Was bedeutet KI für die Berufsgruppen der Filmschaffenden?
Schlechte Nachrichten?
von Volker Striemer,
Unser Autor Volker Striemer hat sich im Heft 10.2024 Gedanken darüber gemacht, was die rasante Entwicklung von künstlicher Intelligenz und ihr Einsatz in der Film- und TV-Branche für die dort Beschäftigten haben könnte.
Während 2021 die Welt noch mit der Covid-Pandemie kämpfte, startete DALL-E eine KI, die für jedermann zugänglich war und im Wesentlichen aus einer Textvorgabe ein Bild erstellt. Schon die ersten Resultate waren beeindruckend, aber nicht umwerfend, doch von Generation zu Generation verbesserte sich die KI. Was nun nach etwa zwei Jahren möglich ist, kann von der realen fotografischen Aufnahme nicht mehr unterschieden werden.
Nachdem seit Februar 2024 die KI SORA am Start ist, verändert sich nun auch im Bewegtbild alles. Momentan steht SORA nur einer begrenzten Anzahl von Nutzern zur Verfügung. Aber die veröffentlichten Resultate sind erstaunlich und auch schockierend. Zwar hat die KI noch Schwierigkeiten bei der Generierung komplexer physikalischer Szenen und dem Verständnis von Ursache und Wirkung, jedoch sind die einminütigen Videosequenzen, die bisher erzeugt und veröffentlicht wurden, nicht von Bewegtbildern aus Menschenhand zu unterscheiden, sei es Motion Movie oder Animationsfilm. SORA liefert bereits in seiner ersten Generation Videos, die ihresgleichen suchen. Was erst werden die folgenden Generationen erschaffen?
Im März 2024 stellte Nvidia, der führende Chiphersteller für KI-Prozessoren, einen neuen Chip vor, der viermal schneller ist und dabei weniger Energie verbraucht als sein Vorgänger. Die GPU mit insgesamt 208 Milliarden Transistoren soll Modelle mit bis zu 10 Billionen Parametern berechnen können. Laut Moore´s Gesetz würde dieses bedeuten, dass in 12 Monaten der Nachfolgechip seine Leistung erneut verdoppelt und damit mehr über 400 Milliarden Transistoren und 20 Billionen Parameter möglich sind.
Risiken und Chancen
Schon vor über zehn Jahren analysierte die Oxford University 700 Berufe unter dem Gesichtspunkt, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass sie zukünftig komplett durch Computertechnologie ersetzt werden. In dieser Studie landet beispielsweise der Beruf des Models im Ranking der gefährdeten Berufe ganz oben, was die von aktuellen KI erzeugten Bildergebnisse bestätigen. Die Berufsgruppe der Kameraleute befindet sich im oberen Drittel des Gefährdungsbereich, was ein Schrumpfen der Berufsgruppe auf ein Drittel nahelegt. Doch was bedeutet das konkret für die Film- und TV-Industrie? Dies sind einige mögliche Entwicklungen:
Effizientere Spezialeffekte KI-basierte Bildbearbeitungs- und Rendering-Technologien werden die Erstellung von Spezialeffekten erleichtern und beschleunigen. Dies wird dazu führen, dass hochwertige visuelle Effekte schneller und kostengünstiger produziert werden können, was insgesamt zu einem Anstieg der visuellen Qualität von Filmen führt.
Digitale Schauspieler und Charaktere Mit fortschrittlichen KI-Algorithmen lassen sich digitale Schauspieler und Charaktere erstellen, die immer realistischer werden. Dies öffnet die Tür für Filme, die komplett mit digitalen Figuren besetzt sind oder historische Persönlichkeiten zum Leben erwecken, ohne auf Schauspieler zurückgreifen zu müssen.
Automatisierte Drehbuch- und Story-Entwicklung KI wird bei der Analyse von Daten aus früheren Filmen und Zuschauerpräferenzen helfen, um Trends zu identifizieren und die Entwicklung von Drehbüchern und Geschichten zu unterstützen. Das wird dazu beitragen, dass Filme produziert werden, die speziell auf die Bedürfnisse und Vorlieben des Publikums zugeschnitten sind.
Personalisierte Inhalte Mit Hilfe von KI können Filme und andere Inhalte personalisiert werden, um sie an die individuellen Vorlieben und Interessen der Zuschauer anzupassen. Dies kann die Art und Weise verändern, wie Filme vermarktet und konsumiert werden, indem jedem Zuschauer ein maßgeschneidertes Erlebnis geboten wird.
Rechteverwaltung und Pirateriebekämpfung KI wird bei der Verwaltung von Urheberrechten und der Bekämpfung von Piraterie helfen, indem sie nach unautorisierten Kopien von Filmen sucht und die Verbreitung illegaler Inhalte einschränkt.
Die potenzielle Entwicklung, vollständig von KI erstellte Filme zu produzieren, wird Auswirkungen auf das Personal in der Filmindustrie haben. Das kann bislang bestehende Berufsbilder überflüssig machen, aber auch neue entstehen lassen. Dies sind Berufe, die entstehen könnten:
Kreative KI-Entwickler Es wird eine Nachfrage nach Fachleuten geben, die KI-Algorithmen entwickeln und trainieren können, um kreative Entscheidungen zu treffen, wie zum Beispiel die Entwicklung von Charakteren, Handlungssträngen und visuellen Stilen.
KI-Regisseure und -Editoren Sie werden sich auf die Verwendung von KI-Algorithmen spezialisieren, um Filme zu dirigieren und zu bearbeiten. Diese Fachleute könnten die Arbeit der KI überwachen und gegebenenfalls Anpassungen vornehmen, um sicherzustellen, dass die künstlerische Vision des Films erhalten bleibt.
Interaktionsdesigner für personalisierte Inhalte Wenn Filme personalisiert werden, wird es einen Bedarf an Interaktionsdesignern geben, die sich darauf spezialisieren, benutzerfreundliche Schnittstellen zu entwickeln, die es den Zuschauern ermöglichen, ihre persönlichen Vorlieben und Einstellungen anzupassen.
Fazit
So wie einstige Berufsgruppen, wie Müller, Schuster, Gerber, Laternenanzünder kaum noch existieren, werden durch neue KI Technologien auch aktuelle Berufe der Filmindustrie verschwinden oder nur noch in geringem Umfang benötigt werden. Der fortschreitende Einsatz von KI in der Filmproduktion wird jedoch wahrscheinlich nicht dazu führen, dass traditionelle Filmberufe sämtlich überflüssig werden, sondern eher dazu, dass sich die Rollen und Verantwortlichkeiten der Mitarbeiter ändern und eine neue Art der Beschäftigung und Zusammenarbeit entsteht. Produktionsfirmen und Sender werden aber auch jede Möglichkeit nutzen, kostengünstiger zu produzieren. Damit einhergehend werden Arbeitsplätze in der Filmindustrie wegfallen. Gleichzeitig werden aber neue Berufe entstehen, die für die Produktionen unter dem Einsatz der KI benötigt werden.[15487]