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IMAGO Studie zu Arbeitsbedingungen von Kamera-Crews

„Wir müssen uns solidarisieren!“

Im Herbst 2024 stellte die IMAGO eine Umfrage online. Filmschaffende aus der ganzen Welt waren aufgerufen, über ihre Arbeitsbedingungen zu berichten. Die Studie soll mit europäischem Schwerpunkt im Herbst vorgestellt werden. Wir sprachen vorab für unser Heft 7-8.2025 mit Regisseur und Kameramann Kurt Brazda vom AAC. Das Mitglied des Imago-Komitees für Arbeitsbedingungen gab uns erste Einblicke, wo es besonders hapert, welche Forderungen schon absehbar sind und was die nächsten Schritte sein werden.

Symbolfoto Filmset
Foto: Jakob Owens

Die Bewegtbildbranche steckt in der Krise. Nach den Belastungen durch die Corona-Pandemie und monatelange Streiks folgt mit dem technologischen Umbruch durch künstliche Intelligenz und die anhaltende Dominanz von Streamingdiensten die nächste Erschütterung. Insolvenzen gehören mittlerweile zum Alltag. Gleichzeitig melden einige der großen Player der Branche Rekordgewinne. So konnten allein Disney und Netflix 2024 jeweils über fünf Milliarden US-Dollar Profit verbuchen. Doch bei denen, die maßgeblich zur Qualität dieser Inhalte beitragen, kommt davon kaum etwas an – es sei denn, man hieße Ryan Reynolds.

Besonders für deutsche TV-Produktionen wird es zunehmend schwieriger, mit dem Tempo und Anspruch internationaler Formate Schritt zu halten. Das ist fatal für eine Branche, in der familienunfreundliche Arbeitszeiten, mangelnde Wertschätzung und schlechte Bezahlung schon vorher ein Problem waren.

Die Welt vereint

Kurt Brazda schaut dem nicht tatenlos zu. Der Regisseur und Kameramann begann seine Laufbahn vor gut 50 Jahren als DoP und dreht seit Beginn der 2000er vor allem Dokumentarfilme, wobei er sich auf die Regiearbeit konzentriert. Brazda ist Mitgründer des Österreichischen Kameraverbands AAC sowie der Akademie des Österreichischen Films und engagiert sich als Mitglied von IMAGO, der World Federation of Cinematographers. Seit fünf Jahren leitet er das IMAGO Working Conditions Committee (IWC), das sich für bessere Arbeitsbedingungen in der Kamera- und Filmbranche einsetzt.

Der Dachverband IMAGO setzt sich seit seiner Gründung im Dezember 1992 in Rom für die Rechte seiner 57 Mitgliedsverbände aus aller Welt ein. Die aktive Arbeit findet in Komitees statt, die als Arbeitsgruppen für die einzelnen Themen zuständig sind. Diese Themen umfassen Aspekte der Autorenschaft, aktuell herausgefordert durch KI, aber auch für Technik, Fortbildungen oder Diversität und Inklusion gibt es Arbeitsgruppen.

 Regisseur und Kameramann Kurt Brazda
Seit fünf Jahren Vorsitzender des IMAGO Working Conditions Comittee: Regisseur und Kameramann Kurt Brazda (Foto: privat)

Das Ziel des Arbeitsbedingungen-Komitees ist es, die Sets in den anderen Ländern der Welt im Blick zu behalten und regelmäßig Erhebungen über den aktuellen Stand zu machen. „Unsere Aufgabe ist zu schauen, wie die Arbeitsbedingungen in den einzelnen Mitgliedsländern sind“, so Kurt Brazda. „Wir wollen auch die Kolleginnen und Kollegen, wenn sie Arbeitskämpfe führen, mit unserem Know-how unterstützen und ihnen Best-Practice-Modelle aus anderen Ländern zur Kenntnis bringen, damit sie mit Beispielen argumentieren können, wie das woanders geht.“ Dafür arbeitet IMAGO mit internationalen Gewerkschaftsverbänden wie UNI-MEI oder EURO-MEI zusammen, um mehr Schulterschluss organisieren zu können.

Die Arbeit des Komitees zu den Arbeitsbedingungen ist derzeit auf der ganzen Welt bitter nötig. „Keine Branche versteht, ihre wahren Arbeitsbedingungen so gut zu verschleiern wie die Filmbranche“, so Kurt Brazda. Natürlich haben viele Filmschaffende sofort Anekdoten parat, wenn es um schlechte Arbeitsbedingungen geht. Um diese mit Zahlen für einen politischen Einfluss zu untermauern, startete das Komitee im November 2024 eine Onlineumfrage für Kameracrews auf der ganzen Welt. Ziel war es, in verschiedenen Themenfeldern wie Arbeitszufriedenheit, finanzielle Sicherheit und Arbeitszeiten die Bedingungen an den Sets in der ganzen Welt zu ergründen.

Kooperationspartner waren die Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt FORBA in Wien, das EU-Parlament und die Verbände der Komitee-Mitglieder. Von Beginn des Projekts an stand das IWC auch in engem Kontakt mit dem Kulturausschuss des EU-Parlaments sowie mit der Direktion für Kultur und Bildung der Europäischen Kommission. Seit dem Frühjahr ist die Umfrage offline und wird über den Sommer hinweg ausgewertet.

Kurt Brazda präsentiert das Konzept der Umfrage
Kurt Brazda präsentiert das Konzept der Umfrage auf der IAGA 2024 in London. (Foto: privat)

Erste Ergebnisse

Erste Resultate liegen schon vor – und sie sind erschütternd. „Wir haben festgestellt, dass nur 13 Prozent der Befragten fertige Verträge haben, wenn sie mit der Arbeit beginnen“, so Brazda. „Das öffnet natürlich Missbrauch Tür und Tor.“ Diese Sparzwänge zu hinterfragen sei aber für Filmschaffende allein gestellt gar nicht so einfach. Die Studie fördere auch zutage, dass eine verbreitete und leider auch berechtigte Angst davor bestehe, nicht mehr gebucht zu werden, wenn man mal für seine Rechte eintrete. Wer hier nämlich einmal in Ungnade fällt, hat ein Problem.

Ein weiterer Aspekt in den verbesserungswürdigen Bedingungen am Set sind die langen Arbeitszeiten. In Zeiten von aus Budgetgründen kürzer werdender Drehzeiten verlagert sich die Arbeit auf den einzelnen Drehtag, der dadurch länger wird. „Wir haben hier bemerkt, dass eine ganze Menge Menschen sehr oft über zwölf Stunden am Tag arbeitet“, sagt Kurt Brazda. „Es arbeitet also kaum noch jemand regelmäßig acht oder zehn Stunden.“

Die europäische Richtlinie dazu besagt, dass nicht länger als 50 Stunden pro Woche gearbeitet werden darf. „Das fordern wir durchzusetzen“, so Brazda weiter. „Und Überstunden müssen so teuer werden, dass sie nur in Ausnahmen passieren.“ Denn die Studie zeigt auch eindeutig, dass Burn-Outs häufiger werden. Auch gehen viele Filmschaffende zur Arbeit, obwohl sie krank wären. Auch hier ist Angst ein großes Problem.


Willst du mehr über die IMAGO-Studie zu Arbeitsbedingungen lesen? Den ganzen Artikel findest du in unserer Ausgabe 7–8.2025!


 

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