuliert: „Die Vielfalt der Kameramittel ist dabei in keiner Szene beliebig. Vielmehr besticht „Capernaum“ durch seine sorgfältige Komposition – dieser Film ist auch unter ästhetischen Gesichtspunkten ein Juwel […]. Man spürt den Respekt und die Liebe des Kameramanns zu den Figuren, man spürt das Vertrauen, das die Darsteller ihm entgegengebracht haben, seine soziale Kompetenz […]. Ein einzigartiges, ein intensives Werk, auch dank Christopher Aouns Kameraarbeit.“

Ehrenpreis für Neuenfels Junior
Foto: WDR/Thomas Brill

EHRENPREIS FÜR BENEDICT NEUENFELS
Ein auf ganz andere Weise intensives Werk ist die RBB-Reihe „Berlin putzt“. In der Kategorie Dokumentation erhielt Thomas Lütz den Deutschen Kamerapreis für seine Arbeit. Sein Regisseur und Laudator Jan Tenhaven fühlte sich eigenen Aussagen nach wie ein Koch, der mit tollen Zutaten beschenkt wurde, deren Zubereitung er jetzt nicht „versemmeln“ darf. „Großes Kino unter Reportagebedingungen“ habe er erzeugt, seinen Protagonisten ein bisschen Glamour verliehen. Tenhaven selbst überreichte die Trophäe jedoch gar nicht. Das übernahm für ihn eine der Protagonistinnen der Reihe, die Kehrwagenfahrerin Peggy Hamadeh, die den Kern von Lütz’ Arbeit betonte: „Wir konnten alle wir selber sein.“ Das sah auch die Jury so: „Thomas Lütz bewegt sich immer auf Augenhöhe mit den Protagonisten. Mit seiner ruhigen Reportage-Kamera – ohne aufwändiges Licht – führt er uns mitten ins Geschehen.“ Jetzt folgte im Tanzbrunnen die erste Pause, die von Singer/Songwriterin Christina Lux bestritten wurde. Hier passierte die einzige Panne des Abends, denn Lux sang nicht den angekündigten Song, „Are you Somebody“, sondern den für das Ende der Show vorgesehenen „Leise Bilder“. Dies blieb vom TV-Publikum jedoch unbemerkt, denn es wurde von den beiden Schnittmeistern des Abends Irene Dieper und Martin Grabosch professionell verschleiert. Die Pause zum Durchatmen war gut gesetzt, folgte doch jetzt einer der Höhepunkte des Abends, die Verleihung des Ehrenpreises an DoP Benedict Neuenfels. Dessen Laudator war niemand Geringeres als sein Vater, der Regisseur und Schriftsteller Hans Neuenfels. In seiner Lobrede erzählte der Theatermann von seiner ersten Zusammenarbeit mit seinem Sohn, die durch die Absage von DoP Robby Müller zustande kam. Er betonte, den damals 22-jährigen Benedict Neuenfels nicht aus Nepotismus oder gar der zeitlichen Not zum Projekt geholt zu haben, sondern, weil er von dessen fachlicher und künstlerischer Fähigkeit überzeugt war, ja eine „Besessenheit von Film“ besaß. Die Jury vergab den Ehrenpreis des 29. Deutschen Kamerapreises an einen Bildgestalter, der hohen Wert auf die Bezeichnung „Director of Photography“ legt, da mit keiner der Berufsbeschreibungen die von ihm und seinen Kollegen übernommene Autorenschaft so deutlich verbunden ist: „Er besitzt die Fähigkeit, Geschichten und Filmstoffen unterschiedlichste Blickwinkel zu erschließen. Eine Bildsprache, die sich manifestiert und unverstellt in seinen Bildern widerspiegelt. Oftmals provozierend, emotional und auf jeden Fall stilbildend. Kein Film ist wie der andere, immer dem Drehbuch und der Geschichte im Sinne eines ,visuellen Autoren‘ verpflichtet. Er erzählt mit unglaublicher Kreativität und Profession; technische Normen und Grenzen hebt er auch gerne einmal auf. Auf Genres lässt er sich nicht festlegen. Das Kuratorium des Deutschen Kamerapreises würdigt mit dem Ehrenpreis das breite Schaffen, die Kreativität und Profession von Benedict Neuenfels sowie sein prägendes Wirken für die Weiterentwicklung des Berufstandes.“

Hier können Sie nachlesen, wer in der Kategorie Dokumentarfilm gewonnen hat und was der Nachwuchs vorzuweisen hatte.

[9334]

Anzeige

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.