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Colorist Dirk Meier über technische und gestalterische Wege in der Lookfindung

Eine gemeinsame Sprache finden

Als Colorist betreute Dirk Meier zahlreiche deutsche und internationale Produktionen. Zudem gibt er Workshops zu den Themen Lookfindung und Grading. Zuletzt arbeitete er mit DoP Stefan Ciupek an „Rumours“. Seiner Meinung nach zahlt es sich bei jedem Projekt aus, früh Zeit und Ressourcen in die Lookfindung zu investieren, vor allem, wenn es aufwendige Projekte mit HDR-Output und Kinoauswertung sind. Er verrät uns seinen idealen Workflow für gute Looks und warum er als Colorist vor allem ein Kommunikator sein muss.

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Grafik: Dirk Meier / Stefan Ciupek

Wer ein aktuelles Endgerät zur Wiedergabe von Videoinhalten erwirbt, kann mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit damit ein qualitativ hochwertiges Bild wiedergeben. Ob Smartphone, Tablet oder TV-Gerät – meist können sie sogar die HDR-Standards HDR10, HLG oder Dolby Vision umsetzen und unterscheiden sich nur in den Spezifikationen wie etwa der Maximalhelligkeit. Wenn man bereit ist, dafür zu bezahlen, liefern die Streamingdienste wie Disney+, Netflix und Amazon Prime zahlreiche hochwertige 4K- und HDR-Inhalte aus. Colorist Dirk Meier freut es, dass zum Beispiel die Smart-TV-Hersteller inzwischen den Mehrwert verstanden haben, kalibrierte Geräte zum Kunden zu bringen. Bei den Einstellungsmodi gibt es mittlerweile immer häufiger auch einen „Filmmaker-Mode“, der unabhängig vom Hersteller sehr gute Ergebnisse verspricht.

Näher an der kreativen Vision

Seit langem ist es Standard, in der Postproduktion mindestens zwei Versionen auszuspielen: für das Kino im DCI-P3-Farbraum und das Fernsehen in Rec. 709. Das trägt den unterschiedlichen Betrachtungsumgebungen Rechnung, die sich vom dunklen Kinosaal zum beleuchteten Wohnzimmer natürlich stark unterscheiden können und Einfluss auf die Helligkeits- und Farbwahrnehmung haben. Für HDR käme dann noch eine dritte Version dazu. Das ist vor allem im Kinofilmbereich noch relativ selten, bei Serien vor allem für Streamer aber oft Standard.

Colorist Dirk Meier
Colorist und Dozent Dirk Meier (Foto: Edmond Laccon)

Die Vision der Filmemacher kann also mittlerweile dank neuer Technologien viel präziser an das Publikum gebracht werden als zu den Zeiten von 35-mm-Filmkopien und einer Vielfalt von SD-TV-Geräten. Umso wichtiger ist es, dem Prozess der Lookfindung früh eine Priorität einzuräumen, die traditionell lange Zeit unterbewertet war. Dirk Meier setzt sich genau dafür ein.

Meier brachte schon früh in seiner Karriere Innovation ans Filmset. Gemeinsam mit Erhard Giesen setzte er sich als Mitentwickler des mobilen Schnittsystems „Director‘s Friend“ schon Ende der 1990er Jahre für kreative Freiheit nah bei den Filmschaffenden ein. Als Data Capture Engineer ermöglichte er durch diese Technologie die Aufzeichnung des ersten, digitalen One-Takes der Filmgeschichte: beim Film Russian Ark von Aleksander Sokurov, wo er DoP Stefan Ciupek kennenlernte, der damals als Camera Supervisor und Colorist dabei war. Mit Ciupek entwickelte er kürzlich den Look für dessen aktuellen Kinofilm Rumours, der mit Cate Blanchett in der Hauptrolle am 15. April in die Kinos kommt.

Seit dem Schritt in die Postproduktion Mitte der 2000er Jahre war Meier bei zahlreichen Filmproduktionen für digitale Workflows und Color Grading verantwortlich, wie Lars von Triers Antichrist (gemeinsam mit Stefan Ciupek), Connie Walthers Die Rüden oder jüngst Tilman Singers Cuckoo. Seit dem Beginn seiner Karriere doziert Meier und gibt Workshops und leitete von 2015 bis 2019 Up.Grade, das weltweit erste Langzeit-Ausbildungsprogramm für Color Grading, das er auch konzipierte und aufbaute. Immerhin nimmt Dirk Meier wahr, dass sich auch bei Produktionen und Redaktionen etwas tut. Der Look wird in Zeiten von hochwertigen Serien und Originalfilmen immer mehr zum Alleinstellungsmerkmal und erhält daher auch mehr Aufmerksamkeit als früher im linearen Fernsehen.

Idealer Workflow

In einer idealen Welt holt das kreative Team schon im Zuge der Vorproduktion Dirk Meier hinzu. Dann bekommt er ein Drehbuch, Moods und Lookreferenzen und ist in erste Gespräche zwischen Regie, Szenenbild und Kamera mit eingebunden. So habe er schon von Szenenbildnern bei Projekten 100-seitige PDFs mit Recherchemotiven erhalten. „Das ist spannend für mich als erster Schritt in diese Welt“, so Meier.

Je weiter dieser Prozess voranschreitet, versucht Meier dann mit den DoPs – oft in Video-Calls – eine gemeinsame Sprache aufzubauen. Was gefällt DoP und Regie? Welche Referenzfilme sind im Gespräch? Wie kommunizieren die Partner über die Moodboards und was meinen sie mit welchen Aussagen? Und was davon wollen alle für das Projekt übernehmen?

Dieser Austausch führt dann zu einem möglichst präzisen, viele Situationen abdeckenden Testdreh. Das entstehende Material schaut sich Meier gerne zusammen mit DoP und Regie in der Gradingsuite an. Ein erstes Grading wird dann die Grundlage für die LUT am Set, mit der die Dailies gegradet werden. Am Set kommt dafür dem DIT eine Schlüsselposition zu, da er Kontrolle über die Parameter bei Set-Anpassungen wie Über- oder Unterbelichtung hat und das Material anpassen kann.

Bei den meisten Produktionen beginnt der kreative Schnitt schon während der Dreharbeiten. „Das ist für mich ein starkes Argument für eine ausführliche Lookentwicklung“, so Dirk Meier. „Denn hier wird ja mit den gegradeten Dailies, also konkret mit dem Look gearbeitet.“ In diesem Stadium finden ja schon Screenings für Produktion, Redaktionen oder Festivals statt.

Je näher die Muster, mit denen geschnitten wird, schon am finalen Grading sind, desto einfacher ist der Prozess in der Endbearbeitung. „Regisseur:innen haben zu diesem Zeitpunkt seit Monaten auf dieses Material geguckt und sind dadurch geprägt, so dass es schwierig wird, davon weit weg zu gehen“, ist Dirk Meiers Erfahrung.

Im Grading zeige sich dann, dass bei einem gesamtheitlichen Prozess das Ergebnis einfach besser ist. Meier selbst möchte gegenüber der Produktion nur ungern auf das Argument einer kürzeren Gradingzeit bei guter Vorbereitung des Looks setzen. Er ermuntert dazu, beim Grading die Qualität der Arbeit in den Vordergrund zu stellen.

„Rumours“ mit DoP Stefan Ciupek

Schon früh hatte Ciupek Meier bei „Rumours“ hinzugezogen und ihm die Filme von Galen und Evan Johnson sowie Guy Maddin gezeigt. „Das war schon einmal ein wesentliches Briefing“, so Meier. „Denn da versteht man erst, in was für einer kreativen Welt die leben. Wenn man eintaucht in das, was die drei vorher gemacht haben, dann ist das teilweise extrem abstrakt, sehr stark verfälscht von den Bildern her“, so Meier. „Es sieht aus, als hätte man das vor 80 Jahren auf Film gedreht, die Filmrolle anschließend vergraben und dann restauriert.“ Sein erster Gedanke war: Da geht alles. Die Geschichte von Rumours ist aber realer als die vorigen Werke, stärker im Realismus fußend. Dennoch war ein starker Gestaltungswille da, um die Satire deutlich zu machen.

Grading Test
Der Vergleich der ersten Grading-Tests für die LUT von „Rumours“: Am Ende wurde es „v2“. (Foto: Stefan Ciupek / ARRI)

Ciupek und Meier jedoch hatten hier keine idealen Voraussetzungen. Das hatte mit Zeit, Budget und der Tatsache zu tun, dass die Postproduktion in Kanada stattfand, wo die Koproduktion saß. Ciupek und Meier versuchten, eine LUT zu finden, die für den gesamten Film funktionierte. Es gab einen groben Kostüm- und Make-Up-Test, bei dem Ciupek einmal innerhalb von wenigen Minuten ein Lichtprogramm für seine Haupt-Setups herunterspulte. Zudem gab es eine Testnacht im Wald, um sich dem Lichtdesign anzunähern. Es gab keine getrennte LUT-Entwicklung für die verschiedenen Sequenzen des Films, Tag zu Beginn, Schwarz-Weiß für den Noir-Teil, die violette Liebesszene, das Grün-Orange der Gehirnsequenz, das Schwefelgelb der Flussüberquerung sowie die Schlusssequenz in Purpur.

Nach der Wahl der ALEXA 35 hatte Ciupek den ALEXA-35-Testchart von ARRI mit deren Reference Tool einmal vorgegradet. Das geschah, während der DoP schon in Budapest den Dreh vorbereitete. Diese grobe Idee schickte er zu Dirk Meier nach Köln. „Ich habe mir das angeschaut und hatte eine Idee davon, in welche Richtung Stefan will“, so Meier. „Dann habe ich selbst etwas gebaut und verschiedene Varianten gemacht.“  [15538]


Möchten Sie mehr darüber erfahren, wie die Zusammenarbeit von Colorist Dirk Meier und DoP Stefan Ciupek bei „Rumours“ ablief? Dann klicken Sie hier !


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