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DoP Nikola Krivokuca im Interview

Perspektive und Haltung

Nikola Krivokuca sieht sich nicht nur als Kameramann, sondern als ein Erzähler mit Haltung. Im Gespräch mit Gerdt Rohrbach erklärte er für unser Heft 5.2025, warum Respekt wichtiger ist als Sympathie, wie ein Interviewbild zum Ausdruck einer Persönlichkeit wird und wieso es ihn antreibt, Geschichten von Menschen zu erzählen, die sonst nicht gesehen würden.

DoP Nikola Krivokuca steht im Wasser.
Foto: Anton Schlichter

Liest man deine Filmografie, so ist man voller Bewunderung über das, was du alles gedreht hast. Wie war dein Weg zu diesem Erfolg?
Mich haben außergewöhnliche Geschichten von Menschen aus verschiedenen Teilen der Welt schon immer interessiert. Ich selbst habe als Migrant Europa immer als meine Heimat gesehen und fand es spannend, beruflich zu reisen. Außerdem gefällt mir die Kombination aus Kreativität und Handwerk. Wenn man einen Beruf ausübt, der einen erfüllt, ist das eine ideale Voraussetzung, gute Arbeit zu machen.
Ich habe meine Erfolge natürlich nicht alleine erreicht, sondern hatte Fürsprecher und Mentoren, die mich begleitet und unterstützt haben. Ich profitiere zum Beispiel noch heute von den Gesprächen mit Hans Fischer, dem Chefkameramann des BR, während meines Studiums an der HFF München. Hans hat mich stets angehalten, die richtigen Fragen zur filmischen Umsetzung von Geschichten zu stellen. Gerne denke ich auch an die ironische Bemerkung von Prof. Axel Block: „Wenn du einen Film drehst, solltest du dich um ein Team bemühen, das so gut ist, dass es den Film auch ohne dich drehen kann. Wenn du‘s aber schaffst, zufällig doch beim Dreh vorbeizuschauen, dann solltest du dir überlegt haben, was den Unterschied macht.“

Was macht denn den Unterschied?
Die eigene Handschrift macht für mich den Unterschied und wie man diese entwickelt und dann im Team umsetzt! Am Anfang steht die zu erzählende Geschichte. Zu dieser Geschichte entwickle ich eine Haltung, meinen persönlichen und professionellen Blick auf die Dinge. Durch die Bildgestaltung bringe ich mithilfe der gewählten technischen Gestaltungsmittel dann diese Haltung zum Ausdruck. Sobald Haltung und Ziel für ein Projekt definiert sind, entscheide ich mich für die Technik. Hier muss zum Beispiel der Look der Objektive zur Tonalität der Geschichte passen und das Handling der Technik zu den Produktionsbedingungen. Bei der Umsetzung habe ich immer das Bestmögliche vor Augen und hatte das Glück, Leuten zu begegnen, die meine Arbeitsweise schätzen und denen es wichtig ist, dass ich deren Filme umsetze.

Kannst du mir noch etwas zu „Haltung“ sagen?
Ja, Haltung nehme ich zur Geschichte und zu den Protagonisten ein. Ein Dokumentarfilm lebt von der gegenseitigen Annäherung zwischen Filmenden und Gefilmten. Die Protagonisten müssen Vertrauen haben, fair behandelt zu werden. Für eine „Kennenlernphase“ bleibt meist sehr wenig Zeit, denn bei Dokumentationen muss man oft spontan auf Menschen und Situationen reagieren. Hinter der Kamera sollte man etwas ausstrahlen, das den Leuten dieses Vertrauen gibt. Das ist dann auch ein Ausloten von Nähe und Distanz. Auch deshalb drehe ich gerne mit Festbrennweiten. Für eine Großaufnahme mit einer Brennweite von 25 mm muss ich mir das Vertrauen des Gegenübers erst mal erarbeiten. Situationen, die sehr persönlich sind, kann man nur ehrlich darstellen, wenn mein Gegenüber Nähe zulässt. Der bewusste Einsatz von beobachtenden Einstellungen mit langer Brennweite und weitwinkligen Aufnahmen aus der Mitte des Geschehens macht mir großen Spaß.

Nikola Krivokuca mit Steadicam und Sony VENICE 2
Technik als Gestaltungsmittel: Nikola Krivokuca mit Steadicam und Sony VENICE 2 (Foto: Wolfgang Nürbauer)

Du warst Kameramann bei einem Film über Franz Beckenbauer.
Genau, gemeinsam mit Ralph Zipperlen vom Bayerischen Rundfunk. Das war ein sehr spannendes Projekt. Wir haben viele sehr verschiedene Menschen getroffen, die alle eine unterschiedliche Beziehung zu Franz Beckenbauer hatten. Bei so einem Film geht es darum, dass das Publikum das Interviewbild sehr schnell begreift. Was ist das für eine Persönlichkeit, woher kommt sie und wie steht sie zur Geschichte? Wenn in Locations gedreht wird, die nicht den gefilmten Personen gehören, dann besteht die Herausforderung darin, einen visuellen Rahmen zu schaffen, der zu diesen Personen passt und etwas über diese aussagt.

Hast du dafür ein Beispiel?
Mir fällt das Interview mit dem Schriftsteller und Theaterautor Albert Ostermaier ein. Als Experte blickt er von außen analysierend auf das Leben von Franz Beckenbauer. Deshalb haben wir das Interview im Zuschauerraum eines Theaters gedreht. Das hat meines Erachtens sehr gut funktioniert, zum einen, weil ja die Welt des Fußballs etwas Theatralisches hat. Außerdem entsteht der Eindruck, dass hier ein Hintergrundgespräch geführt wird. Denn Albert Ostermaier sitzt mit dem Rücken zur Bühne, auf der wiederum durch das gesetzte Licht und das zufällig vorhandene Bühnenbild ein Tor angedeutet wird. Die weitere Lichtsetzung macht für mich den Raum zum Spielfeld inklusive Tribüne. Durch diese Bildgestaltung entsteht der Eindruck, backstage mit einem Schriftsteller und Theaterautor auf das Fußballleben von Franz Beckenbauer zu blicken und dabei wirklich an dem Ort zu sein, an dem der Experte seine Ideen entwickelt und darlegt. Das verleiht dem Interview eine hohe Authentizität! [15555]


Warum für Nikola Krivokuca Haltung und Respekt wichtiger sind als Sympathie, können Sie im kompletten Interview in unserer Ausgabe 5.2025 lesen!


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