Die FISU World University Games 2025 brachten 18 Sportarten in zwölf Städte. Wir konnten hinter den Kulissen zuschauen, wie daraus eine Liveproduktion von weltweitem Format entstand.
Foto: Creative Art Production
Im modernisierten Lohrheidestadion in Bochum-Wattenscheid kamen bei den Leichtathletik-Wettbewerben mehrere technische Innovationen zum Einsatz. Für dynamische Verfolgungsfahrten bei Mittel- und Langstreckenläufen setzte das Produktionsteam auf ein motorisiertes Elektro-Einrad mit Kameraoperator, der die Läufer auf Augenhöhe begleitete. Stabilisiert wurde das Bild über ein DJI-Ronin-Gimbal mit einer kompakten Kamera samt Funkstrecke und Mikrofon. Zwei weitere mobile Units waren mit vergleichbarer Ausstattung, jedoch ohne Einrad, im Innenraum unterwegs.
Bei den Wurfdisziplinen kamen bodennahe Superweitwinkel-Kameras zum Einsatz, unter anderem beim Hammerwurf im gesicherten Wurfkäfig. Die Chipkameras lieferten gestochen scharfe Bilder aus dem Zentrum der Bewegung, ohne dass das Fangnetz den Blick störte. Das war eine deutliche visuelle Aufwertung für eine sonst eher weniger attraktive Disziplin.
Ein besonderes Highlight war der Einsatz einer neu entwickelten Mini-FPV-Drohne von House of Drones aus der Schweiz. Das nur handtellergroße System mit einem Abfluggewicht von rund 100 Gramm ermöglichte spektakuläre Flugmanöver direkt im Stadion. Die Bildübertragung erfolgte in 1080p50 via Funkverbindung zum Ü-Wagen, gesteuert über eine FPV-Brille mit Direktverbindung zum Piloten.
Beim Speerwurf flog die Minidrohne quer zur Flugbahn an, versuchte den Wurf in einem Bogen mitzuverfolgen und lieferte so völlig neue Perspektiven. In der Praxis erwies sich der Drohnenflug jedoch als schwierig zu timen, so dass der Wurfmoment selbst im Replay häufig nicht sichtbar war. Ein stärker getrackter, dramaturgisch kontrollierter Einsatz könnte hier künftig deutlich mehr Wirkung entfalten, zum Beispiel mit einem semiautomatischen Flugpfad, der dem Speer auf gleicher Höhe folgt.
Beim Stabhochsprung gelangen hingegen eindrucksvolle, nahezu filmische Einstellungen. Die Drohne näherte sich auf Höhe der Latte, schwenkte hinter dem Sprungbogen in einen Halbkreis und hielt die Athleten bei der Landung stabil im Bild. Auch das Flugverhalten inklusive stabilisiertem Horizont war hier bereits sehr gut abgestimmt.
Einzige konzeptionelle Schwachstelle war die Stadionausleuchtung. Das neue Stadionlicht in Wattenscheid scheint noch nicht für die Ausleuchtung von Broadcast-Produktionen optimiert worden zu sein. Gerade im Zielbereich oder bei schnellen Bewegungen lagen die Gesichter oft im Schatten. Auch grafische Elemente wie virtuelle Linien im Weitsprung oder die Startblocknummern mit LED-Beleuchtung, die im Kamerabild flimmerten, sorgten für Irritationen. Die Kombination aus mobilen Bodenkameras, kreativen FPV-Perspektiven und klassischer Stadionproduktion zeigte jedoch eindrucksvoll, welches visuelle und filmische Potenzial heute auch in komplexen Live-Situationen möglich ist.
Nah dran: Kompaktkameras hinter dem Sicherungsnetz bei den Wurfdisziplinen (Foto: Creative Art Production)
Kommunikation für 33 Venues
Für Aufbau und Betrieb der gesamten Kommunikations- und Netzwerkverbindungen war Riedel Communications verantwortlich. Das umfasste sämtliche 33 Wettkampfstätten ebenso wie das zentrale IBC in der Messe Essen. Dort wurde ein Network Operation Center (NOC) mit vier Mitarbeitenden eingerichtet, wie Senior Project Manager Lukas Stellmacher berichtete.
Vor Ort sorgte Riedel für die temporäre Netzwerkinfrastruktur inklusive Internet, lokalem IP-Netz und WLAN, etwa für Timing und Scoring, mit rund 53 Kilometern verlegter Multicore-Glasfaser. Die Anbindung der Sportstätten an das IBC erfolgte über das Glasfasernetz von MTI Teleport München.
Für Intercom-Verbindungen kamen 100 drahtlose Bolero- und Bolero-S-Beltpacks sowie 50 kabelgebundene Sprechstellen auf Basis von acht Artist-Matrixsystemen zum Einsatz, auch in allen NEP-Ü-Wagen. Im Produktionsfunk wurde ein flächendeckendes Tetra-Netz mit 2.000 Motorola-Sprechfunkgeräten aufgebaut, verteilt auf 300 Gruppen in 28 Zonen. Dazu wurden 20 Tetra-Systeme von DAMM und Motorola betrieben. Die Verbindung zu Artist und Bolero stellte das System RIEDEL Juggler sicher. „Die besondere Herausforderung lag darin, dass wir nur eine Planungszeit von knapp acht Wochen hatten“, resümiert Lukas Stellmacher. „Trotz der kurzen Planungsphase und dem enormen Umfang an benötigtem Material und Personal ist uns die Umsetzung aber ohne nennenswerte Probleme reibungslos gelungen.“
Vielseitige Verwertung
Für die weltweite Ausstrahlung der FISU World University Games 2025 übernahm Warner Bros. Discovery das multilaterale World Feed. Eurosport 1 und 2 sendeten im linearen Fernsehen rund 20 Stunden Live-Programm mit Fokus auf Kernsportarten wie Leichtathletik und Schwimmen. Der deutsche Kommentar wurde im Sendezentrum bei München zugespielt.
Die nationale Berichterstattung verantwortete der WDR. Von den Standorten im Kölner Stadtzentrum sowie in Köln-Bocklemünd wurden sechs Fernsehsendungen sowie bis zu vier parallele Livestreams produziert. „Die Signale der Sportevents mit zehn World Feeds und zwei nationalen Signalen von der Leichtathletik aus Wattenscheid wurden über Dark Fibre mit Nimbra Technologie vom IBC in Essen direkt nach Köln-Bocklemünd geleitet“, erläutert Frank Dieffenbach, WDR-Produktionsleiter Technik. „Der WDR Ü-Wagen HD2 diente als zentrale Abwicklungsregie für die lineare Ausspielung mit ausgelagerten Arbeitsplätzen für EVS-Systeme und Grafik im nebenliegenden WDR-Gebäude.“
Für die WDR-Moderatorin Okka Gundel und ihre Gäste wurde im Lohrheidestadion eine Presenter-Position mit Blick auf den Zielraum eingerichtet. Die Subregie übernahm der NEP-Ü-Wagen HD14 im TV-Compound. O-Töne wurden wie schon bei der Eröffnung in Duisburg mit einer mobilen Kameraeinheit und LiveU 800 flexibel vor Ort aufgezeichnet.
Die Presenterposition des WDR im Leichtathletik-Stadion (Foto: Creative Art Production)
Fazit
Die FISU World University Games 2025 haben gezeigt, dass sich in Deutschland internationale Sportproduktionen dieser Größenordnung technisch und redaktionell souverän umsetzen lassen. Mit NEP als Host Broadcaster, dem WDR für die nationale Ausspielung sowie Partnern wie Riedel gelang eine weitgehend reibungslose TV-Produktion.
Die Bildgestaltung überzeugte mit kreativen Kameralösungen etwa durch FPV-Drohnen, Kleinstkameras oder mobile Gimbals. Gleichzeitig offenbarte das Event punktuell Verbesserungspotenzial bei Licht, Ton und Infrastruktur.Sendetechnisch wurde bereits vieles in UHD inklusive Dolby-Atmos-Optionproduziert und damit ein Standard erreicht, der auch für größere Aufgaben wie Olympische Spiele tauglich wäre. [15578]