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50 Jahre Pensionskasse Rundfunk

Sozial drehen

Zum ihrem 50-jährigen Bestehen hat die Pensionskasse Rundfunk die Aktion „Zukunft im Blick“ gestartet, bei der Mitglieder der PKR diese weiter ins Zentrum der Aufmerksamkeit der Filmschaffenden rücken sollen.Wir sprachen in unserem Heft 7-8.2021 mit Iris Gebing von der Pensionskasse Rundfunk, der Editorin Julia Oehring und dem Kameramann Max Zaher.

Kameramann und Steadicam-Operator Max Zaher

Welche Idee stand hinter der Gründung der Pensionskasse Rundfunk vor 50 Jahren?
Iris Gebing: Die Idee bei der Gründung war, den freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten eine Altersvorsorge zu bieten und so vor der Altersarmut zu schützen. Dafür haben ARD, ZDF und die damalige Rundfunk-Fernseh-Film-Union, jetzt Fachgruppe Medien in der Gewerkschaft ver.di, die Pensionskasse Rundfunk gegründet. Schon zwei Jahre später hat man den Kreis der Zugangsberechtigten erweitert. Da unter anderem aus Kostengründen immer mehr Aufträge an Produktionsfirmen herausgegeben wurden, die wiederum freie Filmschaffende einsetzten, hat man auch diesen die Möglichkeit gegeben, ihre Altersvorsorge über die Pensionskasse Rundfunk zu organisieren. Sowohl die Filmschaffenden als auch ihre Arbeitgeber konnten so Mitglieder werden. Zunächst wurden den Produktionsunternehmen, die für eine öffentlich-rechtliche Anstalt produzieren, die Beiträge, die sie an die Pensionskasse Rundfunk für ihre freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abführten komplett von der betreffenden Sendeanstalt zurückerstattet. Die sogenannte Limburger Lösung mit Teil 1 und 2 hat dann der sich ändernden Produktionslandschaft Rechnung getragen. In den Anfangsjahren der Pensionskasse Rundfunk gab es ja nur hundertprozentige Auftragsproduktionen. Aber für Koproduktionen, an denen die Sendeanstalten nur zum Teil beteiligt waren und für geförderte Koproduktionen gab es keine verbindliche Regelung.

Iris Gebing von der Pensionskasse Rundfunk

Das hat sich mit der Limburger Lösung geändert, die seit 2016 beziehungsweise Anfang 2018 in Kraft ist. Bei Koproduktionen und geförderten Koproduktionen werden seitdem die Beiträge vom Produzenten abgeführt. Anteilig erstatten die Rundfunkanstalten Filmeditorin Julia Oehring anschließend dem Produktionsunternehmen auf Nachweis ihren Anteil und die Filmförderinstitution übernimmt den auf sie entfallenen Anteil im Rahmen der Förderung. Kinoproduktionen sind in der Limburger Lösung bislang noch ausgeklammert. Hier zahlen die Produktionsunternehmen PKR-Beiträge noch auf rein freiwilliger Basis.

Welche Berufsgruppen können bei der PKR einen Pensionsanspruch erwerben?
Iris Gebing: Bei den Zugangsvoraussetzungen zur PKR war es von Anfang an so, dass allein die Beschäftigungsart zählte. Also alle, die nicht fest angestellt waren, konnten PKR-Mitglied werden. Mittlerweile können auch Festangestellte eine Mitgliedschaft eingehen. Der Beruf spielte und spielt für uns keine Rolle. Ob Redakteur, Journalistin, Schauspieler, Kameramann oder Filmschnitt-Editorin – uns sind alle willkommen.

Julia und Max, ihr seid als Editorin und Kameramann beide in Gewerken tätig, die im Grunde auch dazu berechtigen, in der Künstlersozialkasse unterzukommen. Was waren die Gründe für eure Entscheidung, in die Pensionskasse Rundfunk einzutreten?
Max Zaher: Bei mir schließt das eine das andere gar nicht aus, ich bin auch Mitglied in der Künstlersozialkasse! Ich bin ausschließlich Rechnungssteller und habe damals bei der PKR angerufen, nachdem ich vom Kameraassistenten zum Kameramann und Steadicam-Operator geworden bin. Mir war unklar, ob und wie man als Rechnungssteller und Mitglied in der KSK auch Mitglied bei der PKR sein kann. Ich hatte dann ein ausführliches Beratungsgespräch, das bestimmt eine Stunde gedauert hat. Da gab es dann auch eine Beispielrechnung, wie man die PKR-Anteile auf der eigenen Rechnung einpflegt. Aus meiner Sicht kommt es immer nur auf den Arbeitgeber an – ob der PKR-Mitglied ist oder eben nicht. Es wäre sehr wünschenswert, noch mehr Produktionsfirmen oder eigentlich einfach alle Produzenten wären Mitglied der PKR.

Filmeditorin Julia Oehring

Julia Oehring: Mir war die Pensionskasse Rundfunk schon sehr früh bekannt, als ich noch gar nicht in dem Job war. Das hat damit zu tun, dass meine Mutter damals als Schauspielerin in der Pensionskasse Rundfunk war. Sie war auch freiberuflich tätig und als sie viel zu früh verstorben ist, habe ich die sehr positive Erfahrung mit der PKR gemacht, dass es eine Hinterbliebenenrente gab. Als ich dann später in dem Job war und die Frage auftauchte, ob man Mitglied wird, habe ich wegen dieser Erfahrung gar nicht lange gezögert. Ich war dann immer eher befristet angestellt, habe dann später für ein paar Jahre auf Rechnungsstellung umgestellt und bin dann auch in die Künstlersozialkasse gegangen. Die Koexistenz funktioniert wunderbar. Inzwischen bin ich aber wieder hauptsächlich in Angestelltenverhältnissen. Als selbstständig Beschäftigte musste ich nur in meinen Rechnungen die Beiträge zur PKR angeben. Mir hat einmal eine Filmgeschäftsführerin gezeigt, wie das geht. Ich hatte am Anfang eigentlich eher Zweifel, ob die Beiträge überhaupt bezahlt würden, wenn man auf Rechnung arbeitet.

Ich hatte auch noch eine Rürup-Versicherung zur Altersvorsorge abgeschlossen. Mein Bruder, der davon ein wenig versteht, hat sich die mal angeschaut und gesagt, dass sich diese Art der Altersvorsorge für mich viel weniger lohnt, weil bei genauem Hinschauen die staatlichen Zuschüsse und Vergünstigungen vom Verwaltungsaufwand aufgefressen werden. Das ist bei der PKR eben nicht so. Aber genau wie Max finde ich problematisch, dass nicht alle Produzenten Mitglieder in der Pensionskasse Rundfunk sind, was ich persönlich überhaupt nicht verstehe! Denn letztendlich ist es ja nichts, was die Produktionsfirmen belastet und die Mitgliedschaft im Grunde genommen ein Akt der Solidarität den Kreativen gegenüber. Da sollte man meinen, dass kein Produzent zögert, bei der Pensionskasse Rundfunk Mitglied zu werden.

Die Frage dürfte sich für die Versicherten selbst ja so nicht stellen, denn nachdem, was wir bislang gehört haben, klingt es für freiberufliche Filmschaffende wie ein absoluter No-Brainer, in der Pensionskasse Rundfunk Mitglied zu werden. Warum gibt es da von Seiten der PKR gerade die Kampagne „Zukunft im Blick“?
Iris Gebing:
Es gibt leider immer noch viele Filmschaffende, die uns noch nicht kennen und somit auch kein Mitglied bei uns sind! Sie verschenken Zeit und Geld, weil die Mitgliedschaft nicht rückwirkend eingegangen werden kann. Ein Grund dafür ist sicher, dass die Pensionskasse Rundfunk ja keine herkömmliche Versicherung ist, die einen Vertrieb unterhält. Vielmehr sind wir ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit und leben vor allem von der Mund-zu-Mund-Propaganda. Die Pensionskasse zählt rund 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, in der Kommunikationsabteilung sind wir aktuell zu zweit. Von daher lebt die Kasse auch vom Engagement ihrer Mitglieder. Leider kursieren auch immer noch viele Missverständnisse: „Ich bin schon in der KSK, dann kann ich kein PKR-Mitglied werden.“ Das ist falsch! Oder: „Da werde ich doch für den Arbeitgeber teurer!“ Das stimmt ja auch nicht, denn die PKR-Beiträge werden dem Arbeitgeber in der Regel erstattet. Deswegen ist es uns wirklich ein Anliegen, unsere Mitglieder und die Branche zu sensibilisieren und einzuladen „Macht etwas für das Alter!“.

So geht’s: Rechnungsbeispiel der Pensionskasse Rundfunk

Max Zaher: Ich bin ja selbst erst relativ spät Mitglied der PKR geworden und das aus den klassischen Gründen, die wahrscheinlich für viele meiner Kolleginnen und Kollegen gelten werden: Unter Filmschaffenden am Set herrscht einfach wenig Interesse, Skepsis und Desinformation bezüglich Institutionen und staatlichen Fördermethoden. Mit der Altersvorsorge muss man sich auseinandersetzen wollen, sonst bekommt man es nicht mit. Mittlerweile bekommt jedes Neumitglied im BVK und den anderen Verbänden eine Beratung, in der die PKR ganz oben mit dabei ist und in der eine Mitgliedschaft empfohlen wird. Wer sich in jungen Jahren entscheidet, in diesem Genre zu arbeiten, dem geht es nämlich erst mal nur ums Drehen. Vielen jungen Kolleginnen und Kollegen sind oftmals solche Sachen wie Überstunden oder Prozente leider total egal. Bis sie darauf kommen, dass sie sich auch um ihre Altersvorsorge und ein ordentliches Versicherungsumfeld kümmern sollten, sind meistens schon die ersten zehn Jahre vergangen und man hat leider echt viel verpasst.

Deshalb ist diese Infokampagne total wichtig und auch ein Grund, warum ich mich da als Botschafter sofort zur Verfügung gestellt habe. Rückblickend wäre ich selbst gerne schon zehn Jahre früher Mitglied der PKR geworden, wenn ich denn davon gewusst hätte. Insofern kann man dieses Anliegen nur an allen Fronten fördern. Da muss man nur die Altersarmut von Kolleginnen und Kollegen ansehen, die jahrzehntelang Topverdiener waren. Hätten sie rechtzeitig in die PKR eingezahlt, stünden sie heute finanziell vermutlich deutlich besser da.

Julia Oehring: Ich war über vier Jahre im Vorstand des BFS und mir bereitet Sorgen, dass zwar unser Verband mittlerweile mit über 650 Mitgliedern stark gewachsen ist, es aber natürlich mindestens genauso viele Filmeditoren gibt, die nicht im Verband sind und von denen man gar nicht so genau weiß, in welchen prekären Beschäftigungsverhältnissen sie sich befinden und sie auch nicht unbedingt so gut Bescheid wissen. Auch deshalb war es für mich vollkommen selbstverständlich, bei dieser Kampagne dabei zu sein, denn die Mitgliedschaft in der PKR ist eine der wenigen Dinge, bei denen es wirklich keinen Haken gibt. Das ist nur positiv.

Max Zaher: Ich sehe das genauso. Nur Vorteile, kein Nachteil, kein großer Aufwand und am Ende hat man etwas davon. Das einzige Argument, das ich hier und da mal gehört habe, ist: Dann habe ich ja weniger Geld in der Hand. Aber das zählt für mich gar nicht! Das ist ein so geringer Anteil im Vergleich zu dem, was man später davon hat.

Die einzige Schwäche des Systems scheint dann wirklich die Tatsache zu sein, dass Produktionsfirmen auf freiwilliger Basis mitmachen können.
Iris Gebing: Wenn ein Produktionsunternehmen bei uns offiziell Mitglied wird – das sind aktuell etwa 450 – dann verpflichtet es sich auch qua Satzung zur Zahlung von PKR-Beiträgen. Im Rahmen der Limburger Lösung wurden die Produktionsunternehmen als Gegenleistung zu der Erstattungszusage der Sender zwar aufgefordert, sich zur PKR zu bekennen und Anstaltsmitglied in der PKR zu werden. Letztlich gibt es aber keine Verbindlichkeit und die Auftragsvergabe ist nicht an eine PKR-Anstaltsmitgliedschaft gekoppelt. Sicherlich gäbe es unterschiedliche Möglichkeiten, um mehr Verbindlichkeit zu schaffen. Hier sind die relevanten Akteure natürlich die Rundfunkanstalten und auch die Filmförderinstitutionen. Wenn ich sehe, wie vorbildlich die Filmförderung in Baden-Württemberg beim Thema „Grünes Drehen“ ist, dann hoffe ich, dass wir bald nicht nur grün, sondern auch sozial drehen. [14664]


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