Das Silbersalz Cinelab Berlin: Neuer Standort, moderne Technik, wilde Innovation
„Wir sind kein Museum“
von Timo Landsiedel,
Silbersalz Cinelab zog 2024 aus Stuttgart nach Berlin. Mit einer modernen Filmentwicklungsmaschine aus Polen baute man in der Hauptstadt eine neue Basis auf. Wir erfuhren für unsere Ausgabe 5.2025 von Geschäftsführer Thomas Bergmann und DoP Willy Dettmeyer, wie man eine Riesenmaschine durchs Fenster schiebt, warum sie sich keinesfalls als Museum sehen und warum der Service und die Fachberatung schon im Angebot losgehen.
Foto: Silbersalz Film GmbH
Dass Werbefilmemacher wilde Ideen haben, soll durchaus vorkommen. Aber dass sie aus einer Kreativagentur heraus in Stuttgart ein Filmlabor gründen und nebenher eine eigene Entwicklungsmaschine konstruieren, ist dann doch außergewöhnlich. Was wie eine unüberlegte Idee klingt, funktionierte tatsächlich vom ersten Tag an. Einerseits, weil hier leidenschaftliche Filmschaffende am Werk sind, die ihr Handwerk verstehen, andererseits, weil es seit dem Wegbrechen etablierter Kopierwerke in den 2010er Jahren eine starke Nachfrage nach inländischen Dienstleistern im Filmlaborbereich gibt.
Co-Gründer sind Thomas Bergmann und Kyrill Ahlvers. Beide lernten sich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg kennen und gründeten 2011 zunächst die Silbersalz Film GmbH, eine Werbefilmproduktion. In den folgenden Jahren entdeckten sie für ein Werbeprojekt den analogen Film neu und setzten sich damit auseinander. „Aber wir mussten feststellen, dass es hier nahezu keine Infrastruktur mehr dafür gab“, so Thomas Bergmann.
Standortfrage
Schon im Namen des Werbeunternehmens schwang ja schon eine Idee von der Entwicklung analogen Films mit. Also setzte man sich zusammen und prüfte die Möglichkeiten. „Dann haben wir im Führungsteam ganz nassforsch beschlossen, das ist ja nur ein bisschen Chemie, kann ja nicht so schwer sein“, fasst Thomas Bergmann den Prozess salopp zusammen. Nebenher gründeten die Baden-Württemberger noch mit „Silbersalz35“ einen Anbieter von Kodak Vision3-Material, das sie für Fotografen konfektionieren. „Wir waren von dem Interesse und der Liebe der Community überwältigt“, so Bergmann. „Es war eher eine Herausforderung, da immer mithalten zu können.“ Das gilt vor allem für den Fotografiebereich, aber mittlerweile auch für das Thema Bewegtbild.
Der ECN-2-Entwicklungsautomat von Filmlab Engineering (Foto: Silbersalz Film GmbH)
Die Entscheidung für den Umzug nach Berlin bahnte sich schon länger an. „Wir hatten eine kleine, süße Maschine und hatten viel gelernt“, berichtet Bergmann, „vor allem, dass wir nie wieder eine Maschine bauen.“ Die Aufträge wurden aber größer, es kam der erste Spielfilm. Dabei realisierte die Crew, dass zwei, drei Spielfilme parallel gar nicht zu stemmen waren. Aber es deutete sich an, dass die Entwicklung genau dorthin ging. Die Nachfrage wuchs, die Zahlen auch. Eine Vergrößerung war der nächste logische Schritt.
„Und wenn wir uns schon vergrößern, stellten wir auch gleich die Standortfrage und gehen in Deutschland dorthin, wo das, was wir tun, am relevantesten ist“, sagt Thomas Bergmann. Das war Berlin.
Sich zu vergrößern hieß vor allem, eine größere, leistungsfähigere Filmentwicklungspipeline aufzubauen. Herzstück dessen ist immer die Filmentwicklungsmaschine. Die gibt es aber nicht mal eben so gebrauchsfertig beim Onlinehändler zu bestellen. Nützlich, wenn man sich nach zehn Jahren in der Filmentwicklungscommunity in Europa sehr gut auskennt. So wusste das Team, dass in Polen ein fast neuer, vollautomatischer Apparat stand. Es handelte sich um eine Filmlab Engineering 12MD58.
Der australische Hersteller ist zwar nicht mehr aktiv, doch ist die Maschine laut Thomas Bergmann eine der modernsten Geräte weltweit, mit einem Computer und Motorisierung vieler Abläufe. Die Maschine kann die eigene Qualität überwachen und einschätzen, gibt Alarm, wenn etwas nicht dem höchsten Anspruch entspricht. „Viele Labore in London und Los Angeles sind neidisch auf diese Maschine“, sagt Thomas Bergmann.
Neben Beratung und niedrigschwelligen Informations-Angeboten gibt es immer Filmmaterial auf Lager. (Foto: Silbersalz Film GmbH)
Der Apparat war wenige Jahre zuvor von einem Investor in einen Filmpark samt Studios und Infrastruktur gestellt worden. Leider war das Projekt kurze Zeit später insolvent. Davon konnten jetzt Bergmann und sein Team profitieren. Sie handelten einen Preis für das Gerät aus, fuhren es nach Berlin und standen vor dem nächsten Problem: Die Maschine war zu groß, um durch die Türen zu passen.
Also wurden die Einzelteile durch das Fenster in das neue Silbersalz-Hauptquartier in Berlin-Steglitz gehievt. Hier wurde sie auf 30 Zentimeter Höhe aufgebockt und die verschiedenen Komponenten der automatisierten Chemikalienzufuhr wurden erneut verbunden und eingerichtet.
„Man kann sich das nicht so vorstellen wie ein Auto, das man kauft und das fährt“, erläutert Thomas Bergmann. „Du hast eine Maschine, einen Raum, Chemieflüsse, ein Team, Abläufe, einen Dunkelraum – ein ganzes Ökosystem, das verlässlich laufen muss!“ [15549]