Anzeige
Anzeige

Analoge Spezialeffekte in digitalen Zeiten

In unserer Ausgabe 10/2018 fragte Gerdt Rohrbach den MovieSFX-Inhaber Schwerthelm Ziehfreund, was ihn dazu bewegt hat, in digitalen Zeiten analoge Effekte für den Film anzubieten.

VEGANE BLUTBÄDER

Auch bei den Tierdummies wird beträchtlicher Aufwand getrieben. Hier arbeiten die Experten von MovieSFX mit speziellen künstlich hergestellten Fellen, Haaren und Federn. „Speziell heißt hier, dass wir mit einer Polyacrylfaser arbeiten“, erläutert Schwerthelm Ziehfreund. „Unser Lieferant stellt uns dann nach unseren Vorgaben auch die erforderliche Textur her. Dabei kann er auch Unter- und Oberfell farbecht produzieren. Mit diesen Fellen kann man alles machen: Sie können nass werden, der Sonne ausgesetzt sein: die Färbung bleibt und keine Farbe verklebt oder bröckelt.“ Warum dieser Aufwand, wenn man doch gleich echte Tierfelle nehmen könnte?
„Die sitzen auf einer Lederhaut. Und diese Häute kann man nur sehr schwer, wenn überhaupt, über eine elektronisch bewegte Mechanik ziehen“, erklärt der Firmenchef. „Die darunter produzierte Bewegung würde dann gebremst und nicht an die Oberfläche weitergeleitet. Unser Gewebe ist hingegen sehr flexibel und dehnfähig. Und nicht zuletzt sind diese Felle absolut allergiefrei und tierschutzgerecht. Hinzu kommt, dass immer mehr Schauspieler vegan sind. Im Sinne der Nachhaltigkeit entsprechen wir auch diesen Vorstellungen. Dies gilt auch für den Produktionsprozess. Wir verwenden Kleber, Farben und Pinsel mit synthetischen Borsten, die alle veganen Prinzipien entsprechen.“

VFX VS. SFX

Bei aller Virtuosität: ist nicht die Welt der realen, dinglichen Spezialeffekte angesichts dessen, was heute virtuell mit Rechnerhilfe erzeugt werden kann, ein klein wenig auf dem falschen Zweig der technischen Evolution angesiedelt? Ziehfreund widerspricht. „Unsere Objekte haben einen Riesenvorteil: Der Schauspieler hat ein Gegenüber zum Anspielen. Das erleichtert ihm die Darstellung seiner Rolle. Auch der Zuschauer ist es leid geworden, immer nur irgendwelche CGI-Effekte zu sehen. Er merkt, ob etwas aus dem Computer kommt oder real ist. Aber gegen eine Symbiose aus VFX und SFX haben wir nichts einzuwenden.“ Für die Pro7-Märchenstunde sind etliche animatronische Figuren und Puppen entstanden: der sprechende Baum, die vorlauten Äpfel aus Frau Holle, der Froschkönig, der Goldesel, eine freche Ziege. Für „Hui-Buh“ mit Bully Herbig waren es ein vierarmiger Buchhalter und diverse Gespenster. Auch eine Mumie und ein Geisterbaum kamen vor. Diese Figuren haben es im wahrsten Sinne des Wortes in sich: Der sprechende Baum zum Beispiel kann die Augen drehen und die Lippen bewegen, also richtig sprechen. Hierfür hatte das Team vom Auftraggeber vorab die Texte bekommen, so dass bekannt war, welche Laute dieser Mund formen musste. Das eigentliche Sprechen wurde dann programmiert, so dass man es ablaufen lassen konnte, so oft man wollte. Nur die Augen wurden vor Ort gesteuert, denn der Regisseur wusste erst am Set, wo die Hauptdarstellerin Myriam Weichselbraun genau stehen würde.
Für den „Froschkönig“ wurden verschiedene Frösche gebaut, die Kaugummi kauen sollten. Diese Figuren sollten nicht wie richtige Frösche aussehen, sondern eher etwas dumm und gelangweilt. Da es nicht möglich war, alle Temperamente in einem Frosch zu vereinen, wurden verschiedene Exemplare angefertigt. Einer konnte sogar springen, was mit Hilfe einer gespannten Feder möglich war, die über Fernbedienung ausgelöst wurde.

VERGANGENHEIT UND ZUKUNFT

Besonders schätzt Firmengründer Schwerthelm Zieh- freund seinen Arbeit für den Fernseh-Klassiker „Aktenzeichen XY ungelöst“.
„Es ist für uns schon eine der höchsten Ehren, für ,Aktenzeichen XY ungelöst‘ zu arbeiten, weil dies die einzige Sendung nach der Tagesschau ist, die seit 1967 im deutschen Fernsehen ununterbrochen läuft. Wir haben alle noch kennengelernt, Eduard Zimmermann, Sabine Zimmermann … Für uns ist das eine große Ehre, hier mithelfen zu können, das erfüllt uns mit Stolz.“
Und wie sieht die Zukunft aus? „Es ist im Moment interessant zu beobachten, dass viele Streamingdienste auch hochklassig in Deutschland produzieren. So haben wir beispielsweise im letzten Jahr für eine Netflix-Produktion gearbeitet. Hier gibt es eine Chance für filmische Experimente und Nischen. Auch wir werden weiter an neuen Dingen experimentieren. Denn der Zug der Innovationen fährt weiter und wir wollen nicht am Ende am Bahnhof zurückbleiben.“ [6474]

Wie Schwerthelm Ziehfreund dazu kam, sich professionell mit Spezialeffekten zu befasssen, können Sie hier lesen.

 

Anzeige

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.