Anzeige
Anzeige
Das Parlamentsfernsehen des Deutschen Bundestages

Demokratie sichtbar machen

Damit Millionen Bürgerinnen und Bürger Reden und Diskussionen im Plenarsaal in Echtzeit verfolgen können, gibt es das Parlamentsfernsehen des Deutschen Bun­destags. Alle Inhalte werden live, unkommentiert und in voller Länge sowie multi­medial von 20 Beschäftigten der Bundestagsverwaltung und externen Dienstleistern produziert und verbreitet. Bernhard Herrmann hat sich für unser Heft 6.2021 dort umgesehen.

In der Hauptstadt Berlin ist am 25. März 2021 eine Regierungserklärung der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel zum Europäischen Rat und zur Bewältigung der Covid- 19-Pandemie als zusätzlicher und erster Tagesordnungspunkt der 218. Sitzung in der 19. Wahlperiode des Parlaments im Deutschen Bundestag aufgenommen worden. Die Regierungschefin hatte sich am Vortag im Parlament in einer „Aktuellen Stunde“ bei den 709 Abgeordneten des Deutschen Bundestages und bei der Bevölkerung für falsche politische Entscheidungen zur geplanten „Osterruhe“ 2021, als ein Mittel zur Bekämpfung der sich ausbreitenden Corona-Pandemie, entschuldigt.

Die Regierungserklärung wurde daher von den Abgeordneten und Journalisten mit Spannung und Interesse erwartet. Entsprechend groß war am Morgen die Schlange der zuvor akkreditierten Medienvertreter, die mit einer dauerhaft zu tragenden FFP2-Maske ausgestattet am Nordeingang des Reichstages samt Notebooks, Foto- und Videokameras durch die Sicherheitsschleuse auf die Besucherebene wollten. Während etwa vier Dutzend Kameraleute, Fotografen, Journalisten und Assistenten ab 8.30 Uhr auf den Besuchertribünen des Parlaments ihre Kameras einrichten und das Tonsignal von den im Boden eingelassenen XLR-Anschlüssen abgreifen, herrscht 400 Meter weiter im Jakob-Kaiser-Haus an der Dorotheenstraße 101 angespannte Betriebsamkeit. Dort befinden sich im Untergeschoss die Studios und Regien des Parlamentsfernsehens des Deutschen Bundestages. Die Räume sind mit dem Reichstagsgebäude über ein Tunnelsystem verbunden.

Das Parlamentsfernsehen kann auf die Signale von insgesamt 30 HD-Kameras zurückgreifen.

Multimediales Parlamentsfernsehen

Unter dem nüchternen Begriff „Parlamentsfernsehen“ startete der Sender 1995 in Bonn und zog mit der Regierung 1999 nach Berlin. Heute sind sechs Gebäude mit einer multimedialen Infrastruktur verbunden. 20 Verwaltungsbeschäftigte und mehrere Dienstleister arbeiten für den Internetauftritt und das Fernsehen. Alle Bürgerinnen und Bürger aus Deutschland, aber auch aus Europa und der Welt können kostenfrei mit den Bild- und Tonsignalen von insgesamt 30 HD-Kameras versorgt werden. Livestreams, Videos in der Mediathek und redaktionelle Inhalte werden auf der Homepage sowie über eigene Bundestags-Apps für Smartphones und internetfähige Fernsehgeräte angeboten. Dazu gibt es vielfältige Online-Angebote des Deutschen Bundestages und des Parlamentsfernsehens, bei denen alle Redebeiträge als Video mit Link auf das stenografische Protokoll sowie die dazugehörigen Drucksachen angeboten werden. Die Dokumente stehen auch zum Download bereit.

„Der Bundestag verhandelt öffentlich“, so heißt es in Artikel 42 des Grundgesetzes. „Aber nur einige hundert Personen können auf den Tribünen des Plenarsaals die Debatten verfolgen. Das Parlamentsfernsehen im Internet ist weltweit empfangbar“, sagt Dr. Wolfgang Schäuble, Präsident des Deutschen Bundestages. „Weil wirklich alle Debatten von Anfang bis Ende und ohne Kommentare übertragen werden, können sich die Zuschauer selbst ihre Meinung bilden. Auch die öffentlichen Ausschusssitzungen sind fast ausnahmslos nur im Parlamentsfernsehen zu verfolgen und sonst nirgendwo. Damit hilft das Parlamentsfernsehen, die demokratischen Entscheidungen in Deutschland sichtbar zu machen.“ „Zur technischen Umsetzung des Parlamentsfernsehen sind verschiedene TV-Dienstleister im Einsatz, die sich in öffentlichen Ausschreibungen durchgesetzt haben“, erläutert Dr. Maika Jachmann, Leiterin der Online-Dienste und des Parlamentsfernsehens. „Wir produzieren im Jahr etwa 900 Stunden Sendematerial. Dies umfasst die Plenardebatten, die öffentlichen Ausschusssitzungen und Sonderveranstaltungen sowie zu einem kleinen Teil auch eigene Kurzfilme und Interviews. Alle Produktionen sind in der Mediathek des Bundestages abrufbar. Die Tagesordnung des Plenums bestimmt die Arbeit des Parlamentsfernsehens.“

In den Wandnischen hinter dem Rednerpult sind fernsteuerbare Kameras untergebracht.

Alle Kameras laufen

Nach und nach kommen die Abgeordneten, deren Anzahl pandemiebedingt erheblich reduziert ist und die Ministerinnen in den Plenarsaal. Der Bundestagspräsident erscheint mit dem Gong um 09.00 Uhr, begrüßt die Anwesenden und eröffnet die Sitzung. Nach einem Redebeitrag anlässlich des 150. Jahrestages der Konstituierung des ersten gesamtdeutschen Reichstags erteilt er der Bundeskanzlerin das Wort. In ihrer Regierungserklärung zum Europäischen Rat, der am gleichen Tag als Videokonferenz beginnt, geht die Bundeskanzlerin sogleich auf die Beschlüsse der Bund-Länder-Konferenz zur Bewältigung der Covid-19-Pandemie in Deutschland und auch in Europa ein.

Jedes Wort, inklusiv der Zwischenrufe und Applaus der Abgeordneten, wird nun im stenografischen Protokoll des Bundestages aufgenommen und ist spätestens am Folgetag auch auf bundestag.de nachzulesen. Einschließlich des Equipments der nationalen und internationalen TV-Sender und Agenturen befinden sich nun nahezu gleich viele Kameras im Plenarsaal wie in einer Arena bei einem wichtigen Sportevent. An diesen Umstand der weltweiten Sichtbarkeit werden die Abgeordneten mit einem roten „F“ für Fernsehen in der LED-Anzeige erinnert.

Ab in die Mediathek

Jede Rede im Parlament und die meisten öffentlichen Ausschusssitzungen des Deutschen Bundestages werden einzeln als Video online bei bundestag.de abrufbar sein. Dazu gibt es auf der jeweiligen Website eine inhaltliche Textzusammenfassung. Dabei legt die Redaktion größten Wert auf eine neutrale Berichterstattung. „Wir liefern Informationen aus erster Hand, wobei wir alle Standpunkte im Plenum gleichermaßen abbilden“, sagt Dr. Maika Jachmann. „Indem wir sämtliche Materialien gut aufbereitet zur Verfügung stellen, geben wir jedem Nutzer die Möglichkeit, sich seine eigene Meinung zu bilden.“ [14597]

Anzeige

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.