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DoPs Max Reichel und Franz Hinterbrandner begleiten Bergretter

Echte Fallhöhe (1)

Die BR-Dokuserie „In höchster Not“ dokumentiert die Arbeit ehrenamtlicher Bergretter. ­ Wir sprachen mit den ­ verantwortlichen DoPs Franz Hinterbrandner und Max Reichel über Ästhetik, Gefahren und den didaktischen Nutzen der Reihe.

BTS "In höchster Not"
Foto: BR / Timeline Production

12:20 Uhr. In der Bergwachtstation im bayerischen Ramsau bei Berchtesgaden klingelt das Telefon. Vor einem detaillierten Poster des Watzmanns sitzt der Bergwacht-Einsatzleiter Lukas Wurm. Der Anruf kommt von der Rettungsleitstelle: Im Schönfeldgraben soll jemand abgestürzt sein. „Ein Absturz an der Stelle, es ist unwahrscheinlich, dass man sich da nicht verletzt“, schätzt Wurm die Lage ein. Er versucht das Mobiltelefon der Person zu erreichen. Ohne Erfolg. Weitere ehrenamtliche Bergretter eilen zur Wache, darunter Franz Vogl. Der Helikopter ist schon angefordert, Vogl und ein Kollege steigen ein. „Wir rücken aus, sobald der Alarm losgeht“, erläutert Vogl. „Wir warten nicht, bis wir alle Informationen zusammen haben.“ Doch was sie bereits wissen, gibt Anlass zu ernster Sorge. Denn die Absturzstelle liegt etwa 40 Meter unterhalb der Aufstiegsroute. „40 Meter, das ist hoch“, sagt Vogl. „Da muss man fast schon damit rechnen, dass der nicht mehr lebt.“

Vertrauen und Können

Seit April kann das Publikum der ARD Mediathek die Abenteuer der Bergrettungsteams unter dem Titel „In höchster Not“ am Bildschirm miterleben. Dafür schickte der Bayerische Rundfunk über jeweils 100 Drehtage hinweg zwei Kameracrews an den Bergwachtstandorten in Ramsau und Grainau mit auf den Berg. Haupteinsatzort sind die Berchtesgadener Alpen mit ihrem 2.713 Meter hohen Gebirgsstock, dem Watzmann sowie die Region Wettersteingebirge mit der Zugspitze.

Umgesetzt wurde die Serie nach einer Idee des Bayerischen Rundfunks von zwei erfahrenen Kletterern und Kameraleuten: Franz Hinterbrandner und Max Reichel sind seit mehr als 25 Jahren mit der Kamera am Berg unterwegs. Sie drehten für Pepe Danquart den Rekordversuch von Alexander und Thomas Huber am El Capitan im Yosemite Nationalpark für den Kinofilm „Am Limit“. Auch für den Kinospiel­film „Nordwand“ unterstützten die beiden Kameraleute den DoP Kolja Brandt am Berg. Mit ihrer Produktionsfirma Timeline Production in Bad Reichenhall sitzen sie in räumlicher Nähe zum Salzburger Sender Servus TV, für den bereits über 40 Folgen des Dokuformats „Bergwelten“ entstanden.

BTS "In höchster Not"
Kameramann und Executive Producer Max Reichel dreht in der Nähe des Blaueisgletschers. (Foto: BR / Timeline Production)

Vor fünf Jahren dann machten die beiden mit ihrem Unternehmen eine zweiteilige Reportage über die Bergwacht für das ZDF. Deshalb kam 2024 der BR auf Hinterbrandner und Reichel zu und fragte, ob die beiden an einem Pitch für eine Doku-Serie über die Bergwacht teilnehmen wollten. Sie reichten ein und erhielten den Zuschlag. „Der Grund, dass die Bergwachten überhaupt mitgemacht haben, war das Vertrauen in uns wegen unserer langjährigen Expertise“, sagt Max Reichel. „Die hätten das mit keinem anderen gemacht.“

Die Bergretter müssen überzeugt davon sein, dass sie sich nicht zu irgendeinem Zeitpunkt auch noch um das Kamerateam kümmern müssen. Von vielen anderen Dreharbeiten kannten die Bergretter-Teams Reichel, Hinterbrandner und ihre Kameraleute und wussten: Die können sich autark am Berg bewegen. Zudem spricht man die gleiche Sprache, ist mit dem Bergjargon vertraut. „Wichtig war auch, dass die uns glauben, dass das, was wir da an die Öffentlichkeit rausgeben, nicht zu reißerisch, zu übertrieben ist, nicht den Patienten bloßstellt, sondern ihre Arbeit so dokumentiert, wie sie das täglich machen“, so Hinterbrandner. Die beiden Kameraleute und Produzenten wollten von Anfang an so authentisch wie möglich sein. Kein distanzierter Off-Kommentar sollte erklären, sondern die Bergretter sollten alle selbst zu Wort kommen und die Einsätze später im Interview einordnen. Um die nötige dramaturgische Fallhöhe machten sich Hinterbrandner und Reichel keine Sorgen. Die würde von den Einsätzen selbst kommen und musste nicht eigens konstruiert werden.

BTS "In höchster Not"
Die Kameracrew dokumentiert eine Übung der Bergwacht Ramsau.(Foto: BR / Timeline Production)

Bergerfahrung gefragt

Die Dreharbeiten begannen im Sommer 2024. Von da an waren durchgehend zwei dreiköpfige Teams im Einsatz, genauso wie die Bergrettungsteams in ständiger Bereitschaft. Die Kameracrew bestand aus den Kameraleuten Sebastian Gschaider, Paale Borgenheimer, Maximilian Maier, Felix Bub, Silvan Metz, Florian Kober, Hannes Kirschner, Sebastian Möslin­ger und Peter Hirsch. Hinzu kamen als Assistenz Klaus Fengler, Raphael Maier, Mascha Deikova und Stefanie Karner. Eine der wenigen, aber zentralen Regeln lautete: Die Bergretter haben immer das letzte Wort. „Wenn die sagen, hier geht’s nicht weiter, müssen wir abbrechen.“

Alle Kameraleute, die im Projekt zum Einsatz kamen, hatten zahlreiche Dreheinsätze am Berg hinter sich. Wie alle guten Doku-Kameraleute mussten sie in den meisten Situationen auch Regiekompetenzen mitbringen, um zu entscheiden, was sie drehen würden und was nicht. Sie mussten lange Wartezeiten aushalten, jederzeit einsatzbereit sein, egal ob ein kurzer Hubschraubereinsatz ansteht oder eine Zwölf-Stunden-Suchaktion. „Genau wie der Einsatzleiter entscheidet, wen er wohin losschickt, müssen auch wir oder unsere Leute vor Ort von jetzt auf gleich entscheiden, wie sie sich aufteilen“, so Reichel. Körperliche Fitness war Grundvoraussetzung. Jeder hatte einen Rucksack dabei, der für eine große Alpintour gepackt war: Proviant und Wasser, grundlegende Ausrüstung für alle Wetterlagen, Helm, Taschenlampe, Pickel, Steigeisen und Seil sowie natürlich Akkus, Speicherkarten und Kamerazubehör. [15576]


Morgen kannst du hier lesen, wie am Berg Bodycams und Canon Cinema-Kameras eingesetzt wurden und wie in der Postproduktion aus 300 TB Material die Serie entstand!


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