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Multicam-Produktion als Bachelorarbeit

52 Minuten Perfektion (1)

Wie viel Professionalität lässt sich in eine studentische Produktion stecken? Für seine Bachelorarbeit inszenierte David Waggershauser eine musikalische Livesession mit Showlicht, Bühnendesign, Multikamera und maximalem­ Anspruch bei Gestaltung, Technik und Produktion.

Behind the scenes
Foto: Susanne Diesner

Beginnen wir doch ganz am Anfang: Wie bist du dahin gekommen, wo du heute stehst? Welche Ausbildung hast du gemacht und welche Stationen oder Projekte haben dich auf deiner Reise besonders geprägt?
Ich komme ursprünglich von der musikalischen Seite. Ich habe schon früh angefangen, Musik zu machen, zunächst klassischen Kontrabass, später kam Gitarre dazu. Ich war immer aktiv, in Bands, mit verschiedenen Instrumenten. Irgendwann wurde mir klar: Ich möchte lieber mit Musik arbeiten, als selbst Musiker zu sein. So bin ich während der Schulzeit schon in die Veranstaltungstechnik reingerutscht, habe als Stagehand gearbeitet, als Techniker gejobbt, und schließlich war klar: Das möchte ich vertiefen. 2019 habe ich dann das Studium zum Ton- und Bildingenieur in Düsseldorf begonnen.

Das läuft dort in Kooperation zwischen der Robert Schumann Hochschule für Musik und der Hochschule Düsseldorf, Fachbereich Medien. Die künstlerischen Fächer wie Musiktheorie, Gehörbildung oder Partiturlesen gehören zur Musikhochschule. Dort habe ich sechs Semester Jazzgitarre als Hauptfachinstrument studiert. Die technischen Fächer, also alles Ingenieurmäßige, laufen über die Hochschule Düsseldorf.

Ich habe mich zunächst auf klassische Tonmeisterei konzentriert, bin dann aber mehr in den Video- und Filmbereich gewechselt. Heute liegt mein Schwerpunkt bei Multikameraproduktionen – entweder als Regisseur oder als Director of Photography bei Single-Cam-Produktionen. Hier arbeite ich fast ausschließlich im musikalischen Bereich: Livesessions, Konzertfilme – solche Formate mache ich besonders gern. Innerhalb des Studiums konnte man dann als Projekt für die Bachelorarbeit eine solche Produktion realisieren.

Was genau war dann dein Bachelorprojekt? Wie kam es zu der Idee?
Die ursprüngliche Inspiration dazu kam ganz am Anfang meines Studiums. Da wurden uns Erstsemestern ein, zwei größere Projekte von älteren Studierenden gezeigt, das waren richtige Vorzeigeproduktionen. Eine davon hieß „Stadtrausch“, das war ein riesiges Ding mit rund 100 Leuten in der Crew, Bigband und Orchester, Multikamera, Live-Tonaufnahme, technisch extrem aufwendig und kreativ sehr stark. Ich fand das richtig cool.

Behind the scenes
Vier ARRI AMIRA Live waren die Arbeitspferde bei der Bildgestaltung. (Foto: Susanne Diesner)

Leider waren diese Projekte alle in der Vergangenheit, also kurz vor meiner Zeit entstanden. Und dann kam auch schon Corona: Plötzlich gab’s gar nichts mehr in dieser Richtung, keine größeren, aufwendigeren Produktionen mehr. Irgendwann dachte ich mir dann: Wenn’s keiner macht, dann mache ich es eben selbst!

Die Idee zu einer szenisch inszenierten Livesession, so ein bisschen wie bei den klassischen MTV Unplugged-Konzerten, nur mit Showlicht und stilisiertem Setting, hatte ich schon länger im Kopf. Eine Band, vielleicht mit Streichern, aber das Ganze eben in einem bewusst gestalteten Raum mit Lichtdesign, nicht bloß dokumentarisch abgefilmt. Das habe ich dann als Bachelorprojekt umgesetzt.

Wie bist du dabei vorgegangen?
Das Erste war eigentlich, das Team zusammenzustellen. Ich habe mir relativ schnell Marie Fritzsche als Produzentin mit ins Boot geholt, eine Medientechnik-Studentin von der Hochschule Düsseldorf, die direkt Lust hatte, das Ganze zu produzieren.

Mir war wichtig, dass es nicht nur mein Bachelorprojekt ist, sondern dass mehrere Abschlussarbeiten daran beteiligt sind. Das gibt dem Projekt mehr Gewicht und bringt automatisch mehr Engagement mit. Also habe ich gezielt nach einem Kommilitonen im Tonbereich gesucht, der ebenfalls gerade an seiner Bachelorarbeit arbeitet. Ein Professor hat mir dann Julian Böckeler empfohlen, den ich zwar kannte, aber mit dem ich noch nie zusammengearbeitet hatte. Anfangs war Julian noch etwas skeptisch, ob das Projekt überhaupt machbar wäre, aber nach ein paar Gesprächen hat er sich dann überzeugen lassen und hatte dann auch richtig Lust, das Ganze als Tonmeister zu begleiten. Damit war er sehr schnell fest im Team.

Nach und nach ist dann unser Kernteam gewachsen. Ein Lichtdesigner kam dazu, eine zweite Produzentin, weil wir schnell gemerkt haben, dass das für eine Person zu viel wird, dazu ein technischer Leiter und eine Bühnendesignerin. Wir haben uns anfangs monatlich, später alle zwei Wochen und schließlich wöchentlich getroffen, um das Projekt Schritt für Schritt weiterzuentwickeln, zu planen und am Ende auch umzusetzen.

Behind the scenes
Alle AMIRA-Kameras waren mit Canon Cine-Servo-Zooms ausgerüstet. (Foto: Laura Sasserath)

Wann fand dann die Produktion letztlich statt und was war das Endergebnis?
Die eigentliche Produktion fand Anfang Oktober 2024 statt mit insgesamt sechs Tagen: zwei Tage Aufbau, ein Probentag, zwei Drehtage und ein Abbautag. Das Endprodukt ist eine 52-minütige Aufzeichnung geworden.

Wir haben das Ganze von vornherein als YouTube-Format geplant, also waren wir zeitlich nicht gebunden. Trotzdem wollte ich unter einer Stunde bleiben, aber auch nicht zu kurz werden. Irgendwo zwischen 40 und 60 Minuten schien mir sinnvoll. Das ist lang genug, dass sich der ganze Aufwand lohnt, aber kurz genug, um dramaturgisch die Spannung zu halten. Immerhin haben wir eine Band ohne Publikum gedreht. Das bringt eine eigene Dynamik mit sich.

Die Band stand recht schnell fest. Ich wollte bewusst niemanden aus dem Hochschulumfeld, sondern eine externe Indiepop-Band. Gemeinsam mit dem Tonmeister haben wir recherchiert und sind schließlich bei NEEVE gelandet. Die hatten sofort Interesse und die Zusammenarbeit hat von Anfang an gut funktioniert.

Wir haben uns dann auf eine Setlist von 14 Songs geeinigt. Dabei war mir wichtig, auch beim musikalischen Inhalt mitzureden, genauso wie die Band später beim Lichtdesign und der Kamerainszenierung mitreden durfte. Es sollte ein echtes Miteinander werden, kein reines Zuliefern einzelner Gewerke. [15581]


Wie die Produktion mit Timecode, ARRI AMIRAs und einem minutiösen Lichtdesign umgesetzt wurde, kannst du morgen hier lesen.


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