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Kamera-Ausbildung: Hochschulen in Deutschland

KHM Köln: „Was ist die Einstellung?“

Wer in Deutschland Bildgestaltung studieren möchte, hat unzählige Ausbildungswege zur Auswahl. Wir haben deutlich vor Covid-19 die wichtigsten Hochschulen in Deutschland besucht und stellen in loser Folge die Schwerpunkte der einzelnen Studiengänge vor. Den Anfang macht die Kunsthochschule für Medien (KHM) in Köln.

Projekt-Dreh im Studio (Bild: Bernd Siering)

Bohème sieht anders aus. Ein Hinterhof in Köln, zugegeben sehr zentral am südlichen Ende der Innenstadt, zweigeschossige Zweckbauten mit Glasfronten, Kübelpflanzen, die sich nach Aufmerksamkeit und Zuspruch sehnen. Der einzige Hinweis, der nahelegen könnte, dass hier nicht etwa wiederaufbereitete Fotokopierer verkauft werden, sind zwei Einkaufswagen mit Leergut in einem schattigen Winkel. Tatsächlich ist hier der Sitz der Kunsthochschule für Medien Köln (KHM), an der es seit 2010 das Fach “Bildgestaltung / Kamera / Montage” gibt. Seit den Anfängen dabei ist Sebastian Richter, Professor für Künstlerische Kamera. Er sitzt mit seinem Laptop am Ende des Unterrichtsraums, gegenüber der weit offenen Tür, die direkt auf den Innenhof führt und wartet auf die Teilnehmer seines Kamera-Seminars. Alle Fenster sind verdunkelt, was den Dozenten in dramatisches Licht taucht. Sicher nichts weiter als Zufall, aber wenn wir in visuellen und filmischen Kategorien denken, erinnert das Ganze, abgesehen vielleicht vom deutlich helleren Hintergrund, an die Eröffnungssequenz des “Paten” – minus Gefahr und Angeboten, die man nicht ablehnen kann.

Zwischen 60 und 70 Studierende schreiben sich pro Semester an der KHM ein. Im Jahresdurchschnitt sind es insgesamt um die 350. Aber wieviele davon sich tatsächlich zum Kamerafrau oder Kameramann ausbilden und ausbilden lassen, kann selbst Sebastian Richter nicht präzise beziffern. Das liegt daran, dass “Bildgestaltung / Kamera / Montage” nur einer von insgesamt elf Studienschwerpunkten an der KHM ist, zwischen denen sich die Studenten frei bewegen können und sollen. Diese Architektur des Studiengangs ist wesentlicher Teil einer umfassenden künstlerischen Ausbildung, die an der KHM als offener Prozess verstanden und umgesetzt wird.

Kommunizieren

“Das ist eigentlich das Schöne hier an dieser Schule, das das nichts getrennt voneinander stattfindet, sondern wirklich übergreifend”, sagt Richter. Dementsprechend fließend sind auch die Grenzen zwischen den Genres, und das Lehrgebiet „Künstlerische Kamera“ ist weder auf Gattungen noch Formen von Filmen beschränkt. Sebastian Richter und seine Professorenkollegin Sophie Maintigneux betreuen sowohl Spielfilm- als auch Dokumentarfilm-Projekte, was sich auch mit der beruflichen Erfahrung der beiden Dozenten deckt. “Tendenziell hat Sofie allerdings im Moment mehr als ich mit den Dokumentarfilmleuten zu tun. Wir machen ja viele gemeinsame Lehrveranstaltungen zwischen Regie, Kamera und Drehbuch. Das ist für die Studierenden extrem gut zu sehen, wie wir miteinander kommunizieren, teilweise uns auch widersprechen. Aber die Art und Weise fair miteinander umzugehen, ist eigentlich, was wir hier in den Seminaren unter den Lehrenden praktizieren, und das vermittelt sich dann natürlich auch an die Studierenden. Das ist jedenfalls der Plan.”

Studenten bei einer technischen Einweisung (Bild: Bernd SIering)

Tatsächlich kommen in Richters Kamera-Seminar an diesem Tag Kameras selbst nur am Rande vor. Konkret geht es um ein fiktionales Filmprojekt, das auf einer Raumstation spielen wird. Der größte Teil des Vormittags vergeht mit Dingen, die sich in der Tat als Einüben und Trainieren von qualifizierter und unmissverständlicher Kommunikation beschreiben lassen. Die Teilnehmer bringen sich gegenseitig auf den aktuellen Stand der verschiedenen Arbeitsgruppen, äußern Missfallen und Irritationen und lösen diese Probleme unter Richters Moderation auf. Sie führen lebhafte, teils kontroverse Diskussionen über das Layout der verschiedenen Sets, die Integration der verschiedenen Gewerke und die Auflösung von Szenen bis hin zur Festlegung von Brennweiten und Kamerafahrten, damit die Spezialeffekte entsprechend angelegt werden können. Diese Gespräche erstrecken sich auch auf die Pausen, und es wird klar, warum an der KHM ein so großer Fokus auf der Kommunikation liegt.

Die später eingesetzte Technik als solche ist dabei sekundär und nichts weiter als Mittel zum Zweck, sagt Sebastian Richter. “Manche Studenten drehen mit der Alexa, andere machen ihre Filme mit dem Telefon, und das kann je nach Projekt auch durchaus angemessen sein.”

Was an der KHM geschieht, ist sicherlich keine Ausbildung im klassischen Sinne zu Kamerafrau oder Kameramann. Hier wird vieles bereits vorausgesetzt, und der Fokus liegt eher auf persönlicher und künstlerischer Selbstentwicklung als der Einübung technischer Perfektion. Dass dieser Ansatz nicht nur künstlerischen, sondern auch kommerziellen Erfolg in der Berufswelt bringen kann, zeigt das Beispiel von Jakob Beurle, der noch während seines Studiums an der KHM seinen ersten “Tatort” drehte.


Möchten Sie mehr erfahren? Hier können Sie ein Gespräch mit KHM-Dozent Sebastian Richter lesen!


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