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Im Interview: Walter Potganski über verschollene Klassiker und die Macht der Freundlichkeit

Jäger der versunkenen Filmschätze

Was bedeutet es für Filmschaffende, einen Filmhändler wie Walter Potganski zu kennen? Gerdt Rohrbach hat ihn getroffen und mit ihm für unsere Ausgabe 7–8.2025 über versunkene Schätze, feuchte Augen bei Gustl Bayrhammer und die Tücken künstlicher Intelligenz gesprochen.

beim Coloristen Padelutis
Foto: Gerdt Rohrbach

Was bedeutet es für Filmschaffende, einen Filmhändler zu kennen? Dieser Frage ging unser Autor Gerdt Rohrbach nach und danach befand er es für wichtig, unseren Lesern einen von ihnen hier vorzustellen.

Der Filmhändler Walter Potganski berichtet, dass sich immer wieder Kameraleute an ihn wenden, in der Hoffnung, er könne einen von ihnen gefilmten Beitrag erneut bei einem Sender platzieren – nicht aus künstlerischem Ehrgeiz, sondern aus finanzieller Not. Einige verdienten ihr Geld inzwischen sogar bei Verkaufssendern, die ausschließlich Produktwerbung ausstrahlen. Zwar werde derzeit mehr denn je produziert, nicht zuletzt durch Streaminganbieter. Gleichzeitig werde aber eine große Zahl junger Fachkräfte ausgebildet, für die der Einstieg ins Berufsleben schwierig sei. Ohne die richtigen Kontakte, etwa zu namhaften Regisseuren, seien aus seiner Sicht die Chancen auf Aufträge gering.

In einem früheren Video-Interview mit zwei Kollegen schildern Sie, wie schwer es im Vergleich zu früher heutzutage ist, in den Firmen zu den Entscheidern vorzudringen.
Das ist richtig. Heute bemerke ich das Bedürfnis nach Präsentation der eigenen Wichtigkeit, indem man Sekretärinnen, Abteilungsleiter oder Referenten um sich schart. An denen muss man vorbei. Früher ging man zu dem Entscheider, und wenn man sich dort gut darstellen konnte, war die Sache perfekt. Heute aber habe man es mit unzählig vielen Personen zu tun, die nach dem Motto „viele Köche verderben den Brei“ Projekte mehr verhindern, als dass sie sie befördern würden.

Walter Potganski
Walter Potganski (Foto: privat)

In der Ausgabe 10.2024 von Film & TV Kamera findet sich ein Artikel mit der Überschrift „Schlechte Nachrichten“. Der Autor Volker Striemer sieht die Gefahr, dass insbesondere durch KI viele Arbeitsplätze verloren gehen. Wie beurteilen Sie die Auswirkungen von KI in der Filmwirtschaft?
Manche glauben, man müsste immer wieder etwas Neues dazugeben. Ein besonderes Ding ist die sogenannte KI. Dies ist mir bei den alten Folgen von „Liebling Kreuzberg“ aufgefallen. Ich habe das zufällig beim Zappen gefunden. Das ist teilweise matschig, und dann auch wieder überstrahlt. Wenn das Wetter zum Beispiel draußen grauslich ist, dann muss man es ja nicht künstlich schön machen. Die KI meint offensichtlich, wir seien andauernd im Frühling und alles muss leuchten. Man kann mit KI etwas ausprobieren, aber man muss es auch kontrollieren.

Wir haben da so einen Fall, bei den Firmen, die Synchronisationsarbeit mit KI-Unterstützung liefern. Das Resultat ist eine Sprache ohne jegliche Emotion. Angeblich arbeitet man daran, das zu verbessern. Untertitel mit KI-Unterstützung herzustellen, ist ebenfalls sehr problematisch. Wir haben von Joachim C. Fest „Hitler – eine Karriere“ in Bearbeitung gehabt. Davon haben wir auch englische und französische Fassungen herstellen lassen. Ein erstes Angebot, auch eine japanische Fassung herzustellen, habe ich zunächst abgelehnt, weil ich dachte, ich könnte das Ergebnis nicht kontrollieren.

Aber dann bot sich die Firma Aberle Medien aus Kaiserslautern an, uns den japanischen Kommentar anzufertigen. Anfänglich waren wir sehr skeptisch. Wir konnten nahezu live dabei sein. Der Verantwortliche hatte uns per E-Mail immer die Bilder geschickt und somit gezeigt, wie weit er ist. Und ich muss sagen, es ist fantastisch geworden! Es ist nicht nur hinsichtlich der Schnelligkeit ein riesiger Unterschied, sondern auch in inhaltlicher Hinsicht. Man konnte alles gegenprüfen. Das ist eine Software, die Untertitel perfekt erstellt und sofort den Text in die jeweilige Szene einpasst. Abschließend wird das noch einmal kontrolliert, indem man zum Beispiel einen Muttersprachler das Ergebnis beurteilen lässt. Und auch der Preis liegt etwa bei 20 Prozent von dem, was bisher zu entrichten war. Das Ganze hat vier Stunden bei einem Film von 125 Minuten gedauert. Das ist natürlich für die Arbeitsplätze von Bedeutung. Das tut mir richtig weh, wenn ich sehe, was da auf die Betroffenen zukommt.

Welche Ansprechpartner sind für Sie wichtig?
Ich als Filmhändler gehe, wenn ich einen Film im Auge habe, direkt zu einem Coloristen und rede mit ihm über die Filmkopie. Generell müsste man Kontakt haben mit den Leuten, die den Film gedreht haben, aber etliche von den Kameraleuten oder Regisseuren sind schon verstorben. Ich sehe mir stattdessen mit Herrn Pateludis von Filmscan & more einen Rohscan an. Er hat ein besonders gutes Gefühl, wie das Original digitalisiert werden muss. Er hat eine Software erfunden beziehungsweise weiterentwickelt, mit der er hell, dunkel und die Art der Farben an das Original anpassen kann.

Die richtige Arbeit geht ja erst nach dem Scannen los. Scannen könnte auch ein guter Filmvorführer. Einer unserer Premium-Filme, den Herr Pateludis ebenfalls neu editiert hat, war „Das Pendel und die Schlangengrube“. Wenn sich aber Herr Pateludis einmal in so einen Auftrag verbissen hat, dann kann er auch nicht aufhören. Er arbeitet Stunden um Stunden und selbst in der Nacht an einem solchen Auftrag. Ich sitze oft daneben und sage: „Herr Pateludis, weniger! Das sieht keiner mehr.“ Er: „Doch!“ Wir haben auch einen Film bearbeitet, „Nachtblende“ mit Romy Schneider, bei dem waren wir der deutsche Co-Produzent. Wegen der Qualität von Filmscan & more kommen auch die Schweizer Fernsehanstalten zu ihm. Auch ein Sender der Öffentlich-Rechtlichen in der Bundesrepublik ist Kunde bei ihm. Man weiß, der Mann arbeitet in seinem stillen Kämmerlein für sich und liefert beste Qualität.

Haben Sie eventuell einen Tipp, wie man am schnellsten an die richtigen Leute kommt?
Ja, aber wer sind die richtigen und wichtigen Leute? Dazu eine kleine Geschichte: Ich hatte an den BR den Film „Ich heiße Benjamin“ mit Heinz Rühmann verkauft, an dem ich natürlich die Rechte hatte, Kirch aber das Material besaß. Er wollte 7.000,00 DM für das Material haben. Ich sprach mit der Redakteurin, Frau Hennrich: „Da verdiene ich ja eh nix mehr!“ Sie: „Oh, jetzt gehst a Mal naus, ich ruf den Kirch an.“ Sie hat dann über eine halbe Stunde mit ihm geredet, kam dann zur Tür heraus und sagte: „Jetzt hat der Kirch g’sagt: Aber den Kurier zwischen Unterföhring und Freimann, den wird der Potganski scho zahl’n kenna.“ Die Kosten für den Kurier statt der 7.000, das ist schon ein Unterschied. „Mei, Frau Hennrich, jetzt bin ich so dankbar, dass Sie mir so helfen!“ Ja, sagte sie, jetzt habe sie einen großen Wunsch an mich. Sie wolle zum Filmfestival nach Venedig, hätte aber gelesen, dass besonders ältere Damen im Zug überfallen würden, und ob ich nicht mitfahren könne und sie bewachen. Es geht also, wenn es menschlich zugeht, jeder kann dem anderen irgendwo helfen. Da muss kein Geld im Spiel sein. Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft – das sind die Sachen, mit denen man sich auszeichnet. So kann man auch heute noch arbeiten und das ist auch noch korrekt. [15572]


Möchtest du mehr über Walter Potganskis Blick auf die Branche erfahren? Hier findest du den kompletten Artikel!


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