Die Bildgestaltung der „Mission: Impossible“-Reihe
Die Handlung vorantreiben (1)
von Timo Landsiedel,
Mit „Mission: Impossible – The Final Reckoning“ kam ab dem 21. Mai 2025 der achte und letzte Teil der Reihe in den Kinos. Seit „Mission: Impossible“ von 1996 setzt Tom Cruise mit seinen Regisseuren Maßstäbe. Stets standen auch visionäre DoPs an ihrer Seite, wie Robert Elswit, Jeffrey L. Kimball oder Dan Mindel. Wir lassen die gesamte Reihe Revue passieren und erläutern, wie Bildgestaltung, Licht und Action sich über die Jahre entwickelten.
Foto: Keith Bernstein / Paramount Pictures
Als 1996 zum ersten Mal die ikonische brennende Zündschnur der Mission: Impossible-Titelsequenz über eine Kinoleinwand zischte, war nicht jeder Fan der beiden Vorgängerserien begeistert. Zwar hatte „Mission: Impossible“ als Kinofilm nur noch wenig mit den gleichnamigen TV-Serienklassikern der 1960er- und 1980er-Jahre gemein. Doch dass ausgerechnet Jim Phelps, langjähriger Held und Leiter der Geheimorganisation IMF, plötzlich zum Verräter wurde, ging für manche zu weit. In der Serie war er über 200 Folgen lang von Peter Graves verkörpert worden, im Kinofilm spielte Jon Voight die Figur.
Dabei lagen die Irritationen nicht an Tom Cruise als Ethan Hunt, der die Hauptrolle übernahm. Vielmehr war es der drastische inhaltliche Neustart, den Regisseur Brian De Palma mit stilistischen Anleihen bei Hitchcock, doppelten Böden und reichlich Plottwists inszenierte. Die Streicherstöße und Bongos in Danny Elfmans Neuinterpretation von Lalo Schifrins ikonischer Titelmelodie unterstrichen den Bruch und zugleich die Neugeburt.
Was wie ein riskanter Kurswechsel begann, wurde zum Beginn eines der langlebigsten Action-Franchises der Kinogeschichte. Sieben Filme sind bislang erschienen, die unterschiedlicher nicht hätten ausfallen können.
Das Erbe – „Mission: Impossible“ (1996)
Die fast 30 Jahre währende Produktionsgeschichte der Abenteuer von Ethan Hunt sind nicht zuletzt auch eine Historie der Technologieentwicklung. Als die Dreharbeiten zu „Mission: Impossible“ im März des Jahres 1995 begannen, wurden Kinofilme ausschließlich auf analogem Film gedreht. Regisseur Brian de Palma und seinen DoP Stephen H. Burum verband Mitte der 1990er Jahre bereits ein langjähriges, erfolgreiches Wirken. Seit „Der Tod kommt zweimal“ von 1984 hatten beide wiederholt bei heutigen Klassikern wie „Carlitos Way“, „Die Verdammten des Krieges“ oder „Die Unbestechlichen“ zusammen gearbeitet.
Eine der größten Herausforderungen von „Mission: Impossible“ waren die Dreharbeiten in Prag, wo die Szenen größtenteils bei Nacht spielten. Hier liefen vor allem zahlreiche Rollen Kodak Eastman EXR 500T 5298 durch Burums Kamera, einer Panavision Panaflex Platinum. Bei diesem Material blieb Burum für den gesamten Film und ließ es in London bei den Rank Film Laboratories, heute Deluxe, wie 400-ASA-Material entwickeln.
Prekäre Lage: Für den letzten Teil der Mission: Impossible“-Reihe trieb Tom Cruise das Level seiner selbst durchgeführten Stunts auf die Spitze. (Foto: Paramount Pictures)
Der erste Film der Reihe setzte zwar noch keine neuen Maßstäbe in puncto Selbstgefährdung des Hauptdarstellers. Beeindruckend waren die Stunts und ihre Inszenierung dennoch. In einem Restaurant trifft Ethan Hunt, gespielt von Tom Cruise, auf seinen Vorgesetzten Kittridge, verkörpert von Henry Czerny. Dort steht ein riesiges Aquarium. Während des Dialogs, der durchzogen von untersichtigen Dutch Angles ist, erkennt Ethan Hunt, dass man ihn zum Sündenbock machen will, und flieht auf spektakuläre Weise, indem er das Aquarium sprengt. Dafür errichtete das Szenenbildteam um Norman Reynolds eine komplette Fassadenkulisse samt Nachbargebäuden. Der Wassertank über den Darstellern fasste insgesamt 16 Tonnen. Die Explosion wurde aus mehreren Perspektiven gefilmt und mit separaten Aufnahmen von Tom Cruise und Henry Czerny kombiniert, in denen beide von Wassermassen getroffen werden.
Auch die Schlusssequenz an und auf dem TGV-Zug im Eurotunnel gehört zu den Moneyshots dieses ersten Films. Hier lagen sich jedoch Regisseur Brian de Palma und ILM-Supervisor John Knoll über die physikalische Logik in den Haaren. Die Sequenz gehört auch sicher nicht zu den glaubhaftesten CG-Szenen, die ILM je gemeistert hat.
Visuell blieb der Film überwiegend geerdet und setzte auf klassische Gestaltungsmittel. DoP Stephen H. Burum kombinierte dafür die Panaflex mit Anamorphoten der Panavision-C-Serie. Diese zog er den schwereren Objektiven der E-Serie vor, weil sie kompakter und leichter waren. „Das ältere Objektivdesign hat etwas, das den Anschein von mehr Schärfentiefe erweckt“, sagte Burum 1996 dem American Cinematographer. „In Wirklichkeit ist der Begriff Schärfentiefe Unsinn. Es gibt nur einen absoluten Schärfepunkt. Alles, was sich davor und dahinter befindet, ist nicht wirklich scharf, sondern erscheint dem Auge nur als scharf.“
Dem American Cinematographer verriet der DoP auch, wie er die Schärfe seiner anamorphotischen Shots hinbekommt. „Man kann ein anamorphotisches Objektiv nicht unter T4 einstellen und es scharf halten“, so Burum. „In ausweglosen Situationen habe ich Szenen mit T2,8 gedreht. Ich bin damit durchgekommen, weil ich sehr hart und sehr kontrastreich beleuchte, was den Bildern eine falsche Schärfe verleiht.“
Trotz ihrer Abneigung gegen digitale Bildakquisition schwenkten Cruise, McQuarrie und ihr DoP Fraser Taggart für die letzten zwei Teile auf die Sony VENICE und ihre Rialto-Erweiterung um. (Foto: Antonio Olmos / Paramount Pictures)
Viele Köche
Nach dem finanziell erfolgreichen Start holte Hauptdarsteller und Produzent Cruise für „Mission: Impossible II“ den legendären Hongkong-Action-Regisseur John Woo an Bord. DoP Jeffrey L. Kimball kannte Cruise schon von „Top Gun“. In der visuellen Inszenierung setzte sich Woo jedoch gegen die klassische Visualität von Kimball durch. Das Lexikon des internationalen Films fand für Woos Inszenierung die Umschreibung „opernhafte Schwülstigkeit“. Tatsächlich wirken die zahlreichen Zeitlupen von Kämpfen, Trampolinsprüngen und auffliegenden weißen Tauben aus heutiger Sicht eher ungewollt komisch.
Dennoch setzte dieser zweite Film in der Reihe wichtige Standards für den Erfolg der nachfolgenden Projekte. Erstmals übernahm nämlich Cruise hier weite Teile seiner Stunts selbst, wie es in Hongkong-Filmen seines Regisseurs Woo eben üblich war. So kletterte Cruise, von Kletter-Double Ron Kauk geleitet, tatsächlich in der ikonischen Intro-Sequenz am Dead Horse Point in Utah in schwindelerregender Höhe über die roten Felsen. Natürlich war der Star zu jedem Zeitpunkt gesichert und das Abrutschen mit Beinahesturz über den Felsvorsprung überließ er dem Stuntman Keith Campbell. Gedreht wurde das Ganze von Kletter-DoP Earl Wiggins in der Wand sowie mehreren Kameras auf einem höher gelegenen Vorsprung. DoP Kimball setzte eine Panaflex Platinum, ihre Lightweight-Variante sowie die Arriflex 435 ein. Auch Woo und Kimball setzten auf Anamorphoten, wechselten diesmal aber zur Panavision-Primo-Reihe. Dennoch bleibt der zweite Film der von Fans und Kritikern am schlechtesten bewertete Teil der Reihe.
Auch „Mission: Impossible III“ kam erzählerisch ins Straucheln, vor allem, was die Logik betraf. Dabei führte mit J.J. Abrams ein Regisseur Regie, der sich zuvor als Showrunner von Serien wie „Lost“ und „Alias“ einen Namen gemacht hatte. „Mission: Impossible III“ war tatsächlich sein Feature-Regie-Debüt. Doch ein visuelles Feuerwerk war auch dieser Film, fotografiert von DoP Dan Mindel, der später mit Abrams zwei der „Star-Wars“-Fortsetzungen machte.
Mit „Mission: Impossible“ sicher durch Karrieretiefs und fragwürdige Filmtrends: Tom Cruise mit Regisseur McQuarrie bei der Besprechung der Unterwasserszenen. (Foto: Antonio Olmos / Paramount Pictures)
Der Plot beginnt bei einem zur Ruhe gesetzten Ethan Hunt, an seiner Seite erstmals seine Ehefrau Julia, gespielt von Michelle Monaghan. Mit der Einführung von Simon Pegg als Comic Relief Benji Dunn gelingt ein kluger Besetzungsgriff, ebenso wie mit Philip Seymour Hoffman in der Rolle des Gegenspielers. Und doch will der Film als Ganzes nicht recht zünden und keine der Actionsequenzen blieb nachhaltig im Gedächtnis.
Ab dem vierten Streich „Mission: Impossible – Phantom Protokoll“ bekamen die Filme einen Beinamen und es ging qualitativ nur noch aufwärts. J.J. Abrams wechselte in die Rolle des Produzenten, während Brad Bird die Regie übernahm, und DoP Robert Elswit machte den vielleicht visuell interessantesten Film bisher. Mit Jeremy Renner und Alec Baldwin kommen zwei spannende Figuren mit ins Team, die der Reihe über mehrere Filme treu bleiben.
Die ikonische Sequenz mit dem am Burj Al Khalifa hängenden Tom Cruise setzte auch actiontechnisch den Ton für die kommenden Filme. Fortan wurden Making-of-Blicke hinter die Kulissen massiv für die Marketingkampagnen genutzt. Nach wie vor setzen die DoPs größtenteils auf Panavision-Kameras und Anamorphoten wie die G- und C-Serie aus dem Panavision-Portfolio. Doch erstmals finden sich auch digitale Aufzeichnungsgeräte wie die RED Epic auf dem Magliner.
Wie sich die Reihe mit „Fallout“, „Dead Reckoning“ und „The Final Reckoning“ weiterentwickelte, kannst du morgen hier lesen!