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Filmplus-Preisträgerin Yana Höhnerbach im Interview

“70 Prozent entstehen nicht am Schneidetisch”

In „Bruder Jakob“ folgt Regisseur Eli Roland Sachs der Wandlung seines Bruders zum religiösen Eiferer. Editorin Yana Höhnerbach wurde bei Filmplus 18 für ihre Arbeit an dem Film mit dem „Bild-Kunst Schnitt Preis Dokumentarfilm“ ausgezeichnet. In unserem Heft 12/2018 sprachen wir mit ihr über die Herausforderungen beim Schnitt der Dokumentation und wo ihre Entscheidungen fallen.

Yana Höhnerbach bei der Preisverleihung

Yana Höhnerbach, 1988 in Essen geboren, schloss 2014 ihr Bachelorstudium im Fach Editing Bild und Ton an der Internationalen Filmschule Köln ab. Seitdem hat sie zahlreiche Kurzfilme, Spielfilme und Dokumentarfilme geschnitten. Produktionen, an denen sie beteiligt war, liefen beim Max-Ophüls-Festival in Saarbrücken und waren für den Kölner Designpreis sowie den Golden Spatz 2015 nominiert.

Was hat für dich bedeutet, den „Bild-Kunst Schnitt Preis Dokumentarfilm“ zu bekommen?
Ich habe damit überhaupt nicht gerechnet. „Bruder Jakob“ war die erste Arbeit, die ich selbst eingereicht habe. Schon mit der dieser Nominierung allein hatte ich eigentlich schon alles erreicht, was ich mir für dieses Mal wünschen konnte. Das war für mich schon Ehre genug. Mir bedeutet das sehr viel. Seit dem Beginn meines Studiums an der ifs 2012 gehe ich jedes Jahr zum Filmplus-Festival. Nur dort geht es um den Schnitt, dort sind die Editoren. Selbst dort zu laufen war schon großartig – und dann auch noch zu gewinnen … Ich habe das noch immer nicht so richtig realisiert.

Die Jury hat in ihrer Begründung deinen Umgang mit vielschichtigem und inhomogenem Material gelobt. Zumindest die Inhomogenität fällt aber im fertigen Film kaum auf.
Ich hatte im Schnitt tatsächlich nicht das Gefühl, vor inhomogenem Material zu sitzen. Das war vielleicht am ehesten bei den verschiedenen Ebenen des Films, bei den Fahrten und den Traumerzählungen so. Vom Bildmaterial her sind am ehesten die Interviews mit den Freunden herausgefallen. Das war aber nicht so schwierig. Ich habe nie daran gezweifelt, dass man dieses Material bringen kann, weil es inhaltlich völlig klar war, dass es zusammengehört und in den Film muss.

Was war denn für dich persönlich die größte Herausforderung beim Schnitt von „Bruder Jakob“?
Ich glaube, da gab es zwei Herausforderungen. Die allergrößte war Jakob selbst als Protagonist, weil er nicht die einfachste Persönlichkeit ist. Wir haben das immer stark daran gemerkt, dass die Reaktionen auf ihn sehr unterschiedlich ausfallen. Das ist auch jetzt im fertigen Film noch so, gerade in früheren Schnittversionen gab es einfach das Problem der Sympathie oder auch einfach auch nur der Empathie, ob man mit ihm mitgeht. Er ist ja ein Mensch – das sagt ja auch der Imam im Film – der mehr in seinem Kopf als mit Worten nach außen spricht. Man merkt immer, dass so viel in ihm vorgeht, aber man kann dem vielleicht nicht immer folgen. Es ist dann auch schwierig, wie er sich einem mitteilt. Das Schwierigste war zu erreichen, dass man ihn ernst nimmt und sich für ihn interessiert. Denn ganz oft war er einem so unsympathisch, dass man den Film gar nicht anschauen wollte, ganz am Anfang. Ging dir das auch so?

Ich hatte auch meine Probleme mit ihm … War es denn euer Ziel, ihn im Schnitt verstehbar oder nach- vollziehbar zu machen? Oder ging es eher darum, den Protagonisten darzustellen, wie er ist und sich nicht weiter darum zu kümmern, was das Publikum von ihm denkt?
Mir ging es nicht darum, dass am Ende jeder Jakob mögen muss. Das war nicht mein Ziel. Aber natürlich funktioniert es nicht, wenn man eine komplette Abneigung gegen die Hauptfigur hat und die auch niemals gebrochen wird. Denn man weigert sich dann auch, über das Thema nachzudenken oder sich auf den Film einzulassen. Es war uns deshalb wichtig, Verständnis für Jakob aufzubauen, selbst wenn das nur dadurch geschieht, dass man sich an den anderen Personen um ihn herum festhält und dadurch einen Blick auf ihn bekommt. Dieser Blick kann dann vielleicht noch in Frage gestellt oder gebrochen werden, weil man etwas sieht, was man nicht erwartet hat. Das war schon der Plan.

Lesen Sie hier, wo und mit welchen Mitteln Yana Höhnerbach zu ihren Schnitt-Entscheidungen kommt.

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